Geschichte Dietrich Flade: Opfer der Hexenverfolgung - Warum das „Blutgeld“ ein Haushaltsposten in Trier bleibt

Trier · Die 362,50 Euro, die die Stadt Trier für einen Kredit aus dem 16. Jahrhundert an die Kirche abbezahlt, werden weiterhin die Ausgabenseite belasten. Ein Bürger forderte nun, die Zahlung dieses „Blutgelds“ einzustellen. Ein Beitrag aus dem Jahre 2009 aus unserem Archiv.

Ein Goldgulden aus dem Rheinischen Landesmuseum. Weil sich die Stadt trier dereinst 4000 derer lieh, zahlt sie bis heute Zinsen an die Kirche. Foto: TV-Archiv/Roland Morgen

Ein Goldgulden aus dem Rheinischen Landesmuseum. Weil sich die Stadt trier dereinst 4000 derer lieh, zahlt sie bis heute Zinsen an die Kirche. Foto: TV-Archiv/Roland Morgen

(woc) Im ausgehenden 16. Jahrhundert war Dietrich Flade nicht nur kurfürstlicher Rat, Bürgermeister und Rektor der Universität Trier, sondern auch einer der reichsten Männer der Stadt. Wohl auch deshalb lieh er dem offenbar schon damals klammen Trier 4000 Goldgulden. Doch nur wenige Jahre später wurde Flade - der lange Jahre selbst Todesurteile in Hexenprozessen gesprochen hatte ­- selbst der Hexerei beschuldigt und am 18. September 1589 hingerichtet.

Sein Vermögen fiel an die Kirche - und damit auch der Schuldschein über den der Stadt gewährten Goldgulden-Kredit. Fortan zahlte die Stadt an die Kirche ­- und überweist heute noch jährlich exakt 362,50 Euro an die Innenstadtpfarrei St. Liebfrauen. Dabei handelt es sich allerdings keineswegs um eine Abtragung des Kredits, sondern um eine auf unbestimmte Zeit mit dem damaligen Erzbischof Johann von Schönenberg vereinbarte Zinszahlung.

Unter dem Namen "Steiermark" hat ein Trierer im ersten Trierer Bürgerhaushalt nun den Vorschlag gemacht, diese Zahlung einzustellen. Bei dem an die Kirche zurückgefallenen Flade-Nachlass handele es sich um Blutgeld, das die Kirche sich zu Unrecht zugesprochen habe, argumentiert "Steiermark" und fordert die ersatzlose Streichung dieses Haushaltstitels aus dem städtischen Kultur-Etat.

Doch weder Kulturdezernat noch Steuerungsausschuss haben dem Vorschlag zugestimmt. Es handele sich keineswegs um Blutgeld, sondern um eine vertraglich vereinbarte Zinszahlung für den damals nun mal in Anspruch genommen Kredit. "Zum einen handelt es sich um einen Betrag, der die Stadt Trier nicht ärmer macht als sie es ohnehin schon ist, zum anderen liegt hier ein vielleicht ungewöhnlicher, aber im Grunde genommen doch sympathischer Akt fiskalischer Traditionspflege vor", erklärt der städtische Pressesprecher Ralf Frühauf.

Außerdem werde durch die Zahlung - ebenso wie durch die Benennung einer "Dietrich-Flade-Straße" auf der Tarforster Höhe - der vielen unschuldigen Opfer des Hexenwahns gedacht und damit eine zumindest symbolische Wiedergutmachung angeregt. Die Zahlung könne außerdem betrachtet werden als "Ausdruck des Jahrhunderte alten guten Verhältnisses von Kirche und Stadt".

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