Zwei Schulwelten treffen aufeinander

Bitburg · Militärunterricht und Lehrer, die auf Tische klettern: 22 Bitburger Gymnasiasten haben einen Tag lang amerikanische Schulluft an der Highschool auf der Bitburger Housing geschnuppert. Organisiert hatte den Austausch der Host Nation Council, der sich seit vielen Jahren für die deutsch-amerikanische Freundschaft engagiert.

 Highschoolschülerin Samantha Zunker (links) nimmt die Gymnasiastin Michelle Klein für einen Tag mit in ihre amerikanische Schule. TV-Foto: Mandy Radics

Highschoolschülerin Samantha Zunker (links) nimmt die Gymnasiastin Michelle Klein für einen Tag mit in ihre amerikanische Schule. TV-Foto: Mandy Radics

Bitburg. Er ist ein Entertainer und springt schon mal unvermittelt auf einen Tisch. Oder er singt die Seitenzahlen eines Buches laut vor. Ab und zu lässt er Jugendliche mit einer Wasserflasche herumspritzen. Nein, Dan Schafer ist kein Comedian, er ist Spanisch-Lehrer an der amerikanischen Highschool auf der Bitburger Housing.
Sein Unterricht hat einen ganz eigenen Stil. Jeder der zehn Schüler hat einen landestypischen Namen bekommen, wie Juan oder Pablo. Auch das Klassenzimmer lässt keinen Zweifel offen, dass Spanisch unterrichtet wird. Über den Fenstern hängen Länderflaggen aus Kolumbien, Paraguay oder Chile. Die Tafel ist zugeklebt mit spanischen Verben, Präpositionen, Sätzen. Hier läuft alles multimedial ab. Über sogenannte Whiteboards und Smartboards, die mit einem Computer verbunden sind, werden Videos gezeigt. Oder Informationen direkt aus dem Internet auf das Board projiziert.
Über die technische Ausstattung staunen sowohl die deutschen Lehrer als auch die 22 Schüler des Bitburger Gymnasiums, die einen Tag lang die amerikanische Schulkultur kennenlernen. Alle besuchen am Gymnasium den Leistungskurs Englisch der 11. Klasse. "Wir mussten vorher ein Formular ausfüllen mit Hobbys, Lieblingsfilmen und -musik. Die amerikanischen Schüler durften sich dann einen Partner aussuchen", erzählt die 16-jährige Shirin Hoffmann.
Sonja Özyürek (18) hat mit ihrer Partnerin vor dem Treffen an der Highschool Briefe geschrieben. "Wir passen gar nicht zusammen", sagt sie und lacht, "sie hört Country, ich höre Rockmusik." Egal. Schließlich wollen die Schüler jeweils die Welt des anderen kennenlernen.
"Das ist eine tolle Chance. So können wir eine andere Kultur aus erster Hand kennenlernen. Wir hoffen, dass der Austausch eine Brücke schlägt, denn es gibt einige Unterschiede", sagt Susanne Debald, Englischlehrerin am Gymnasium Bitburg.
Genau das ist Ziel des Organisators der Aktion, des Host Nation Councils (HNC). HNC-Chef Jan Niewodniczanski sagt: "Wir wollen unseren amerikanischen Freunden ein Zuhause weit weg von ihrem Zuhause geben. Der einfachste Weg führt über die Jugend." Einen Tag lang gehen die deutschen Schüler zusammen mit ihren jeweiligen amerikanischen Partnerschülern in verschiedene Unterrichtsstunden. Lernen Jugendliche kennen, die vom Alltag unter den Fittichen des amerikanischen Militärs geprägt sind. Die immer wieder die Schule wechseln, weil ihre Eltern versetzt werden - in eine andere Stadt oder ein anderes Land.
Viele wollen nach ihrem Abschluss selbst zum Militär, wie der 16-jährige James Finney, der zur Feier des Tages in seiner Uniform erschienen ist. Die bekommt man, wenn man den Militärunterricht als Wahlfach wählt. Was für die deutschen Austauschschüler befremdlich ist, ist für ihre Partner an der Highschool normal. "22 Prozent der Schüler wählen das Fach", sagt der Ausbilder. Dabei sei das Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen ausgeglichen. Finney: "Wir lernen, wie genau die Uniform präsentiert werden muss und wie man das Gewehr richtig präsentiert. Und wir lernen schießen."
Eine Kostprobe davon gibt es im Unterricht. Dort wird salutiert, das Gewehr bei Fuß gestellt oder zackig vor die Brust gehalten. Alles läuft nach genauen Befehlen ab. Ausbilder: "Es ist ein gutes Programm nicht zum Rekrutieren, sondern um gute Bürger auszubilden." Nach Absolvierung des Programms, das mehrere Jahre dauert, werden die Teilnehmer beim Militär zwei Dienstgrade höher eingestuft.
Genau das will Jordan Whelan (19): "Warum nicht? Mein Opa war beim Militär, mein Vater ist dort. Ich will auch dorthin. Ich habe dadurch nur Vorteile."
Das Schulmotto für die 200 Schüler lautet: Jeder hat Zugang zu allen Lehrmitteln. Niemand wird benachteiligt. Deshalb werden im Fach Musik auch jegliche Instrumente gestellt. Auch Videoproduktion mit professioneller Ausrüstung wie im Fernsehstudio kann ein Wahlfach sein.
Dort produzieren die jungen Medienmacher täglich eine Nachrichtensendung für die Schulkameraden. Kochen ist ebenfalls ein Fach. In den großen Kochnischen des Klassenraums riecht es nach Gewürzen. "Die dreijährige Ausbildung wird in Amerika anerkannt", sagt Nicholson.
Nächster Austausch im April


"Die nächste beste Alternative zum Footballspielen ist die Kunst" - Dieser Spruch klebt an einem Skelett in Footballmontur, dem Nationalsport der Amerikaner. Das steht in dem mit hölzernen Werktischen bestückten Kunstraum, in dem sich überall Pinsel, Farben, blau-rote Skulpturen und Gemälde an der Wand befinden. Die Ausstattung der Schule und die Möglichkeiten der Schüler, sich zu verwirklichen, scheinen riesig zu sein. Nach all diesen Eindrücken gibt es erst mal Mittagessen. Das ist eine Mischung aus deutsch-amerikanischen Zutaten. Frische Brötchen werden von Schülern und Lehrern gemeinsam belegt. Jeder hat etwas beigesteuert: Salate, Chili, Obst, Muffins und Chips. Danach geht es bis zum Nachmittag weiter mit dem Unterricht auf amerikanisch. "Fühlt euch sicher, habt Spaß, lernt viel", sagte Patrick Gross, Schulleiter der Highschool, zum Auftakt am Morgen. Das Motto haben alle am Ende des Tages ausgiebig in die Tat umgesetzt. Ein Wiedersehen ist bereits für den 25. April geplant. Dann verbringen die Highschool-Schüler einen Tag am Bitburger Gymnasium.Extra

Der Host Nation Council (HNC) wurde 2003 gegründet. Er hat 212 Mitglieder. Der Verein will die deutsch-amerikanische Freundschaft pflegen und den Austausch von Kultur und Sprache fördern. Im Jahr 2012 hat der HNC für verschiedene Projekte rund 40 000 Euro ausgegeben. Allein 35 000 Euro gab der Verein dabei für das Denkmal zur Erinnerung an die Anschläge am 11. September 2001 aus, das auf der Airbase Spangdahlem errichtet wurde. MRA

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