Sechs Kilometer Schienen für 100 000 Euro

Bitburg · Auch wenn sich die Stadt Bitburg mit der RWE-Tochter Amprion weitgehend auf den Verkauf der Bahnstrecke zwischen Bitburg und Erdorf geeinigt hat, muss die Strecke zunächst öffentlich ausgeschrieben werden. Bis Anfang November können Interessenten noch ein Angebot einreichen. Die Instandhaltung der Strecke kostet jährlich 40 000 Euro.

 Links geht es auf Bahneigentum nach Trier, rechts auf Stadteigentum nach Bitburg. TV-Foto: Uwe Hentschel

Links geht es auf Bahneigentum nach Trier, rechts auf Stadteigentum nach Bitburg. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg. Es ist nicht immer einfach, etwas zu verkaufen. Selbst dann nicht, wenn man jemanden an der Hand hat, der es kaufen würde. Bei einem Satz Winterreifen oder einem Sitzrasenmäher mag das noch ohne Probleme funktionieren. Schwierig wird es allerdings, wenn dieser Verkauf in irgendeiner Form das öffentliche Interesse berührt. Wenn es also sein könnte, dass durch diesen Verkauf die Allgemeinheit unter Umständen einen Nachteil hätte. Auf den ersten Blick ist das nicht immer zu erkennen. Doch wer schon einmal versucht hat, ein Stück Bahnstrecke zu verkaufen, weiß, wovon die Rede ist.Interessent ist da


"Man muss unterscheiden zwischen öffentlicher und privater Bahn", erklärt Rolf Heckemanns. Als Leiter der Stadtwerke Bitburg bemüht er sich bereits seit Jahren um den Verkauf des 6,23 Kilometer langen Bahnabschnitts zwischen Bitburg und Erdorf, den die Stadt selbst vor zwölf Jahren gekauft hat (siehe Extra). Und es gibt bereits seit Längerem einen Interessenten: Das Energie-Unternehmen Amprion, eine Tochterfirma von RWE, benötigt die Strecke, um bei Bedarf Trafos zum Umspannwerk in Niederstedem zu transportieren. Aufgrund der Ausmaße werden die zum Teil mehrere Hundert Tonnen schweren Trafos so weit wie möglich mit der Bahn transportiert. Amprion hat also ein großes Interesse daran, dass die Verbindung bestehen bleibt - und nicht zum Radweg umgebaut wird. Doch ganz so einfach ist das nicht.
"Wenn ein Käufer die Strecke privat nutzen will, muss sie erst einmal öffentlich ausgeschrieben werden", sagt Heckemanns. Für den Fall, dass jemand vielleicht doch daran interessiert wäre, die Verbindung zwischen Erdorf und Kernstadt weiterhin öffentlich aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grund haben die Stadtwerke Anfang August die Strecke im Bundesanzeiger ausgeschrieben.Kaufen oder pachten


100 000 Euro sind als Kaufpreis angegeben. Möglich wäre aber auch, die Strecke für eine jährliche Pacht von 14 000 Euro zu mieten. Darüber hinaus muss sich der Käufer aber auf weitere Kosten einstellen. So liegen allein die Ausgaben für die Instandhaltung bei rund 40 000 Euro pro Jahr. Und dann sind da noch die für die in den kommenden Jahren anstehenden Investitionen zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit. Diese werden von den Stadtwerken auf insgesamt vier Millionen Euro geschätzt. Angesichts dieser Kosten dürfte der Kreis der Interessenten, die noch bis zum 5. November ein Angebot abgeben dürfen, also recht überschaubar sein.
Doch selbst wenn Amprion zum Zug oder vielmehr zur Bahnstrecke kommt, so ist auch damit der Verkauf noch nicht unter Dach und Fach. Als Nächstes müsse dann zunächst beim Verkehrsministerium ein Stilllegungsverfahren beantragt werden, erklärt der Werksleiter, und auch das könne wieder einige Zeit in Anspruch nehmen. Darüber hinaus gebe es derzeit auch noch Verhandlungen mit dem Land, sagt Heckemanns. Denn dieses hat seinerzeit die Stadt beim Kauf der Bahnstrecke mit 400 000 Euro unterstützt und könnte nun den Zuschuss (oder zumindest einen Teil der Summe) zurückfordern.Extra

2002 hat die Stadt Bitburg die Bahnstrecke zwischen Erdorf und Bitburg gekauft, nachdem die Bahn ihren Güterverkehr nach Bitburg eingestellt hat. Hauptgrund für den Kauf war, dass die Stadt die Verkehrsströme in Bitburgs Süden neu ordnen wollte. Bei dem Kauf der Strecke wurde die Stadt mit knapp 400 000 Euro vom RWE-Konzern unterstützt, der dafür die Garantie bekam, 30 Jahre lang Trafos für das Umspannwerk Niederstedem über die Schienen transportieren zu können. Weitere 400 000 Euro kamen als Zuschuss vom Land. Die Stadt selbst hat gut 200 000 Euro gezahlt. Inklusive der Personalkosten verursacht die seitdem kaum noch genutzte Strecke der Stadt ein jährliches Defizit von 50 000 bis 60 000 Euro. uhe

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