Wer A sagt, muss (nicht) B sagen

SPEICHER. Ob die Zulassung von Frischwaren-Verkauf außerhalb des Orts-Innenbereichs von Speicher erweitert wird, ist noch unklar. Der Gemeinderat hat die Entscheidung vertagt, im Gewerbegebiet Kapellenstraße — ähnlich wie beim neu zu bauenden Rewe-Markt - auch Frischwaren zuzulassen.

Nur nicht "rinks und lechts velwechsern". Was der Wiener LyrikerGerhard Rühm vorsätzlich in einem seiner Gedichte formulierte,wäre dem Gemeinderat Speicher in seiner jüngsten Sitzung beinaheim Eifer des Gefechts unterlaufen. Denn ob es rechts, wo es imMoment nicht wie links ist, bald wie links sein soll, warGegenstand der Debatte. Was verwirrend klingt, ist ganz einfach: Diskutiert wurde im Rat über den Sachverhalt, dass der auf dem Grundstück des ehemaligen Feuerwehrgerätehauses neu zu bauende Rewe-Markt verpackte Frischwaren anbieten kann, während es rechts, auf der gegenüberliegenden Seite im Gewerbegebiet "Kappellenstraße", untersagt ist. Denn im Bebauungsplan für das Gewerbegebiet, der 1999 rechtskräftig wurde, hat der Gemeinderat festgelegt, dass dort keine "Einzelhandelsnutzung mit innenstadtrelevanten Sortimenten" zugelassen ist. Damit wollte die Gemeinde das Ausbluten des Innenbereichs verhindern.

Das will sie jetzt auch noch. Nur: Dass diese Einschränkung dafür ein probates Mittel ist und vielleicht sogar das Gegenteil des Erwarteten bewirkt, also Kaufwillige in die Arme anderer Gemeinden treibt, darüber sind im Rat inzwischen Zweifel aufgekommen.

Auch bei Agnes Tillmann-Steinbuß (SPD): "Vor gut acht Jahren habe ich hier im Rat für die Zulassung plädiert", sagte sie. Nun habe sich aber einiges geändert. Inzwischen gingen die Käuferströme immer stärker an Speicher vorbei, weil das Angebot an größeren Märkten offenbar nicht ausreiche.

Doch diese Entwicklung, deren Ausweitung auch andere Ratsmitglieder befürchten, hatte nicht den Ausschlag für die Debatte im Gemeinderat gegeben. Auslöser war die großzügige Genehmigung für den links gegenüber dem Gewerbegebiet, in dem unter anderem Aldi und ein Getränkemarkt liegen, entstehenden Rewe-Markt.

Die Gemeinde hatte das Grundstück im unverplanten Innenbereich an einen Investor verkauft, der das dortige Feuerwehrhaus abreißen ließ und das Gebäude für Rewe baut (der TV berichtete).

Mayer: Sanierung des Innenbereichs hinfällig?

Was links für Rewe gilt, muss rechts auch für Aldi und andere billig sein, meinte zumindest ein Teil des Rats und machte die Nicht-Gleichbehandlung zum Thema. Der Haupt- und Finanzausschuss gab die Frage, ob man nach A auch B sagen, also nun im Gewerbegebiet die Einschränkungen für den Einzelhandel ebenfalls aufheben soll, ohne Empfehlung an den Rat weiter. Und der war sich unschlüssig. "Gleiches Recht für alle, da die Vergleichbarkeit der Angebote gegeben ist", forderte Karin Plein (CDU).

Rudolf Mayer (Junge Liste) vertrat eine andere Auffassung: "Wir sollten im Moment alles so lassen, wie es ist. Der Einzelhandel im Innenbereich soll keine zusätzliche Konkurrenz bekommen. Damit würden wir die Wirkung der mit Millionen subventionierten Innenbereichs-Sanierung aufheben." Mayer schlug vor, über die Aufhebung im Einzelfall zu entscheiden. Dass es, nur weil es links so ist, rechts ebenso sein soll, sah Mayer nicht ein.

Das sah Ferdinand Enders (FDP) ebenso und beantragte zugleich die Vertagung des Tagesordnungspunktes und die Rückverweisung in den Ausschuss. Dafür sprach sich die Mehrheit des Rates aus. Ob "rinks und lechts" zukünftig gleich gestellt werden, bleibt damit weiter offen.

Ein wenig mehr Licht scheint dagegen in die Zukunft der Töpferei zu kommen. Bei zwei Enthaltungen stimmte der Rat für ein gemeinsames Vorgehen

bei der Erstellung eines Nutzungskonzeptes (weiterer Bericht folgt) .

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