Verkehr Wenn die Partnersuche tödlich endet

Bitburg/Prüm/Daun/Gerolstein · Rehe geraten in ihrer Paarungszeit zwischen Juli und August besonders häufig unter die Räder. Bei ihrem Liebesspiel überqueren die Tiere Straßen, die durch ihr Revier verlaufen. Der Landesjagdverband warnt Autofahrer.

 Im Bereich der Polizeiinspektionen Bitburg, Prüm und Daun kam es insgesamt zu über 2600 Zusammenstößen zwischen Wild und Wagen.

Im Bereich der Polizeiinspektionen Bitburg, Prüm und Daun kam es insgesamt zu über 2600 Zusammenstößen zwischen Wild und Wagen.

Foto: TV/Lambrecht, Jana

Ein Rehbock wandert durchs Gehölz. Er wittert eine Ricke, die bereit zur Paarung ist, und verfolgt sie. Doch zwischen ihm und dem Weibchen verläuft eine Straße, die sich quer durch den Wald schlängelt. In schnellen Schritten überquert der Bock die Verkehrsader auf der Suche nach der Ricke. Käme jetzt ein Auto um die Kurve, hätte er schlechte Karten.

Situationen wie diese häufen sich laut Angaben des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz zwischen Mitte Juli und Mitte August, wenn die Paarungszeit der Rehe  angebrochen ist. Die Tiere konzentrieren sich in dieser Periode auf die Suche nach Partnern sowie unwillkommenen Konkurrenten und sind daher weniger sensibel für Gefahren wie Autos und Lastwagen. Liebeshungrige Böcke können den Fahrern im Sommer nicht nur in den Morgen- und Abendstunden begegnen, sondern auch tagsüber.

„Das ist leider auch in der Region ein Problem“, sagt Karl-Heinz Neumann, stellvertretender Kreisjagdmeister für Bitburg-Prüm. „Es kommt immer wieder zu schweren Unfällen.“ Denn durch die Reviere einiger Rehe verlaufen Straßen. „Die Tiere kennen keine Grenzen.“ Dass eine Fahrbahn verläuft, heiße nicht, dass ein Territorium hier endet.

Abgesehen davon, dass die Rehe sich zwischen Juli und August paaren und daher längere Wege auf sich nehmen, treibt sie die Ernte von einem Ort zum nächsten. „Ein Unterschlupf in einem Feld kann über Nacht verschwinden“, erklärt Neumann.

Auch in der Vulkaneifel komme es während der sogenannten Blattzeit (mit einem Buchenblatt können Jäger die Laute einer Ricke imitieren und Böcke anlocken) vermehrt zu Unfällen mit Rehen, wie Kreisjagdmeister Ulrich Umbach berichtet. Dabei spielt laut seinen Beobachtung auch die Unachtsamkeit einiger Verkehrsteilnehmer eine Rolle. „Viele Schilder, die auf den Wildwechsel hinweisen, werden von den Fahrern ignoriert.“ An einer Stelle sei sogar eine Tafel mit der Frage „Können Sie jetzt noch bremsen?“ installiert. „Vom Nürburgring inspiriert“ neigten dennoch viele Menschen zum Rasen. Gerade auf den Strecken von Müllenbach nach Kehlberg und von Kehlberg nach Daun komme es zu vielen Kollisionen zwischen Wild und Blech. „Es wird zu wenig Rücksicht genommen.“

Auch der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz warnt Autofahrer davor, zu schnell unterwegs zu sein. „Denn wer mit 100 statt mit 80 Stundenkilometern unterwegs ist, hat bereits einen 25 Meter längeren Bremsweg“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Doch wie soll man handeln, wenn es zu spät ist und es während der Fahrt zu einem Zusammenprall mit einem Wildtier kommt?

Der Landesjagdverband empfielt, die Unglücksstelle wie bei jedem Verkehrsunfall abzusichern und darauf die Polizei zu alarmieren. Diese meldet sich beim zuständigen Jäger, sofern das Tier noch am Leben ist. Auch Neumann sei schon ausgerückt, um schwerverletzte Tiere von ihren Qualen zu erlösen.

Auf keinen Fall sollten Personen sich den angefahrenen Tieren selbst nähern. Vor allem Wildschweine fühlen sich laut Landesjagdverband zusätzlich bedroht und können den vermeintlichen Helfer angreifen.

Um den Unfall für die Versicherung zu dokumentieren, sollten Fotos gemacht werden. Die Polizeibeamten oder ein Jäger können zusätzlich eine Bescheinigung über den Unfall ausstellen.

Wirft man einen Blick auf die Unfallstatistik in der Region, erkennt man keine besonderen Anstiege während der Paarungszeit der Rehe. „Die Spitzen der Wildunfälle liegen meist in den Monaten April und Mai, sowie Oktober, November und Dezember“, heißt es von der Polizeiinspektion Daun. In den Monaten Juli und August fänden – auf das Gesamtjahr gesehen – eher durchschnittlich viele Wildunfälle statt.

 Ob zur aktuellen Jahreszeit besonders viele Rehe mit Autos kollidieren, geht aus den Zahlen, die die Beamten vorliegen haben, nicht hervor. Denn egal, ob Wildschweine, Hirsche oder Rehe betroffen sind – als Unfallursache wird in jedem Fall „Wild auf der Fahrbahn“ erfasst.

„Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Brunftzeit und den Wildunfällen können wir auf der rein statistischen Zahlenbasis nicht herauslesen“, heißt es auch von Seiten des Polizeipräsidiums in Trier. „Mir scheint eher die Dunkelheit und damit Erkennbarkeit in den Herbst- und Wintermonaten eine relevante Größe zu sein“, meint Uwe Konz, Leiter der Pressestelle.

Egal ob es zur Paarungszeit der Rehe besonders gefährlich ist – Acht geben sollten Autofahrer immer. Denn allein im vergangenen Jahr kam es in den Bereichen der Polizeiinspektionen Bitburg, Prüm und Daun zu über 2600 Zusammenstößen zwischen Wild und Wagen (siehe Grafik).

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