Speicherer Fußballer atmen auf

Vor rund 50 Zuschauern hat der Speicherer Ortsgemeinderat seinen defizitären Haushaltsplan beschlossen. Ein Zahlenwerk, dessen brisantester Inhalt Steuererhöhungen und die geplante Investition in einen Kunstrasenplatz sind.

Speicher. Mit ernsten Mienen lassen die vier kleinen Jungen in der ersten Zuschauerreihe den Forstwirtschaftsplan Speichers über sich ergehen. Sie warten geduldig auf die Besprechung des Haushaltsplans. Geduldig und gespannt. So wie etwa 40 weitere Zuschauer, die sich auf der kleinen Tribüne des Rathaussaals drängen. Eine Seltenheit. Haushaltssitzungen sind normalerweise nicht das, was die Massen lockt.

Dass es bei der Sitzung des Speicherer Ortsgemeinderats am Donnerstagabend anders aussieht, liegt zum einen an der wichtigsten Investition, die im Haushaltsplan 2011 vorgesehen ist: dem Umbau des kaputten Speicherer Hartplatzes in einen Kunstrasenplatz. 713 000 Euro kostet das Vorhaben. 327 800 Euro muss der hoch verschuldete Ort selbst aufbringen.

Es liegt auch daran, dass dieser Haushaltsplan deutliche Steuererhöhungen vorsieht. Hausbesitzer werden künftig durchschnittlich 82 Euro mehr Grundsteuer im Jahr zahlen. Auch die Grundsteuer A sowie die Gewerbe- und die Hundesteuer steigen (der TV berichtete).

Und es liegt an einer Frage, die im Vorfeld der Sitzung in Speicher die Gemüter erregt hat: Ist die geplante Investition in den Sportplatz schuld an der Steuererhöhung? Und könnte das Gremium sich deshalb womöglich gegen den Haushaltsplan und damit gegen den Sportplatz entscheiden? Eine Befürchtung, die die Menschen ins Rathaus getrieben hat. Denn viele von ihnen kämpfen seit Jahren für das Bauvorhaben.

Sowohl Ortsbürgermeister Erhard Hirschberg als auch Rudolf Becker, Bürgermeister der Verbandgemeinde, betonen, dass die Steuern wegen der schlechten finanziellen Lage Speichers ohnehin steigen müssen. Aber: Ohne Steuererhöhung kein Sportplatz. Denn die Kommunalaufsicht würde den dafür nötigen Kredit sonst nicht genehmigen.

Was folgt, ist eine hitzige Debatte. "Heute Abend steht nicht der Sportplatz zur Abstimmung", sagt Oswald Krumeich (SPD). Wegen der Steuererhöhung stimmen er und ein weiteres SPD-Mitglied gegen den Haushalt, obwohl sie für den Sportplatz seien, und zwei enthalten sich. Ein Vorgehen, das die CDU nicht nachvollziehen kann. "Ohne Steuererhöhung kein Kunstrasenplatz", sagt Becker. "Wer A sagt, muss auch B sagen", findet Günter Schneider (CDU). Mit 14 Ja-Stimmen wird das Finanzwerk schließlich beschlossen. Von der Tribüne ertönt Applaus. Und die vier Jungen wirken erleichtert, als sie ihre erste Haushaltssitzung verlassen.

Meinung

Die richtige Entscheidung

Wer in Speicher lebt, muss 2011 deutlich mehr Steuern zahlen. Das ist jedoch kein Grund, dem geplanten Kunstrasenplatz zu grollen. Er ist zwar der Anlass für die Steuererhöhung. Aber nicht die Ursache. Denn Speicher ist so pleite, dass die Steuern sowieso steigen müssen. Egal ob investiert wird oder nicht. Und dann ist es doch besser, der Jugend des Ortes endlich einen anständigen Fußballplatz zu bieten. k.hammermann@volksfreund.de

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