Umwelt Schadstoffe in Eifeler Flüssen: Und keiner will’s gewesen sein ...

Spangdahlem/Binsfeld · Bund und Land haben sich noch immer nicht über die Sanierung der Gewässer rund um Spangdahlem und Bitburg geeinigt. Denn eine Behörde zweifelt daran, dass das US-Militär für die Schadstoffe in Flüssen und Weihern verantwortlich sind.

 Im Spanger Bach schwimmen Schadstoffe mit.

Im Spanger Bach schwimmen Schadstoffe mit.

Foto: TV/Nathalie Hartl

Nierenkrebs, Leberkrebs, Darmentzündung, Bluthochdruck, Schilddrüsenerkrankungen, Impotenz, Störungen des Stoffwechsels und des Immunsystems. Die Liste der gesundheitlichen Risiken, die Ärzte und Wissenschaftler mit Perfluorierten Tensiden (PFT) in Verbindung bringen, ist lang. Die Europäische Union hat die vermutlich gefährlichsten unter den rund 800 bekannten perfluorierten Stoffen daher 2006 verboten. Jahrelang kamen sie allerdings als Beschichtungsmittel für Kleidung, Geschirr und Papier zum Einsatz und auch in Löschschäumen der Feuerwehr. Denn die Chemikalien haben praktische Eigenschaften: Sie sind wasser-, schmutz- und fettabweisend.

Deswegen halten sie sich allerdings auch besonders lange in der Umwelt. Auch in der Region haben sie sich in Böden und Gewässern angereichert.

Das Umweltproblem: Besonders gravierend ist die Belastung rund um Flugplätze des amerikanischen Militärs. Hohe Schadstoffmengen wurden in Weihern, Bächen, Flüssen und im Erdreich nahe der Air Base Spangdahlem, dem ehemaligen Flugplatz Bitburg, dem Flughafen Hahn im Hunsrück und dem Fliegerhorst Büchel nachgewiesen (der TV berichtete mehrfach). Naheliegend also, dass die Chemikalien von den Stützpunkten herstammen, oder nicht?

Das glauben zumindest die Experten von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord), der oberen Wasserbehörde in Rheinland-Pfalz. „Wir haben starke Indizien, dass die PFT aus den Löschschäumen der Feuerwehren der Air Force stammen“, sagt Joachim Gerke, Leiter der Abteilung „Wasserwirtschaft“. Die Schäume seien dann durch den Regen und unterirdische Kanalsysteme in die Umgebung der Stützpunkte gelangt. Und für diese Theorie gibt es auch Argumente: „Die Schadstoffe, die wir etwa in den Regenauffangbecken der Base Spangdahlem gefunden haben, sind die gleichen, die wir etwa im Märchenweiher bei Binsfeld nachgewiesen haben.“

Bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ist man von diesen Argumenten aber offenbar nicht überzeugt. Und deswegen gibt es jetzt Zoff zwischen Bund und Land.

Der Behördenstreit: Der Grund für den Konflikt ist eine Wasseranordung der SGD Nord aus dem Mai. Darin fordert die Umweltbehörde die Bima auf, einen Plan für die Sanierung der Gewässer rund um die Flugplätze aufzustellen. Denn die Bundesanstalt ist der Eigentümer einiger Flächen, die das US-Militär nutzt. Das Ziel der Anordnung nach Berlin sollte es also laut Gerke sein, „dass die Bima sich mit den Schadstoffen beschäftigt, ein Konzept erarbeitet, damit es 2019 mit der Sanierung losgehen kann.“

Dass es so schnell klappt mit dem Abbaggern von Böden, der Sanierung von Kanälen und der Versiegelung von Altlasten, ist aber unwahrscheinlich. Denn die Bima hat gegen die Anordnung Widerspruch eingelegt. Und das begründet die Behörde so: „Die Ursachen und der Verursacher der Belastung sind nicht nachgewiesen.“ Neben den Löschschäumen kämen  „viele weitere Quellen“ als Ursache für die PFC-Belastung in Betracht. Statt der auf viele Untersuchungen gestützten Theorie der SGD Nord zu folgen, stellt die Bima daher lieber eigene auf, etwa diese hier: Könnte es nicht sein, dass ein Landwirt belasteten Klärschlamm auf Felder ausgebracht hat oder ein Unternehmen seine verunreinigten Abwässer illegalerweise in Flüsse und Bäche entsorgt haben? Dazu liefen derzeit noch Untersuchungen, denen die Anordung „vorgreife“.

„Wir kennen diese Argumente alle. Und sie waren geklärt“, meint Gerke. Die Wasserbehörde gehe weiterhin davon aus, dass das US-Militär der Verursacher des Umweltschadens sei und dass man sie oder die Bima als Grundstückseigentümer für die Sanierungskosten in Millionenhöhe zur Rechenschaft ziehen könne. Die Frage ist, nur wann. Eine erste Annäherung gibt es immerhin. Ende diesen oder Anfang des nächsten Monats wollen die Behörden sich zu einem Gespräch treffen. Dabei soll sich dann entscheiden, ob die SGD Nord dem Widerspruch der Bima stattgibt oder ihn zurückweist. Sollte sie ihn nicht akzeptieren, bliebe der Bima die Möglichkeit, sich mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen die Anordnung zu wehren.

Sollte dies misslingen, muss sie liefern. Wenn das Treffen, das bislang nicht terminiert ist, nicht zu einer Einigung führt, ist mit einer weiteren Verzögerung der Sanierung zu rechnen. Zur Erinnerung: 2014 hatte der Trierische Volksfreund das Eifeler PFT-Problem öffentlich gemacht.

Bewertung und Blick in die Zukunft: „Seit Jahren beschäftigen wir uns mit dem Thema, und geändert hat sich nichts“, fasst der Binsfelder Umweltaktivist Günther Schneider zusammen. Als er von der Begründung der Bima für ihren Widerspruch hört, muss er lachen: „Das ist ja wohl ein Witz.“ Der Landwirt, der früher selbst auf dem Flugplatz Spangdahlem gearbeitet hat, wirft der Bundesbehörde vor, bei der Sanierung der Umweltbelastung auf Zeit zu spielen: „Das läuft auf eine  Verschleppung hinaus. Im schlimmsten Fall gibt die SGD Nord irgendwann auf.“ Die Umweltbehörde kämpfe seit Jahren gegen „Windmühlen“, wasserrechtliche Schreiben seien für die Amerikaner „nur Toilettenpapier“.

Gerke hingegen spricht von „guten Gesprächen“ mit den Streitkräften. Die seien seit Jahren dabei die Belastung auf dem Flugplatz zu untersuchen. Aber es sei eben aufwändig, jede belastete Stelle zu finden, möglicherweise undichte Kanäle zu suchen und zu reparieren: „Das erklärt vielleicht, warum alles so langsam vorangeht.“

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