50 Jahre Uni Trier Unipräsident Michael Jäckel zum Jubiläum – „Wir bauen uns eine Universität!“

50 Jahre Universität Trier sind ein würdiger Anlass um innezuhalten, sich zu erinnern und an die Zukunft zu denken. Prof. Dr. Michael Jäckel, Präsident der Universität Trier, zieht eine positive Zwischenbilanz.

 Prof. Dr. Michael Jäckel will in seiner zweiten Amtszeit als Uni-Präsident den Campus noch attraktiver machen. Den Kunstraum Generator zählt er zu den Alleinstellungsmerkmalen.

Prof. Dr. Michael Jäckel will in seiner zweiten Amtszeit als Uni-Präsident den Campus noch attraktiver machen. Den Kunstraum Generator zählt er zu den Alleinstellungsmerkmalen.

Foto: Sheila Dolman

„Wird das ein Kraftwerk?“ So oder ähnlich soll die Bevölkerung Triers reagiert haben, als die Konturen des neuen Campus auf dem Tarforster Plateau erkennbar wurden. Die Neugierde auf das, was da zu entstehen begann, war groß. Mit „Wir bauen uns eine Universität!“ soll der große Gestaltungswille Ausdruck finden, dem sich vor gut 50 Jahren eine außergewöhnliche Chance bot. Das Bewusstsein der langen Universitätstradition Triers war auch in der gesellschaftlich und bildungspolitisch turbulenten Zeit Ende der 1960er Jahre vorhanden, die Rückbesinnung auf die Erstgründung im Spätmittelalter immer wieder Ansporn für die Fortsetzung einer akademischen Aufgabe. Nach 172 Jahren hatte das Warten ein Ende.

Im Jahr 1473 startete diese Tradition in der Dietrichstraße, unweit des Hauptmarkts. Ein ehemaliger Schöffenhof wurde zum Sitz der Universität erklärt, ein kompliziertes Finanzierungsmodell sollte den Universitätsbetrieb garantieren. Mit päpstlichem Segen versehen sollte sich auch hier eine „Perle der Wissenschaft“ entfalten. Die Stadt erwarb die Gründungsrechte und blieb kritischer Begleiter der weiteren Entwicklung.

Das Auf und Ab dieser 13. Universitätsgründung im Hl. Römischen Reich deutscher Nation spiegelt wider, welche Herausforderungen akademische Institutionen meistern mussten, welchen politischen Einflüssen sie ausgesetzt waren und wie es um die Freiheit von Forschung und Lehre stand. Die Einbindung des Jesuitenordens ab 1560 sollte den Betrieb konsolidieren. Das Ergebnis war eine deutliche Dominanz dieser „Schule“. Dennoch konnten sich auch im Schatten dieses Lenkers bedeutende Persönlichkeiten wissenschaftlich profilieren. Bis heute sind die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv eine Fundgrube für die akademischen Leistungen des Universitätsstandorts Trier, der – wie Mainz und Köln – den Folgen der Französischen Revolution zum Opfer fiel.

Die Zeit zwischen 1798 und 1970 lässt sich als eine lange Phase des Am-Leben-Haltens einer großen Verpflichtung beschreiben, als nicht kontinuierlicher, aber doch regelmäßig wiederkehrender Versuch, auf diese Bühne zurückzukehren. Nach 1815 entschied sich Preußen zur Gründung einer neuen Universität in Bonn (1818), Köln gelang die Wiedergründung 1919, Mainz folgte 1946. Trier hoffte nach dem Zweiten Weltkrieg auf einen Neuanfang und mehrere Memoranden oder Denkschriften machten dazu Vorschläge. Erst im Zuge einer großen Gründungswelle von Hochschulen im Nachkriegsdeutschland erhielt Trier seine zweite Chance, die es – auch aus politischen Erwägungen heraus – zunächst gemeinsam mit Kaiserslautern nutzte.

Ein schlankes Gesetz, verabschiedet am 28. Juli 1970, ebnete den Weg für einen Neuanfang. Die Worte eines Mitglieds der Gründergeneration vermitteln sehr gut den neuen Geist: „[…] hatten wir so viele Möglichkeiten und Chancen der Gestaltung, wie sie in keiner alten Universität jemals gegeben gewesen wären.“ Die Anfangsjahre waren somit eine echte Pionierphase, die Weichen stellende Entscheidungen verlangte. Der Schaltplan der Universität lag in den Händen einer jungen Generation, die die Chance auf Eigenständigkeit des Standorts Trier nutzen wollte. Denn der Wissenschaftsrat hatte ausdrücklich empfohlen, die Doppelgründung Trier-Kaiserslautern so zu konzipieren, dass für beide Teile unabhängiges Agieren möglich sein könnte. 1975 war es dann bereits so weit, dass die beiden gut 100 Autokilometer entfernten Standorte selbstständig wurden. Wer sich heute von den Höhen des Hunsrücks Trier nähert, der entdeckt inmitten eines mittlerweile gut besiedelten Plateaus einen großen blauen Punkt. Obwohl diese Farbe zu den kalten Farben gehört, zieht sie den Blick auf sich und gibt dem Ort ein einmaliges Aussehen. Es ist in gewisser Weise die akademische Zentralperspektive Triers.

Die Wiedergründung im Jahr 1970 war eine Antwort auf mehrere Entwicklungen: Da war zunächst eine allmählich steigende Akademisierung der Gesellschaft, deutlich erkennbar an einem Defizit im Bereich der Lehrerbildung. Es war eine Reaktion auf die Situation an deutschen Universitäten, die im Zuge der Studentenunruhen nach alternativen Wegen verlangte; eine Reformuniversität, die weitgehend administrativ entstand und wenig Wert auf akademische Symbolik legte. Sie war zugleich ein Zeichen für die Region, mit dem in einem als hochschulfern geltenden Teil der Bundesrepublik Deutschland ein langfristiger Impuls gesetzt werden sollte. Dies ist mit großem Erfolg gelungen. Die Universität Trier ist keine Regional­universität, sondern – im Bewusstsein ihres Standorts – national, europäisch und international in Lehre und Forschung eine Marke: ein historischer Standort mit Zukunft.

Die großen Aufgaben von heute und morgen heißen ‚Digitalisierung’, ‚demographischer Wandel’, ‚nachhaltiges Leben’ und ‚Arbeiten in einer global verflochtenen Welt’. Eine verantwortungsvolle, akademische Lehre und Forschung muss die nächste Generation von Akademikerinnen und Akademikern heute schon auf diese vorbereiten. Insofern sieht die Universität Trier ihre zentrale Aufgabe darin, kulturelle, umweltpolitische und gesellschaftlich relevante Fragen in spezifische Studienprogramme zu implementieren und neue Ausbildungskonzepte mit zu entwickeln.

Die Universität Trier ist eine attraktive Campus-Universität, deren architektonisches Konzept Begegnung und Gespräch fördert und ein Wissenschaftsort inmitten eines Landschaftsparks ist. Kulturelle Angebote wahrnehmen oder selbst gestalten: Beiden Formen wird Raum gegeben. Trier ist stolz auf seine lange Geschichte – und die Universität beschäftigt sich auf vielfältige Weise mit historischen Epochen und Traditionen; Trier ist ein lebendiges kulturelles Museum – und die Universität ein lebendiger Ort geistes- und sozialwissenschaftlicher Diskurse; Trier ist eine moderne Stadt, die Herausforderungen wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Art meistern muss – und die Universität ist mit ihren Lehr- und Forschungsfeldern am Puls der Zeit.

Wir feiern also eine Institution. Im Jahr 1970 war es eine Idee. Der vorwiegend geisteswissenschaftliche Beginn hat einen Baustein gesetzt, der bedeutend bleibt. Das Portfolio ist breiter geworden, die fachübergreifende Zusammenarbeit nimmt deutlich zu. Wer heute meint, er habe eine Strategie, der sollte sich nicht zu lange darauf ausruhen. Wer eine Universität baut, muss immer gutes Werk- und Denkzeug mit sich führen.

Ein Prosit auf Trier und seine Universität!

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