Neuerburg verliert St. Josef Krankenhaus

Neuerburg · Schock für die Verbandsgemeinde Neuerburg: Die verliert zum 30. Juni dieses Jahres ihr St. Josef Krankenhaus. Das verkündete die Marienhaus Kliniken Gmbh heute um 12 Uhr in einer Blitz-Pressekonferenz in Neuerburg. Erst am Donnerstagvormittag wurden die Mitarbeiter in einer Versammlung über das Aus des Standortes informiert.

 Das ehemalige Neuerburger Krankenhaus im Januar 2014. Archiv-Foto

Das ehemalige Neuerburger Krankenhaus im Januar 2014. Archiv-Foto

Foto: Klaus Kimmling

Bestürzung, Ärger, Frust - das waren die ersten Reaktionen der Mitarbeiter am St.-Josef-Krankenhaus in Neuerburg. Kein Wunder. Sie haben gestern Vormittag erfahren, dass es ihren Arbeitsplatz, an dem sie teils seit Jahrzehnten arbeiten, bald nicht mehr geben wird. "Das Marienhaus Klinikum Eifel schließt den Standort in Neuerburg", heißt es dann um 12 Uhr in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Neuerburg von Michael Osypka, Geschäftsführer der Marienhaus Kliniken GmbH.

Das Positive in der schlechten Nachricht: Die Jobs der 110 Mitarbeiter sind nicht gefährdet. "Sie werden einen Arbeitsplatz in Bitburg oder Gerolstein bekommen", sagt Osypka.

Trotzdem ist man in Neuerburg schockiert. "Ich war bestürzt", sagt Norbert Schneider, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Neuerburg. "Das Krankenhaus hat eine eminente Bedeutung für das komplette Umland." Im Ältestenrat wolle man das Thema besprechen. Schneider: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das einfach so hinnehmen." Die Schließung bedauert die Leitung der Marienhaus Kliniken nach eigenen Angaben sehr, weißt aber darauf hin, dass der Standort Neuerburg schon 2006 ein Sorgenkind war, das kurz vor der Schließung stand. Damals hatte die Einrichtung einer sogenannten Weaning-Station das Ruder noch einmal herumgerissen. Dort werden künstlich beatmete Patienten wieder an das Atmen gewöhnt - "eine kosten- aber auch erlösträchtige Investition", erklärt Osypka. Bei rund 4,5 Millionen Jahresumsatz habe die Weaning-Station allein 2,2 Millionen ausgemacht. Beim Blick auf die Zahlen wird klar, ein Krankenhaus ist ein Wirtschaftapparat, der sich auch lohnen muss.

Und hier liegen die Gründe für die Schließung. "Das hat nichts mit der Qualität der Arbeit zu tun, die hier gemacht wird. Die ist auf Klasse-Niveau", betont Günter Merschbächer, Geschäftsführer der Marienhaus Kliniken GmbH. Doch der Fehlbetrag in Neuerburg liege bei mehr als einer Million Euro. "Damit wird der Verbund belastet", sagt Osypka. Das Sankt Josef Krankenhaus ist mit seinen 48 Betten das kleinste in ganz Rheinland-Pfalz. Die chirurgische Abteilung ist mit fünf stationären Patienten am Tag winzig. Auch auf der Weaning-Station seien die Patientenzahlen rückläufig, weil sich mittlerweile viele Kliniken darauf spezialisiert hätten.

Besonders gravierend sei der Rückgang der Patientenzahlen im Bereich innere Medizin, sagt Osypka. "13 Patienten im Schnitt sind extrem wenig." Ein zusätzliches Problem sei die Gewinnung von Ärzten für das Krankenhaus. "Wir zahlen immense Summen für Honorarärzte, damit sie hier arbeiten."

Alles K.o.-Kriterien, die nun zur Schließung des Standortes am 30. Juni führen werden. Osypka: "Wir wollen uns nicht einfach aus dem Staub machen, sondern mit allen Beteiligten ein Konzept für die zukünftige medizinische Versorgung in der Region erarbeiten." Wenn das Konzept stimme, würden die Kliniken auch finanziell mit einsteigen. In drei Monaten soll die Planung stehen. Fest steht: Die sich positiv entwickelnde Abteilung für pflegebedürftige Patienten im Wachkoma (Phase F) zieht mit fünf Betten nach Bitburg um, ebenso wie die Weaning-Station. Ziel sei, die Niederlassung des Chirurgen beizubehalten. Geht es nach Osypka, würden auch im Krankenhaus selbst trotz Abbau der stationären Versorgung die Lichter nicht komplett ausgehen.

Stadtbürgermeisterin Anna Kling betont: "Wir brauchen hier eine medizinische Versorgung. Egal, ob es sich rechnet oder nicht."
Meinung

Blick nach vornDieses Mal scheint die Geschäftsleitung kein Ass mehr aus dem Ärmel zaubern zu können, um den Standort Neuerburg vor dem Aus zu retten, wie das 2006 der Fall war. Damit verschwindet das kleinste Krankenhaus in Rheinland-Pfalz von der Landkarte. Wichtig ist nun, den Blick nach vorn zu richten und nach Lösungen für die Zukunft zu suchen. Neuerburg ist mit Ärzten gut ausgestattet, wirbt sogar mit einem Flyer als Gesundheitsstadt. Dazu hinterlässt das Klinikum ein Haus, das gut in Schuss ist. Vielleicht können auch weiter Patienten dort behandelt werden, beispielsweise in einer Tagesklinik - trotz fehlender stationärer Versorgung. Außerdem sind ohnehin bereits viele Menschen nach Bitburg ins Krankenhaus gefahren, weil die Aussattung dort nun einmal besser ist. m.radics@volksfreund.de
Extra

Im Klinikverbund Marienhaus Klinikum Eifel sind drei Häuser vereint: Neuerburg, Gerolstein und Bitburg. Gemeinsam behandeln die Krankenhäuser 18.000 Patienten jährlich. Das Neuerburger Sankt-Josef-Krankenhaus ist das kleinste in Rheinland-Pfalz und eines der ältesten dazu. Es existiert seit dem 19. Jahrhundert. Das Bitburger Krankenhaus beschäftigt 664 Mitarbeiter, hat 262 Betten, eine psychiatrische Tagesklinik mit 20 Plätzen und eine Kurzzeitpflege mit sieben Plätzen. Am Standort Gerolstein arbeiten 301 Menschen (168 Betten).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort