Motivation und eine Prise Druck
Bitburg · Bitburg hat dieses Jahr die Nase vorn: Das Europäische Berufsbildungswerk (Euro-BBW) hat den Titel als Topausbilder des Jahres 2014 im Berufsfeld Koch gewonnen. Was macht diese Ausbildung so besonders? Ein Besuch bei Küchenleiter Uwe Fusenig und Ausbildungsleiter Günter Halfmann.
Bitburg. Etwas glänzt im Büro von Küchenleiter Uwe Fusenig: Eine goldene Cloche schmückt nun einen Raum im Europäischen Berufsbildungswerk (Euro-BBW) in Bitburg. Die Einrichtung ist als Topausbilder des Jahres für das Berufsfeld Köche gekürt worden. Der Preis wird vom Verband der Köche Deutschlands und von der Zeitschrift Küche verliehen.
"Das war schon eine Überraschung", sagt Fusenig. Zusammen mit dem Ausbildungsleiter Günter Halfmann hat er in Stuttgart den Preis, eine goldene Cloche, entgegengenommen. Im Euro-BBW werden junge Menschen ausgebildet, die durch körperliche und psychische Beeinträchtigungen behindert sind und eine besondere Unterstützung beim Gestalten ihrer beruflichen Zukunft benötigen (siehe Extra).
Nicht nur eine Arbeitskraft
"Die Verleihung des Preises ist ein wichtiges Aushängeschild für unsere Ausbildung zum Koch", sagt Halfmann. Denn auch wenn die Azubis keinen einfachen Lebenslauf hinter sich hätten und sie in einem etwas anderen Umfeld lernten, "ist die Ausbildung beim Euro-BBW genauso wertvoll wie bei einem Restaurant oder anderen gastronomischen Betrieb", sagt Fusenig. Rund 270 Essen bereiten sie pro Tag für die Mitarbeiter und Schüler des Euro-BBW zu.
Die angehenden Köche genießen einen wichtigen Vorteil: Beim Euro-BBW ist es weniger stressig. "Wir achten darauf, dass unsere Azubis nicht zu viel Druck ausgesetzt sind", sagt Halfmann. Wichtig sei auch das Erziehungsprinzip, "bei uns ist ein Azubi nicht nur eine Arbeitskraft, sondern wir wollen die Menschen auf das Leben vorbereiten", fügt Fusenig hinzu.
Resignation überwunden
Und das klappt gut: Die Erfolgsquote war auch eines der Kriterien, die die Jury bei der Wahl zum Ausbilder des Jahres berücksichtigt hat. Die Azubis von Euro-BBW legen nach der dreijährigen Ausbildung ihre Abschlussprüfung bei der die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier ab - wie alle anderen Azubis dieses Berufes. Seit 2001 sind nur zwei Kandidaten beim ersten Anlauf durchgefallen. "Bei der Wiederholung der Prüfung haben sie aber bestanden", sagt Fusenig.
Zu sehen, wie diese Jugendlichen ihr Leben in den Griff bekommen, sei das Schönste für das Team des Bildungswerks. "Wir bekommen Anrufe von ehemaligen Azubis, sie wollen uns erzählen und zeigen, was sie für Erfolge nun auf der Arbeit erleben", sagt Halfmann. "Viele hatten schon resigniert, doch sie haben mit der Ausbildung geschafft, aus einer schwierigen Lebenslage rauszukommen", sagt Fachbereichsleiterin Gabriele Backes.
Um die Köche auf den Arbeitsalltag vorzubereiten, werden mehrere Praktika während der Ausbildung angeboten. "Wir helfen auch dabei, das richtige Praktikum zu finden", sagt Backes. Denn die Arbeit in einem Restaurant oder in einer Mensa ist unterschiedlich. "Was aber immer nicht fehlen darf, ist die Liebe fürs Kochen", sagt Fusenig, "der Beruf des Koches ist keine Notlösung, man braucht dazu Kreativität, Belastbarkeit und Teamarbeit". Das heiße auch, dass man dort nicht mehr angeschrien werde wie früher: "Die Zeiten, in denen der Chefkoch die Azubis herumbrüllte, sind vorbei", sagt Fusenig lachend.Extra
Im Europäischen Berufsbildungswerk (Euro-BBW) in Bitburg werden junge Menschen und Erwachsene mit psychischen und körperlichen Beeinträchtigungen oder Lernbehinderungen beruflich qualifiziert. Das Euro-BBW bietet Ausbildungsgänge im Bereich Küche, Handel oder Büro an, die Prüfungen werden vor der zuständigen Kammer abgelegt, und die Abschlüsse sind staatlich anerkannt. Zudem bietet das Euro-BBW berufsvorbereitende Maßnahmen sowie Arbeitserprobungen. Unter dem Dach des Euro-BBW gibt es auch eine private, staatlich anerkannte Berufsschule. Jedem Schüler oder Azubi wird ein Reha-Team zur Seite gestellt. Das BBW verfügt über 200 Wohnplätze in vier Wohnhäusern. bc
