„Neuwied ist unser stärkster Konkurrent“: Bitburger Delegation trifft auf die drei Mitbewerber für die Landesgartenschau 2022

Bitburg/Mainz · Vier Bewerber verfolgen das gleiche Ziel: Sie wollen 2022 die Landesgartenschau austragen und aus dem Fördertopf, den das Land dafür bereitstellt, unzählige Millionen schlemmen. Nun stellten die Delegationen aus den vier Städten in Mainz bei einer Pressekonferenz im Wirtschaftsministerium ihre Konzepte der Öffentlichkeit vor. Auch die Bitburger waren mit von der Partie und sehen der nahenden Entscheidung, die am Dienstag, 13. September, fallen soll, mit Zuversicht entgegen.

Spieglein, Spieglein an der Wand, welche ist die qualifizierteste Stadt im ganzen Land und ergattert den Zuschlag für die Landesgartenschau 2022? Etwa eine der Kurstädte Bad Kreuznach und Bad Neuenahr-Ahrweiler? Die rechtsrheinische Industriestadt Neuwied? Oder - wie nicht gerade wenige im Westen hoffen - die Stadt Bitburg gemeinsam mit dem Eifelkreis?
Bis der Ministerrat am nächsten Dienstag, 13. September, seine Entscheidung fällt, kann nur spekuliert werden, welcher der vier Bewerber die besten Chancen - oder eventuell die besten Beziehungen nach Mainz - hat. Kurz vor der entscheidenden Sitzung hat die Landesgartenschaukommission vergangenen Freitag nochmal alle vier Bewerber in die Landeshauptstadt eingeladen. Dort, im Konferenzsaal des Wirtschaftsministeriums, sollten sie bei einer Pressekonferenz kurz und knapp ihre Konzepte (der TV berichtete) vorstellen. Dabei traf die Delegation aus dem Eifelkreis zum ersten Mal direkt auf die Konkurrenz. Ist die Zuversicht, die LGS 2022 nach Bitburg in die Eifel zu holen, seitdem immer noch ungebrochen?

Landrat Joachim Streit: "Die Frage ist ja: Wer von den vier Bewerbern hat es am nötigsten?", sagt Streit. "Wir in der Eifel haben jetzt über 60 Jahre die Lasten der militärischen Präsenz der US-Streitkräfte im Land getragen. Nach ihrem Abzug darf man uns dann auch nicht alleine lassen. Deshalb formuliere ich schon den Anspruch, dass wir Landesunterstützung bei der Konversion der Housing in Bitburg brauchen." Ein Zuschlag für die Eifel sei daher die wirtschaftlich vernünftigste Entscheidung, meint der Landrat. "Bad Neuenahr-Ahrweiler hat schon alles in Grün, Neuwied hat ein Grundstück in Toplage, das ginge auch so weg wie geschnitten Brot. Bei Bad Kreuznach kann ich kein überzeugendes Konzept erkennen." Neuwied nahe Koblenz sei für ihn aber der stärkste Konkurrent, sagt Streit. "Die haben sogar einen Imagefilm gedreht, aber den zeitlichen Rahmen der Präsentation von 15 Minuten völlig gesprengt." Der Landrat fürchtet, die Minister könnten sich für Neuwied und für den dicht bevölkerten Raum an der Rheinschiene entscheiden. Denn die von Neuwied vorgestellte Prognose von 600?000 Besuchern übertreffe die der Eifel um etwa 200?000 Gäste. Streit: "Aber wenn man allein danach ginge, könnte der ländliche Raum ja nie eine Landesgartenschau austragen."

Bürgermeister Joachim Kandels: Fast ein halbes Jahr nach Bewerbungsschluss sehnt man sich auch im Bitburger Rathaus nach einer Entscheidung. "Wir haben uns gut präsentiert. Unsere Bewerbung findet Beachtung", sagt Bürgermeister Joachim Kandels. Im Dreier-Team mit Landrat Joachim Streit und Clas Scheele vom Planungsbüro RMP setzte Kandels in Mainz bei der Präsentation des Bitburger Konzeptes den Schlusspunkt. "Neuwied mit seiner zivilen Konversionsfläche in der Innenstadt ist unser größter Konkurrent", meint Kandels. "Aber unser Pfund ist die Konversion der Housing, die wir ohne Unterstützung aus Mainz nicht stemmen können. Da wäre eine Landesgartenschau eine Initialzündung." Auch die gemeinsame Bewerbung von Stadt und Kreis sei seiner Meinung nach ein Pluspunkt für die Bewerbung aus der Eifel. Er bleibe deshalb weiter zuversichtlich, sagt der Bürgermeister.

Clas Scheele, Planungsbüro RMP: Clas Scheele ist Projektleiter beim Planungsbüro RMP in Bonn, das das Konzept für eine LGS in Bitburg erarbeitet hat. Kostenpunkt: 150?000 Euro. "Wir haben für die Bewerbung reibungslos mit den Verwaltungen zusammengearbeitet und gemeinsam für das Projekt das Maximum rausgeholt", sagt Scheele. Das Bitburger Bewerbungskonzept mit seiner Einbindung der Region und der vorangegangenen Öffentlichkeitsbeteiligung wie Bürger-Workshops erfülle viele Kriterien, welche die Kommission fordere. Scheele: "Aber Neuwied hat sicher auch gute Chancen. Jetzt muss man abwarten, wie sich die Politik positioniert."

Meinung
Christian Moeris
Der Bessere möge gewinnen


Öffentlichkeitsbeteiligung, Pressekonferenzen, Ortsbesichtigungen durch Kommissionen und eine Abstimmung im Ministerrat: Dem Anschein nach läuft das Bewerbungsverfahren zur Landesgartenschau fair und transparent ab wie etwa nach dem sportlichen Motto: Der Bessere möge gewinnen. Doch politische Interessenskonflikte sind keine sportlichen Wettkämpfe, die einem glasklaren Reglement unterliegen. Denn Politik funktioniert auch schon mal nach anderen Spielregeln. Da gibt es alte Seilschaften, spielen "Vitamin B" und das Heischen nach Wählerstimmen eine Rolle. Eine auf sachlichen Argumenten aufbauende Erwartungshaltung kann leicht enttäuscht werden, denn politische Entscheidungsprozesse folgen ihrer eigenen Logik. Da kann es schon mal unsportlich zu gehen. c.moeris@volksfreund.de
EXTRA Konzepte


Bad Neuenahr-Ahrweiler: Unter dem Motto "Das blühende Leben - Gesunde Stadt - Gesunde Menschen" bewirbt sich die Kurstadt im Landkreis Ahrweiler. Die durch Weinbau und Tourismus geprägte Stadt stellt bei ihrer Bewerbung das Thema Gesundheit in den Vordergrund. Im Rahmen der Stadtentwicklung möchte sie die Ausstellung dazu nutzen, um Grünflächen entlang der Ahr zu verbinden, aufzuwerten und um Brachen zu schließen.

Neuwied: Die Industriestadt mit mehr als 64 000 Einwohnern will die LGS 2022 für die zivile Konversion einer 300 Jahre industriell genutzten Fläche im Stadtkern nutzen. Sie möchte die Gartenschau als Instrument dazu nutzen, das Gelände rund um das große Walzwerk, das seinen Betrieb in Kürze einstellen wird, für die Bevölkerung erlebbar zu machen. Die bislang industriell genutzte Fläche, etwa 30 Hektar, zwischen drei Stadtteilen an der Wiedmündung soll städtebaulich für die Bevölkerung wieder erlebbar gemacht werden. Auch das Flussufer der Wied samt einem alten Industriehafen soll aufgewertet werden.

Bad Kreuznach: Das Motto der Kurstadt Bad Kreuznach mit knapp 50 000 Einwohnern für die LGS 2022 lautet: "Am blauen Band der Nahe ins Salinental". Für die Landesgartenschau plant die Stadt, den Fluss Nahe wieder für die Bevölkerung zugänglich zu machen und die Kurstandorte durch einen Rundweg zu verbinden. Der Grünzug entlang der Nahe samt historischer Parkanlage und Kurgärten soll aufgehübscht und "wieder zu neuem Leben erweckt werden".

Bitburg: Das Grobkonzept der Eifeler Bewerbung: die zivile Umnutzung der Housing. Im Jahre 2017 beabsichtigt die amerikanische Luftwaffe die Rückgabe des rund 62 Hektar großen Kasernengeländes mit mehr als 1000 Wohnungen und einer nahezu kleinstädtischen Infrastruktur.

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