Kommunalpolitik Stadtrat streitet sich um „Klötze“

Bitburg · In Bitburg entsteht ein Mehrfamilienhaus nach dem nächsten. Die Architektur dieser Wohnobjekte gefällt nicht jedem. Die SPD fordert, der Bürgermeister müsse mit den Investoren reden. So könne es jedenfalls nicht weitergehen.

 Drei Beispiele: So und so ähnlich sehen die neuen Mehrfamilienhäuser in Bitburg aus.

Drei Beispiele: So und so ähnlich sehen die neuen Mehrfamilienhäuser in Bitburg aus.

Foto: TV/Dagmar Schommer

Über Geschmack lässt sich streiten. Die Mehrfamilienhäuser, die in Bitburg wie Pilze aus dem Boden sprießen, sind bei Weitem nicht alle gleich. Viele mit Flachdach, andere mit Giebel. Die Fassade ist mal mehr oder weniger aufwändig gegliedert und unterteilt. Was diese Bauprojekte aber verbindet: Sie alle sind für Bitburger Verhältnisse eher groß. Zehn oder 20 Wohnungen in einem Gebäude – so wurde vor zehn Jahren eher selten gebaut. Das hat sich geändert. Der Wohnungsmarkt boomt. Und damit auch der Wohnungsbau.

Am liebsten Innenstadt, am liebsten mit Balkon, am liebsten nigelnagelneu. Das sind die Wünsche von Mietern und Käufern, fragt man Immobilienmakler. Und die von Investoren, die Grundstücke kaufen, um dort neu zu bauen, liegen auf der Hand: Sie wollen Geld mit dem Verkauf der Wohnungen verdienen. Und die Stadt? Die hätte am liebsten, wenn sich jeder Neubau möglichst harmonisch in seine Nachbarschaft einfügt. Und das ist im Moment nach Ansicht einiger Ratsmitglieder nicht der Fall.

„Diese ganze Art des Bauens zeigt keinen Respekt vor der Umgebung, keinen Respekt vor der Geschichte der Stadt und missachtet völlig, was Heimat bedeutet“, sagt Stephan Garçon im Stadtrat. Heimat bedeute, Werte bewahren – und hier passiere genau das Gegenteil. Beispiel für den SPD-Politiker: der Abriss des ehemaligen Conrady-Hauses in der Mötscher Straße (der TV berichtete). Von dem einst stolzen Gebäude steht inzwischen nur noch ein Bruchteil.

Die Firma Eifel-Haus plant dort, ein Mehrfamilienhaus mit 20 Wohnungen zu bauen. Doch damit an dieser Stelle auch drei Geschosse möglich sind, muss die Stadt den Bebauungsplan ändern. Im Stadtrat war das Anlass für eine Diskussion über Baukultur. Garçon steht mit seiner Kritik nicht allein. Peter Kockelmann (Liste Streit) findet: „Das ist eine Katastrophe, was hier abgeht mit den Neubauten. Da wird jede Ecke des Baufensters ausgenutzt, bis an die Grenzen werden diese Klötze hingesetzt.“

Auch Marie-Luise Niewodniczanska (FDP) passt der aktuelle Mehrfamilienhaus-Baustil nicht: „So wird unsere Stadt immer hässlicher. Diese Kasten sind einfach nicht schön.“

Anders sieht das Michael Ludwig (CDU): „Es gab schlicht und ergreifend niemanden, der das Grundstück erwerben wollte. Das Haus stand lange leer, rottete vor sich hin und war so, wie es dort zuletzt stand, auch keine Zierde mehr.“ Wenn keiner investiere, würden leerstehende Gebäude nur weiter verfallen. Und auf dem boomenden Bitburger Wohnungsmarkt sei es eben mit Zweifamilienhäusern allein nicht getan.

Die Stadt hätte das Conrady-Haus ja kaufen können, sagt Peter Berger (Grüne) und es ganz nach ihrem Geschmack sanieren können. Geht natürlich nicht. Die Stadt hat kein Geld für aufwändige Sanierungsarbeiten. „Uns gehört ja direkt in der Nachbarschaft die 42b. Wenn wir unsere eigenen Objekte nicht in Schuss halten können, sollten wir nicht mit dem Finger auf Investoren zeigen“, findet Berger.

Gegen den Vorwurf, dass der Rat alles mit sich machen lasse, wehrt sich Jürgen Weiler (CDU): „Wir haben Einfluss genommen, bei der Zahl der Parkplätze zum Beispiel. Wir nutzen unseren Gestaltungsspielraum. Aber der ist eben begrenzt.“ Nüchtern sieht die FBL die Sache. „Die Rechtssprechung ist auf Seite derjenigen, die Bitburg derzeit stark verändern“, sagt Agnes Hackenberger.

So einfach, findet Garçon, dürfe die Stadt „diese Klötze“ nicht hinnehmen. Er fordert: „Der Bürgermeister sollte die drei bekannten Groß-Bauritter an einen Tisch bringen und dann muss mal darüber geredet werden, wie es weitergeht.“

 In Bitburg entstehen Jahr für Jahr neue Mehrfamilienhäuser mit Eigentumswohnungen - ob im Neubaugebiet an der Neuerburger Straße, Am Pintenberg, in der Heinrich- oder der Bahnhofstraße sowie am Ostring.

In Bitburg entstehen Jahr für Jahr neue Mehrfamilienhäuser mit Eigentumswohnungen - ob im Neubaugebiet an der Neuerburger Straße, Am Pintenberg, in der Heinrich- oder der Bahnhofstraße sowie am Ostring.

Foto: TV/Dagmar Schommer
 In Bitburg entstehen Jahr für Jahr neue Mehrfamilienhäuser mit Eigentumswohnungen - ob im Neubaugebiet an der Neuerburger Straße, Am Pintenberg, in der Heinrich- oder der Bahnhofstraße sowie am Ostring.

In Bitburg entstehen Jahr für Jahr neue Mehrfamilienhäuser mit Eigentumswohnungen - ob im Neubaugebiet an der Neuerburger Straße, Am Pintenberg, in der Heinrich- oder der Bahnhofstraße sowie am Ostring.

Foto: TV/Dagmar Schommer

Am Ende beschließt der Rat bei vier Gegenstimmen (SPD, Grüne und Liste Streit) und zwei Enthaltungen die Änderungen des Bebauungsplans.

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