50 Jahre Uni Trier Forschung für Menschen, Gesellschaft und Umwelt

Die Universität Trier setzt nicht nur in der Lehre Akzente. Eine Auswahl von acht Bereichen, die in der Forschung weit über die Region hinaus Maßstäbe setzen.

 Lyrik steht im Mittelpunkt eines bedeutenden Forschungsbereichs der Universität Trier.

Lyrik steht im Mittelpunkt eines bedeutenden Forschungsbereichs der Universität Trier.

Foto: Emilia Tkatschenko

Außergewöhnlich: Lyrik-Forschung Die DFG-Kolleg-Forschungsgruppe FOR 2603 „Russischsprachige Lyrik in Transition“ (2017-2021) unter Leitung der Trierer Slavistikprofessorin Henrieke Stahl hat die Universität Trier zu einem weltweit einmaligen, international sichtbaren Zentrum für vergleichende Forschung zur Gegenwartslyrik gemacht. Die leitende Fragestellung des Kollegs gilt einem der Hauptmerkmale der Gegenwartslyrik: Transition.

Erforscht werden Formen und Funktionen von Transition der Grenzen von Gattungen, Sprachen, Kulturen und Gesellschaften in der Lyrik. Ausgehend von der seltenen Vergleichskonstellation der russischsprachigen Lyrik mit der chinesischen und japanischen sowie germano-, anglo- und romanophonen werden auch kleinere und Kleinstsprachen etwa indigener Stämme Taiwans einbezogen.

Das Kolleg hat ein großes Netzwerk mit Forschern aus mehr als 25 Ländern aufgebaut. Die Zusammenarbeit findet in Trier sowie auf internationalen Konferenzen und – unter Covid-Bedingungen – auch online statt. Das Kolleg hat zusammen mit der Universitätsbibliothek eine Open Access Zeitschrift als Pilotprojekt neu gegründet. Eine Fortsetzung der Förderung um weitere vier Jahre ist beantragt.

Forschung für Menschen, Gesellschaft und Umwelt
Foto: Rainer Neubert

Traditionsreich: Altertumsforschung Trier kommt in der Erforschung der römischen Antike nördlich der Alpen eine besondere Rolle zu. „Die Zahl und Qualität römischer Großbauten und Funde ist hoch, immerhin war Trier zeitweilig eine der Hauptstädte des Römischen Reichs, und ihr Erhaltungszustand ist bemerkenswert gut!“, sagt Prof. Dr. Torsten Mattern. „Die Forschungen des Fachs Archäologie an der Universität haben deswegen in Trier und Umgebung bereits eine lange Tradition.“

Dies betrifft nicht nur die archäologische Forschung, sondern auch die Öffentlichkeitsarbeit: in einem transnationalen EU-Projekt wird derzeit in Luxemburg und Rheinland-Pfalz ein Informationssystem aufgebaut, das an über 100 Standorten den Besuchern Rekonstruktionen archäologischer Denkmäler mit Hilfe von Augmented Reality präsentiert (ARGO). Durch die Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Landesmuseum werden aber auch die Forschungen intensiviert: Der Verbund zur Erforschung der Kaiserresidenz Trier (VaKT) widmet sich unter Beteiligung zahlreicher Fachkollegen dem Phänomen „Kaiserresidenz“ mit all seinen verschiedenen Aspekten.

 2019 wurde gemeinsam mit dem Rheinischen Landesmuseum, dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz (RGZM) und der Universität Trier der „Forschungsverbund Römische Archäologie und Maritime Antike“ (FoRuM) gegründet. Auch personell erfährt das Fach daher eine Verstärkung: Durch die Universität wird zurzeit eine Professur für Provinzialrömische Archäologie eingerichtet. Zwei weitere Professuren (Römische Archäologie und Maritime Antike) sollen gemeinsam mit dem RGZM in den Altertumswissenschaften geschaffen werden.

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Foto: Uni Trier

Außergewöhnlich: Umweltforschung Das Fach Umweltmeteorologie der Universität befasst sich mit Klimaprozessen in mittleren Breiten und in den Polargebieten, die eine Schlüsselrolle im globalen Klimasystem spielen. „Das Ziel der Forschung ist es, ein besseres Verständnis von Klimaprozessen zu erzielen und Fakten zum Klimawandel bereitzustellen“, sagt Prof. Dr. Günther Heinemann.

So ist das Fach Umweltmeteorologie an der größten Polarexpedition aller Zeiten beteiligt. Mit an Bord des Forschungsschiffes Polarstern ist der Trierer Umweltwissenschaftler Dr. Andreas Preußer. Seit mehr als einem Jahr haben die Forscher im Eis der Arktis Daten erhoben und wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt – in einer Region, die das gesamte Weltklima beeinflusst.
 Im Nationalpark Eifel unternimmt das Fach im Verbund mit Gruppen der Universitäten Aachen, Bonn und Köln sowie dem Forschungszentrum Jülich seit 2010 meteorologische Messungen im und über dem Waldbestand. Dabei stehen die Haushalte von Wasser und Kohlendioxid im Mittelpunkt. Das Fach Geobotanik beteiligt sich mit pflanzenphysiologischen Messungen, die auf einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren ausgelegt sind.

Wie funktioniert eine Volkszählung und warum ist sie für einen Staat so wichtig? Warum ist es so aufwendig, valide regionale Kennziffern für Armut, Umweltverschmutzung oder gar für Covid-Infektionsraten zu erhalten? Was verbirgt sich statistisch hinter dem Begriff Repräsentativität und warum wird er so oft falsch angewendet?

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Foto: Universität Trier

 Genau: Wirtschafts und Sozialstatistik An der Professur für Wirtschafts- und Sozialstatistik werden statistische Methoden von der Datengewinnung, meist als Stichproben, über die Analyse bis hin zur adäquaten Darstellung und Interpretation erforscht und gelehrt. Im Vordergrund stehen Anwendungen, die gerade für den Staat und die Gesellschaft von besonderer Bedeutung sind. Hierzu gehören Methoden der regionalen Armutsmessung, Nachhaltigkeitsindikatoren und viele weitere Bereiche.

„Statistik ist mehr als bloße Zahlen oder gar Algorithmen – vielmehr trägt der ganze Ablauf von der Datengewinnung über die Analyse bis hin zur Darstellung und Interpretation zum Gesamtbild der statistischen Information bei“, sagt Prof. Dr. Ralf Münnich.

Seit Anfang an wird an der Professur erforscht, wie Volkszählungen im digitalen Wandel und unter Berücksichtigung der komplizierten Verwaltungsstrukturen in Deutschland funktionieren können. Aktuell wird ein Simulationsdatenzentrum aufgebaut, mit dessen Hilfe sowohl wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Forschungsfragen, Fragen der Gesellschaftspolitik wie auch der statistischen Methodik analysiert werden können.

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Foto: Uni Trier

Die Patienten im Blick: Psychotherapie Es ist in den vergangenen zehn Jahren gelungen, an der Universität Trier einen optimalen Ort für Forschung, Praxis sowie Aus- und Weiterbildung im Feld der Psychotherapie zu schaffen. Die Quintessenz davon ist der Trier Therapie Navigator TTN.

Was heißt das für Patienten? Studierende? Doktoranden und Therapeuten in Ausbildung? Das international renommierte Forschungsprogramm befasst sich mit Veränderungsprozessen und Verläufen in der Psychotherapie. Untersucht werden Fragen wie: Ist die gewählte Therapiestrategie erfolgreich? Wurden in der laufenden Behandlung Fehlentwicklungen rechtzeitig erkannt und gegebenenfalls sinnvolle Um- oder Neuentscheidungen getroffen? Die zahlreichen Studien zu einer optimalen und personalisierten Behandlung mündeten im TTN in einem praxistauglichen digitalen „Navigationssystem“. Dieses erlaubt eine evidenzbasierte Risikoeinschätzung und bietet unmittelbare Handlungsoptionen für die Psychotherapieplanung an. Davon profitieren alle Beteiligten.

„Für mich als Rheinland-Pfälzer ist es eine große Befriedigung, dass in Trier ein international bekanntes und renommiertes Forschungs- und Aus- sowie Weiterbildungszentrum für Psychotherapie entstehen konnte, das nachhaltig auch in die Praxis der Region aber auch weit darüber hinaus wirkt“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Lutz. Die Abteilung Klinische Psychologie und Psychotherapie sowie die angeschlossene Psychotherapieambulanz mit Weiterbildungsstudiengang und das Europäische Zentrum für Psychotherapie und Psychotherapieforschung (EZPP) an der Universität Trier kooperieren sehr eng.

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Foto: Jenna Theis

Zukunftsorientiert: Recht und Digitalisierung Die maßgebliche Technik des 21. Jahrhunderts ist die Digitalisierung. Sie ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern ändert unsere Gesellschaft nachhaltig und mit hoher Geschwindigkeit. Das Recht als Spiegel und verbindlicher Rahmen von Gesellschaft muss auf den wirtschaftlichen und kulturellen Wandel reagieren. Das Institut für Recht und Digitalisierung Trier (IRDT) begleitet und gestaltet diesen Wandel aktiv. So forscht das Team aus vier Direktoren zu Themen wie Menschliche Autonomie, Gouvernance, IT-Sicherheit sowie Daten und Urheberrechten im digitalen Zeitalter.

Das Arbeitsprogramm des als zentrale wissenschaftliche Einrichtung der Universität Trier gegründeten Instituts fasst erstmalig in der Bundesrepublik Deutschland die sachlich verwandten Gebiete des Umweltrechts und Technikrechts zusammen. Dabei erstreckt sich das Arbeitsfeld auf das gesamte nationale und internationale Umwelt- und Technikrecht. Seit Februar 2019 hat das ehemalige Institut für Umwelt- und Technikrecht der Universität Trier (IUTR) eine Neuausrichtung vollzogen und ist zum IRDT-Institut für Recht und Digitalisierung Trier geworden.

Stress bei der Arbeit, Stress in der Familie, Stress in der Freizeit. Stress ist ein allgegenwärtiges Phänomen. Kurzzeitige Phasen von Stress, mit dem wir kompetent umgehen können, machen uns auf Dauer widerstandsfähiger. Langanhaltender chronischer Stress hingegen kann die Entstehung von Krankheiten fördern. Stress zählt daher laut der WHO zu den größten Gesundheitsrisiken des 21. Jahrhunderts.

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Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Weltweit relevant: Stressforschung Der Forschungsschwerpunkt „Psychobiologie des Stresses“ erforscht, wie sich akuter Stress auf unser Denken und Fühlen auswirkt, im positiven wie im negativen Sinne, und welche Rolle dabei Hormone und die Signalübertragung im Gehirn spielen. Zudem geht es darum herauszufinden, welche Faktoren manche Menschen mit Belastungen besonders kompetent umgehen lassen und gegen Stress widerstandsfähig machen. Es werden neue Wege der Prävention entwickelt, um die Widerstandsfähigkeit gegen Stress zu fördern.

Prof. Dr. Gregor Domes erläutert: „Wir wollen verstehen, wie physiologische Prozesse die positiven und negativen Auswirkungen von akutem und chronischem Stress auf die Psyche des Menschen und seine Gesundheit beeinflussen.“

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Foto: Uni Trier

Faszinierend: Künstliche Intelligenz Künstliche Intelligenz (KI) ist ein faszinierendes, aktuelles und sehr wichtiges Thema für die Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft. Mit KI werden komplexe Aufgaben auf Computern beherrschbar, die bis vor kurzem nur von Menschen lösbar waren.

In der Trierer Wirtschaftsinformatik spielt Forschung und Lehre zur Künstlichen Intelligenz (KI) bereits seit der Jahrtausendwende eine zentrale Rolle. Seit Anfang dieses Jahres hat das renommierte Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) an der Universität Trier eine neue Außenstelle eingerichtet. „Die Kombination von Ansätzen aus dem fallbasierten Schließen mit Machine Learning- und Deep Learning-Verfahren birgt enormes Potenzial für intelligente Entscheidungsunterstützung“, so Prof. Dr. Ralph Bergmann, Leiter des DFKI-Themenfelds „Erfahrungsbasierte Lernende Systeme“.

„Mit KI und Simulation arbeiten wir an innovativen Methoden, um Prozesse mit Fokus auf dem Menschen als Kunde oder Leistungserbringer in die Planung und später auch die Ausführung einzubeziehen“, erläutert Prof. Dr. Ingo Timm, Leiter des DFKI-Themenfelds „Kognitive Sozialsimulation“.
Auch das Management von IT-Projekten wird in Trier erforscht: „Die meisten IT-Projekte scheitern bereits vor ihrem Start. Hier brauchen wir neue praxisorientierte Zugänge“, sagt Prof. Dr. Axel Kalenborn.

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