Landwirtschaft Blauzungenkrankheit: Eifeler Milchviehhalter in Sorge

Giesdorf · Vor zwei Wochen war die für den Menschen ungefährliche Tierseuche bei einem Kalb in einem Betrieb in Trier-Saarburg nachgewiesen worden. Seitdem breitet sich die Krankheit weiter aus. Folge: Der Handel mit Rindern und Schafen ist eingeschränkt.

 Milchbauer Markus Hockertz bangt um seine Existenz.

Milchbauer Markus Hockertz bangt um seine Existenz.

Foto: TV/Bernd Wientjes

Markus Hockertz steht in seinem in die Jahre gekommenen Stall, streichelt ein vor ein paar Tagen auf die Welt gekommenes Kalb. Eigentlich wollte der Milchbauer das männliche Tier in den nächsten Tagen verkaufen. Doch vermutlich wird er es nicht loswerden. Es findet fast kein Kälberhandel mehr statt bei dem 35-Jährigen, der den Hof in Giesdorf (Eifelkreis Bitburg-Prüm) in dritter Generation führt. Schuld daran ist der Ausbruch der Blauzungenkrankheit.

Vor zwei Wochen war die für den Menschen ungefährliche Tierseuche bei einem Kalb in einem Betrieb in Trier-Saarburg nachgewiesen worden. Seitdem breitet sich die Krankheit weiter aus. Um sie einzudämmen, ist der Handel mit Tieren, die von dem über kleine, blutsaugende Mücken (Gnitzen) übertragenen Virus empfänglich sind – alle Wiederkäuer wie Rinder, Schafe, Ziegen oder Lamas – eingeschränkt. Nur wenn eine Woche vor dem Verkauf das Blut von den Tieren untersucht und kein Virus nachgewiesen ist, können sie verkauft werden.

Milchviehhalter geben nahezu alle männlichen Kälber im Alter von 14 Tagen ab. Diese sogenannten Montagskälber (weil sie in der Regel montags abgeholt werden) werden von den Händlern zu Mästern etwa in den Niederlanden und Belgien gebracht. Wegen der Blauzungenkrankheit ist der Verkauf der Tiere außerhalb Deutschlands nicht möglich.

Falls er ein für die Milcherzeugung nutzloses Bullenkalb verkaufen könne, so Hockertz, dann nur zu einem für ihn unrentablen Preis. Die Preise für Kälber sind in der vergangenen Woche noch einmal deutlich zurückgegangen. 20 trächtige Kühe hat er derzeit noch im Stall stehen. Einige davon werden Bullenkälber auf die Welt bringen, die er nicht verkaufen könne und für die er Platz im ohnehin schon engen Stall schaffen müsse. Übers Jahr gesehen rechnet er durch die Einschränkungen mit einem Verlust von bis zu 3000 Euro.  Ein Verkauf rechne sich nicht mehr, beklagt er sich, und sagt dann etwas, von dem er weiß, dass er dafür massiv kritisiert werden wird: „Ich würde die Bullenkälber besser töten, als sie mit Verlust zu verkaufen.“

Natürlich macht das der Milchbauer, der seinen Betrieb mit 80 Tieren vor drei Jahren auf Ökolandwirtschaft umgestellt hat, nicht. Es zeigt aber, wie verzweifelt er und seine Kollegen angesichts des Ausbruchs der Blauzungenkrankheit sind. Hockertz, der den Betrieb 2008 von seinem Vater übernommen hat, ist vor allem auf das Land sauer. Umweltministerin Ulrike Höfken empfehle zwar den Landwirten, ihre Tiere gegen die Blauzungenkrankheit impfen zu lassen. Aber zum einen gebe es seit Wochen keinen Impfstoff. „Wieso?“ fragt er sich. Und: „Wer bezahlt die Impfungen?“ Auch habe er keine Informationen darüber, ob der Impfstoff vereinbar ist mit der Ökohaltung seiner Tiere.

Im Mai vergangenen Jahres wurden in Rheinland-Pfalz rund 336 000 Rinder gehalten. Laut Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau in Koblenz waren das 3,4 Prozent weniger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Innerhalb eines Jahres hätten gut drei Prozent der Rinderhalter im Land aufgegeben, ­darunter vor allem Milchviehhalter. Der Bestand an Milchkühen habe sich im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2017 um zwei Prozent verringert.

Vor diesem Hintergrund fordern nun auch die Tierärzte im Land,  den von der Blauzungenkrankheit betroffenen Landwirten finanziell unter die Arme zu greifen. Die Verantwortung für die Bekämpfung der Seuche und der wirtschaftliche Schaden liege derzeit alleine bei den Landwirten, heißt es in einer Resolution von 40 Tierärzten, die sie an Umweltministerin Höfken adressiert haben. Darin fordern sie auch eine Impfpflicht.

„Ich nehme die Sorgen der Tierärzte und Betriebe bezüglich der Blauzungenkrankheit ernst“, sagt die Ministerin unserer Zeitung. Ihr Ministerium stehe mit allen Akteuren im Land im Austausch und setze sich für Erleichterungen ein. So haben das Land und der Bund erhebliche Handelserleichterungen mit Frankreich und innerhalb von Deutschland erzielt. „Damit“, so Höfken, „haben sich Handelsprobleme der Betriebe aufgrund von der Krankheit bereits reduziert“. Die Tierseuche habe  vor allem Auswirkungen für exportierende Betriebe. Das Bundeslandwirtschaftsministerium setze sich  daher auf Wunsch der Länder dafür ein, dass weitere Abkommen unter anderem mit den Niederlanden, Italien und Spanien geschlossen würden, sagte die Grünen-Politikerin.

Milchbauer Markus Hockertz hofft, dass es bald eine Lösung gibt. Wie lange er noch aufgrund der Einschränkungen und finanziellen Einbußen durchhalten könne, das wisse er nicht. „Irgendwann dreht mir dann meine Bank den Geldhahn zu.“

Ein Video-Interview mit dem Milchbauern Markus Hockertz sehen Sie unter

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