Menschen Frau Dampf in allen Gassen

Bitburg · Nach fast einem Vierteljahrhundert im Kreistag macht Marie-Luise Niewodniczanska Platz für Jüngere. Aber mit Kunst, Baukultur und Stadtrat ist für die 79-Jährige noch lange nicht Schluss.

 Marie-Luise Niewodniczanska - engagiert im Kreistag, Stadtrat, Denkmalpflege und noch mehr.

Marie-Luise Niewodniczanska - engagiert im Kreistag, Stadtrat, Denkmalpflege und noch mehr.

Foto: TV/Dagmar Schommer

Sie ist eine Überzeugungstäterin. Eine, die alles daransetzt, eine Sache nach vorne zu bringen und sich von nichts und niemandem beirren lässt. Mit Mistgabeln soll sie von Höfen gejagt worden sein, als sie Mitte der 70er Jahre begann, sich für den Erhalt alter Bausubstanz in der Eifel starkzumachen. Damals galt es noch nicht als schick, einen Bauernhof zu sanieren.

Keine Frage: Marie-Luise Niewodniczanska war ihrer Zeit voraus. Unter ihren Kollegen an der Trierer Fachhochschule, wo sie über die Bedeutung von Denkmalpflege im ländlichen Raum referierte, hielten einige sie wegen ihres Engagements gar für provinziell. Doch sie machte weiter – und sollte Jahre später die Früchte ihrer Arbeit ernten dürfen.

Nach fast eine Vierteljahrundert im Kreistag macht Marie-Luise Niewodniczanska Platz für Jüngere. Aber mit Kunst, Baukultur und Stadtrat ist für die 79-Jährige noch lange nicht Schluss.
Foto: e_pruem <e_pruem@volksfreund.de>

„Ich gebe nie auf, wenn ich mir was in den Kopf gesetzt habe“, sagt Frau Niewo, wie sie in der Eifel genannt wird. Als die Alte Union in Bitburg – eines der wenigen historischen Gebäude – abgerissen wurde, war für sie klar: „Ich will was ändern.“ Ihr Ziel: Das erhalten, was die Eifel, ihre Städtchen und Dörfer, einzigartig macht, was typisch ist. In mühevoller Kleinarbeit begann sie Anfang der 80er Jahre, Dorf für Dorf im Eifelkreis zu bereisen und eine Liste erhaltenswerter Altbausubstanz zu erstellen. Ergebnis: 17 prall gefüllte Ordner mit Informationen. Darüber hinaus organisierte sie Wanderausstellungen mit Fotos und hielt Vorträge.

„Ich bin in die Politik gegangen wegen Denkmalpflege“, sagt Frau Niewo. 1994 wurde sie in den Kreistag und in den Bitburger Stadtrat gewählt, in dem sie sich auch weiterhin engagiert. Im Kreistag aber ist nun, nach fast einem Vierteljahrhundert, Schluss.

Große Themen waren für sie der Abzug der Amerikaner aus Bitburg („da haben ja alle hier gedacht, jetzt gehen die Lichter aus“) und der „große Reinfall mit diesem Herrn Lamparski“. Der Luxemburger Projektentwickler wollte den Bitburger Flugplatz mit 400 Millionen Euro zu einem Fracht- und Passagierflughafen ausbauen. „Da sind wir alle drauf reingefallen.“ Sie sei von der Idee begeistert gewesen, Arbeitsplätze zu schaffen. „Das war naiv. Mit diesem Projektentwickler.“

Der Flugplatz hat auch die Bürger bewegt. In öffentlichen Sitzungen war der Zuschauerraum proppenvoll, die Positionen konträr, vor dem Kreistag wurde demonstriert. Doch insgesamt, findet Frau Niewo, sei es „sehr ruhig“ geworden.

Früher hätte es mehr Reibereien zwischen den Parteien gegeben, mehr Diskussionen: „Heute ist das anders. Es wird nicht mehr mit so viel Passion um die Sache gestritten.“ Für sie auch Folge davon, dass sich die Parteien angenähert haben, Unterschiede und Profil verloren gehen: „Die Stimmung im Kreistag ist positiv, aber im Vergleich zu früher auch ein bisschen langweilig“, sagt Frau Niewo. Sie werde die Sitzungen und ihre Ratskollegen vermissen: „Das war schön, immer auf dem Laufenden zu sein.“

„Ich werde bald 80“, sagt sie. Und da werde es Zeit, den Platz für Jüngere frei zu machen. Ihr Nachfolger im Kreistag, Jürgen Krämer (“ein tüchtiger Mann“), hat sie kürzlich zur Ehrenvorsitzenden der FDP ernannt. Liberale Wirtschaftspolitik entspricht ihrer Überzeugung, aber im Kreistag ging es Frau Niewo allem voran um den Denkmalschutz: „Das war ein langer Weg, bis alle mitgemacht haben. Jetzt läuft das mit dem Landrat an der Spitze sehr gut.“

Landrat Joachim Streit hat 2011 die Initiative Baukultur Eifel ins Leben gerufen. Eine Initiative, die inzwischen bundesweit als Modellprojekt gilt und auch in Nachbarkreisen Schule macht. Ohne die Vorarbeit von Frau Niewo wäre diese Initiative kaum vorstellbar.

Ebenso wie es schwer vorstellbar ist, dass diese Frau ab sofort ruhig und zurückgezogen lebt. „Um Gottes Willen“, sagt sie. „Nein, nein“, sie behalte all ihre anderen Ehrenämter und Engagements bei – vom Vorsitz der Künstlervereinigung EVBK (Kunst ist ihre große Leidenschaft) über den Stadtrat („da kann ich auch mit meiner einen Stimme beim Thema Bauen und Architektur was bewirken“) bis hin zum Dorfwettbewerb, für den sie weiter im Eifelkreis unterwegs sein wird.

Und dann hat sie ja auch noch Hobbys. Frau Niewo singt in zwei Chören (Kirchenchor Liebfrauen und Frauenchor der Brauerei). Es ist die einzige Brauerei mit einem Frauchenchor. Unschwer zu erraten, wer da nicht locker gelassen hat. Sie reist gerne in ferne Länder – vom Oman bis nach Nepal – spielt Tennis und natürlich läuft im Hintergrund auch schon das nächste Sonderprojekt an.

„Ich mache zu meinem 80. eine Ausstellung im Haus Beda“, sagt Frau Niewo. Vom 8. April bis 20. Mai zeigt sie Selbstporträts von Künstlern. Wie sie das alles schafft? „Ich bin keine gute Hausfrau.“ Dafür habe sie eine Haushälterin, müsse sich um nichts kümmern. „Gekocht habe ich auch noch nie gerne.“ Und ansonsten: „Ich schlafe wenig. Das Leben ist einfach zu kurz.“

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