Was einer nicht kann, können viele

Bitburg · Die Bank, die ihren Mitgliedern gehört, wird 150 Jahre alt: Die Volksbank Bitburg feiert diese Woche Geburtstag. Die Geschichte beginnt 1863 mit der Gründung des Creditvereins für Handwerker und Ackerwirthe - es war die erste Bank im damaligen Kreis Bitburg und die erste Genossenschaftsbank der Region.

 Sparbücher, Schecks und Bilanzhefte sowie eine Satzung aus der Anfangszeit der Volksbank Bitburg, als diese noch Creditverein hieß. Foto: Volksbank Bitburg

Sparbücher, Schecks und Bilanzhefte sowie eine Satzung aus der Anfangszeit der Volksbank Bitburg, als diese noch Creditverein hieß. Foto: Volksbank Bitburg

Kleine Zeitreise: Um 1863 zählte Bitburg gerade mal 2400 Einwohner. Das Städtchen war vorwiegend landwirtschaftlich geprägt. Es fuhren Pferdekutschen, die Wolle wurde auf Spinnrädern gesponnen. Es gab einige Kurzwarenhändler, Schlosser, Tischler, Schuhmacher und Sattler. Aber die meisten Handwerker verdienten nicht genug, um Rücklagen für Investitionen zu bilden. Eine einzige Missernte entzog den Landwirten die Existenzgrundlage, da sie bei Verleihern teuer geborgtes Geld für ihr Saatgut nicht zurückzahlen konnten. Ein Teufelskreis ohne Chance auf wirtschaftliches Wachstum.

Der Stadtrat beschrieb die Situation in einer Mitteilung an die Bezirksregierung Trier wie folgt: "Die große Mehrheit der Einwohner concurriert in den unteren und untersten Klassenstufen." Vor diesem Hintergrund rief der Großgrundbesitzer Johann Peter Limbourg mit 50 Gründungsmitgliedern am 4. Oktober 1863 den "Creditverein für Handwerker und Ackerwirthe" ins Leben. Ein Verein, der das Leben der Menschen in Bitburg sowie den umliegenden Dörfern grundlegend verändern sollte.

Mit dem Creditverein war die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum geschaffen. "Landwirte hatten nun die Möglichkeit, langfristige Kredite zu bekommen", sagt Peter Bersch, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Bitburg. Auch Handwerk und Handel konnten in ihre Betriebe investieren und sich weiterentwickeln. Nicht zuletzt: Wer Geld hatte, brauchte es nicht mehr irgendwo auf einem Schrank aufbewahren, sondern konnte es verzinst anlegen. Bereits 1910 hatte der Creditverein Spareinlagen von 3,4 Millionen Mark und zählte mehr als 1000 Mitglieder. 1942 wurde er in Bitburger Bankenverein und 1970 in Volksbank Bitburg umbenannt.

Dass die erste Genossenschaftsbank in der Region Trier ausgerechnet in Bitburg gegründet wurde, ist für Bersch schnell erklärt: persönliche Kontakte. "Der einstige Landrat Nikolaus Thilmany hat die Stadt nach seiner Amtszeit verlassen und in der Rheinprovinz gearbeitet, wo er Kontakt mit Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitsch hatte", erklärt Bersch. Die Idee der beiden Begründer des genossenschaftlichen Bankenwesens brachte Thilmany in die Südeifel.

So wurde in Bitburg, anders als in Prüm, wo es seit 1858 eine Sparkasse gab, eine Bank nach dem Genossenschaftsprinzip gegründet. Kernidee nach Raiffeisen: "Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das vermögen viele." Eine Art Selbsthilfeverein. Weniger erfreut darüber war historischen Texten zufolge der damalige Landrat Sprenger, der im Kreistag erfolglos versucht hatte, eine Sparkasse durchzusetzen. Sprenger bat die Regierung in Trier, gegen den Creditverein einzuschreiten, was der Regierungspräsident aber ablehnte. Die Kreissparkasse Bitburg wiederum ging erst 1902 an den Start - mit einem Darlehen des Creditvereins.
Vor 150 Jahren gegründet zählt die Volksbank Bitburg heute mehr als 20 000 Mitglieder und 42 000 Kunden. Die Bank beschäftigt rund 250 Mitarbeiter an 25 Standorten. Mit einer Bilanzsumme von rund 645 Millionen Euro ist die Volksbank Bitburg die größte Genossenschaftsbank im Eifelkreis Bitburg-Prüm und drittgrößte Genossenschaftsbank in der Region - nach der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank Wittlich mit einer Bilanzsumme von 774 Millionen Euro und der Volksbank Trier (771 Millionen Euro).Extra

Mittwoch, 2. Oktober, 18.63 Uhr (also 19.03 Uhr): Zum Auftakt in die Festwoche gibt es einen Festakt für geladene Gäste der Volksbank-Familie in der Bitburger Stadthalle, bei der es unter anderem eine Podiumsdiskussion geben wird, wie genossenschaftliches Denken mit modernen Herausforderungen umgeht. Musikalisch wird der Abend vom Volksbank-Chor gestaltet. Freitag, 4. Oktober, 10 bis 17 Uhr: Kindertag im Haus der Jugend in Bitburg, bei dem jede Menge gemalt, gestaltet, gespielt und gebastelt wird und es eine Feuerspucker-Show gibt. Um 20 Uhr führt abends die Volksbank-Theatergruppe das Stück "Zehn Millionen suchen einen Erben" in der Bitburger Stadthalle auf. Samstag, 5. Oktober, 20 Uhr: In der Stadthalle steigt die Geburtstagsparty mit der Volksbank-Band Erich & the funky Moneyrollers, die von RPR1 Partyline übertragen und mitgestaltet wird. Sonntag, 6. Oktober, 11 bis 17 Uhr: Beim großen Familientag unter dem Motto "lebendige Genossenschaft" in der Stadthalle treten Musikvereine und Tanzgruppen aus Bitburg und Umgebung auf. Zudem wird die Mitgliederstiftung der Bank vorgestellt. Langjährige Mitglieder werden ehrt. schoDrei Fragen an ...

Peter Bersch (58), Vorstandsvorsitzender der Volksbank Bitburg

Was macht für Sie das Jubiläumsjahr der Bank besonders?
Peter Bersch: Dass die gesamte Mannschaft der Bank mit vielen Aktionen vor Ort sich ins Zeug legt. Und dass die Mitglieder bei der Vertreterversammlung im April die Mitgliederstiftung Lebendige Genossenschaft gegründet haben. Nun freue ich mich, dass die Festwoche Raum gibt, mit unseren Kunden und Mitgliedern den runden Geburtstag zu feiern. Ganz besonders freue ich mich auf den Kindertag im Haus der Jugend. Da wird es eine Überraschung mit dem Eifeler Künstler Dieter Nusbaum geben, die am Sonntag unter dem Motto lebendige Genossenschaft vorgestellt wird.

Sie gehören seit 20 Jahren dem Vorstand an. Was hat die Volksbank Bitburg in dieser Zeit bewegt und geprägt?
Bersch: Für mich ist das Wichtigste die Kulturentwicklung in der Bank. Unsere mehr als 250 Mitarbeiter haben ein hohes Maß an Eigenverantwortung und ziehen alle gemeinsam an einem Strang, um unser strategisches Geschäftsziel der Marktführerschaft im Geschäftsgebiet mit Freude und Spaß an der Arbeit umzusetzen. Diese Kultur lebt auch von Chor, Band, Theatergruppe oder Fußballmannschaft unserer Bank, in denen sich Mitarbeiter engagieren. Wir leben ein Miteinander und das leben wir auch mit unseren Kunden und Mitgliedern.

Warum wird die Genossenschaftsbank auch die nächsten 150 Jahre weiter bestehen?
Bersch: Gerade die viel zitierte Banken- und Wirtschaftskrise hat ja gezeigt, dass gerade in unsicheren Zeiten Werte wie Vertrauen, die durch die regionale Verankerung entstehen, entscheiden. Wir haben in dieser Zeit Mitglieder und Kunden gewonnen. Wir werden auch weiter im Auftrag unserer Mitglieder, denen die Bank gehört, zum Wohl der Mitglieder und Kunden wirtschaften. Das ist ein reales Geschäftsmodell, das auf Selbsthilfe und Selbstverantwortung basiert - fernab irgendwelcher riskanter Spekulationen. Von Kreditklemme war bei uns auch in der Krisenzeit keine Rede. Wir sind uns unserer Verantwortung als Kreditgeber bewusst. Das ist eine bodenständige Geschäftspolitik, die auf reale Werte baut. scho

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