Tod in der Turbine

WOLSFELD. Gegen die Nutzung der Eifeler Bäche zur Stromerzeugung machen Naturschützer und Angler mobil. Sie befürchten, dass die Nims, Prüm oder Kyll wegen der Wasserkraft-Nutzung zu ökologischen Wüsten verkommen.

 Zu hoch und unüberwindbar: Über dieses Nimswehr bei Wolsfeld stritten sich Besitzer und Angler. Ein Prozess vor dem Amtsgericht blieb ohne Ergebnis.Foto: TV- Archiv/Patrick Lux

Zu hoch und unüberwindbar: Über dieses Nimswehr bei Wolsfeld stritten sich Besitzer und Angler. Ein Prozess vor dem Amtsgericht blieb ohne Ergebnis.Foto: TV- Archiv/Patrick Lux

"Es klappert die Mühle am rauschenden Bach " von wegen. Die Zeit der Mühlräder ist an den Eifeler Bächen schon lange vorbei. Genutzt wird die Kraft der Ströme heute in so genannten Klein-Wasserkraftwerken. Turbinen und stauende Querwerke machen Anglern und Naturschützern zu schaffen. "Nur wenige Wehren besitzen Fischtreppen. Diese sind fast alle ungeeignet, einen Fischwechsel zu ermöglichen", sagt Kreisfischereiberater Herbert Schneider. Wanderfische wie Lachs, Meerforelle oder Störe haben da keine Chance mehr. Über 100 Wehre gibt es an Eifeler Gebirgsbächen. Dank Energie-Einspeisegesetz, das Betreibern eine Vergütung zwischen 6,65 und 7,67 Cent pro Kilowattstunde garantiert, sowie den Abschreibungsmöglichkeiten, ist Wasserkraft eine profitable Angelegenheit. Geht es nach dem Willen der Wasserkraft-Befürworter, sollen deshalb auch in der Eifel Dutzende neue Wehre entstehen (der TV berichtete). Fast jedes dieser Wehre ist aber eine unüberwindliche Hürde, sagen Fachleute. Nims oder Prüm kann man sich deshalb als eine Aneinanderreihung voneinander getrennter Fluss-Abschnitte vorstellen. Fast so wie große, hintereinander liegende Badewannen. "Im Grunde genommen fangen die Angler die Fische, die sie vorher eingesetzt haben", sagt Arnold Mai aus Irrel. Wasserkraft ist nicht immer ökologisch sinnvoll

Als Quelle allen Übels haben Naturschutzverbände und Fischer die Nutzung von Wasserkraft der Eifeler Bäche ausgemacht. Und sie haben kompetente Fürsprecher: "Es gibt gerade bei den kleinen Wasserkraftanlagen bis 1000 Kilowatt elektrische Leistung einen erheblichen Konflikt zwischen den Zielen des Klimaschutzes und des Gewässerschutzes", erklärt das Umweltbundesamt (UBA). Als Faustregel gilt nach Ansicht des UBA: "Je kleiner die Leistung der Anlage und je naturnäher das betroffene Gewässer ist, desto geringer sind der wirtschaftliche Nutzen und der Nutzen für den Klimaschutz, aber um so größer ist der ökologische Schaden für das Gewässer." Für die Eifel bedeutet dies: Es gibt im kompletten Eifel-Raum nach Ansicht von Experten kein Wasserkraftwerk, bei dem der Schaden für die Ökologie kleiner ist als der Nutzen für den Klimaschutz. Schließlich erbringen die Turbinen oft nicht mehr als 50 Kilowatt Leistung, sagt beispielsweise der Bund Umwelt und Naturschutz. Der Großteil der durch Wasserkraft erzeugten Energie stammt aus Staustufen wie an der Mosel. Nicht haltbar sei die Auffassung, dass heutige Wasserkraftwerke den Fischen nicht so viel schaden, weil es früher noch viel mehr solcher Ernergiegewinnungsanlagen gegeben habe. "Früher waren die Wehre nicht so hoch", sagt Fischereiberater Schneider. "Aus den alten, meist überwindbaren Steinsatzwehren wurden glatte, hohe Betonwände". Außerdem wurden und werden nahezu alle genutzten Wehre erhöht. Jeder Zentimeter Stauhöhe bedeutet bares Geld. Die Gewässer werden nach Beobachtungen von Anglern und Naturschutzverbänden illegal komplett durch die Turbinen geleitet. Fische haben in den Schaufelrädern der Turbine selten eine Chance und verlassen die Stromgewinnungsanlage filetiert. Wie schwer es ist den Gewässerschutz durchzusetzen, wird am Nimswehr bei Wolsfeld deutlich. Ein Turbinenbesitzer hatte das Wehr erhöht und die Fischtreppe zubetoniert. Stolze 70 Zentimeter höher wurde die Nims gestaut. Die Interessengemeinschaft Nims, be-stehend aus den Anglerclubs Wolsfeld und Niederstedem und der Eigenfischerei Birtlingen, gingen dagegen vor. Der Streit landete vor dem Amtsgericht Bitburg. Am Ende erging ein Strafbefehl an den Kraftwerkseigentümer. Der legte Rechtsmittel ein, erklärt Oberstaatsanwalt Georg Jüngling. "Inzwischen ist das Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt", sagt der Jurist. Doch noch ist nicht das letzte Wort gesprochen. Joachim Gehr-ke, Leiter der Trierer Regionalstelle Wasser-, Abfall- und Bodenwirtschaft (ReWAB) erklärt auf TV -Anfrage, dass man mit dem Besitzer des Wolsfelder Wehres eine Vereinbarung getroffen habe, wie es an der Nims weitergehen soll. Inzwischen hat der Wehr-Besitzer den Beton aus der Fischtreppe entfernt. Ob diese Wiederherstellen der Treppe jedoch einen Nutzen hat, bezweifeln die Fischer. "Die Fische orientieren sich an der Strömung", sagt Herbert Schneider. Anstatt also zur schwachen Strömung an der Fischtreppe zu schwimmen, biegen die Fische ab Richtung Turbine. Denn von dort kommt die größte Wassermenge mit der größten Strömung. Aufgrund der negativen Erfahrungen mit den Klein-Wasserkraftwerken haben die Fischer einen Forderungskatalog aufgestellt. Durchgängigkeit der Eifeler Flüsse wieder herstellen. Dazu müssen Wehre umgebaut oder beseitigt werden. Betrieb bei Niedrigwasser einstellen. Flussabwärts wandernde Fischarten durch geeignete Gitter und Rechen schützen. Verstöße der Wasserkraft-Betreiber ahnden. Dabei dürfen nicht allein die Rechte der Kraftwerksbesitzer im Vordergrund stehen. Verbaute Gewässerabschnitte renaturieren. Auch die Moselstaustufen sollen neue Fischpassagen erhalten. Die Grundsätze der Aktion Blau müssen gelten.

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