Literatur Im Gebäude A der Uni Trier trifft nun Willi Wiberg die Raupe Nimmersatt

Trier · Ein Archiv mit mehr als 3800 Bilderbüchern wurde in Trier eröffnet: Eine große Sammlung ist von der Stadtbücherei an die Universität Trier umgezogen. Dort sollen die Werke für Forschung und Lehre eingesetzt werden.

 Die Forscherinnen Kirsten Kumschlies und Eva Kristina Franz (von links) mit einigen der Bilderbücher.

Die Forscherinnen Kirsten Kumschlies und Eva Kristina Franz (von links) mit einigen der Bilderbücher.

Foto: Universität Trier

„Das ist ja ein Traum!“ So beschreiben Eva Kristina Franz und Kirsten Kumschlies, Wissenschaftlerinnen an der Trierer Uni, das Bilderbucharchiv, als sie es erstmals in vollendeter Form sehen. Über 3800 Bände mit teilweise historischem Wert stehen hier aneinandergereiht. Eine Lese­ecke am Ende des Raums lädt zum Durchstöbern der Bilderbücher ein, und kurz zuvor von Studierenden gebastelte Plakate geben dem Archiv seinen letzten Schliff.

Durch die Zusammenarbeit mit der Stadtbücherei Trier in anderen Projekten seien sie auf diese über Jahrzehnte gepflegte Sammlung gestoßen, erklärt Kirsten Kumschlies. Zur Freude von ihr und Eva Kristina Franz stellt die Stadtbücherei die gesamte Sammlung den Arbeitsbereichen Grundschulforschung und Grundschuldidaktik Deutsch der Universität zur Verfügung. „Wir sind sehr glücklich da­rüber, dass wir so spontan an einen solchen Schatz gekommen sind“, betont Franz und hebt vor allem die Kooperation mit der Trierer Bücherei und ihrer Leiterin Andrea May lobend hervor.

Auch May freut sich über die Zusammenarbeit: „Die Stadtbücherei Trier ist neben der Schule in Trier der zentrale öffentliche Ort der Leseförderung“, berichtet sie. „Die Ko­operation ermöglicht es, den Studierenden hier vor Ort einen theoretischen und praktischen Erfahrungsbereich als Semester­arbeit anzubieten und die Stadtbücherei Trier auch für die Arbeit in der Grundschule nutzen zu lernen.“

„In diesem Archiv befinden sich teilweise antiquarische Bücher, die es nicht mehr zu kaufen gibt und an die man kaum noch herankommt“, unterstreicht Kirsten Kumschlies den Wert der Sammlung. So reicht der Bestand des Archivs von Klassikern aus den 1970er Jahren wie etwa der Reihe „Jan und Julia“ von Margret und Rolf Rettich oder den „Willi Wiberg“-Büchern der kürzlich verstorbenen Gunilla Bergström bis zu neueren populären Titeln. Darunter ist zum Beispiel „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“ von Wolf Erlbruch. Es umfasst auch vergessene, nicht mehr aufgelegte Titel wie John Burninghams „Was ist dir lieber?“.

Zuvor nutzten das Archiv bereits Lehrkräfte oder Erziehern zur Leseförderung. Es wurde aber immer seltener besucht. Die beiden Wissenschaftlerinnen der Universität Trier haben bereits vielfältige Ideen, wie ihm nun ein neuer Stellenwert zugeordnet werden kann. So will Franz beispielsweise untersuchen, wie in westdeutschen Kinderbüchern Natur, Macht und Herrschaft oder auch Familie sowie Eltern-Kind-Beziehung dargestellt wurden.

Auch in die Lehre soll das Archiv integriert werden. Einige Exemplare hatte Kumschlies bereits in Seminaren dabei, um den Studierenden theoretische Aspekte direkt am realen Beispiel zu erklären. Doch die beiden geben zu, noch in der Planungsphase zu stecken: „Die Bücher müssen noch sortiert und katalogisiert werden. Feste Pläne gibt es noch keine, aber an Ideen mangelt es uns nicht.“

Aber warum ist es so wichtig, zu Bilderbüchern zu forschen? „Das Bilderbuch ist die Textsorte, die schon lange vor dem Schuleintritt zur Leses­ozialisierung am meisten beiträgt“, erläutert Kumschlies. „Jemand, der Grundschulkindern Lesen und Schreiben beibringen möchte, der muss sich fundiert mit dem Bilderbuch auseinandersetzen.“ Auch aus historischer Perspektive sei es äußerst interessant, ergänzt Franz. So lasse sich in historischen Bilderbüchern die Idealvorstellung dieser Zeit wie die Rolle von Frau und Mann in der Erziehung analysieren. „Natürlich werden nicht völlig willkürlich Szenen aus dem Familien­alltag in ein Bilderbuch gezeichnet. Man kann daraus ablesen, welche Werte man den Kindern damals trans­portiert hat“, erklärt sie.

Für das Archiv in Raum A 357 im Gebäude A der Universität Trier werden bald Öffnungszeiten eingerichtet. Infos unter www.grundschulforschung.uni-trier.de

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