Cattenom: Umweltbelastung steigt

Cattenom · Steigt das Risiko von Zwischenfällen im Kernkraftwerk Cattenom an der französischen Mosel? Der aus dem Hunsrück stammende renommierte Atom-Experte und Träger des alternativen Nobelpreises, Mycle Schneider, schlägt Alarm: Durch Einsatz neuer Brennstäbe werde die über 20 Jahre alte Anlage anfälliger.

(wie) Neun Zwischenfälle wurden im vergangenen Jahr im Kernkraftwerk Cattenom an der lothringischen Mosel – rund 45 Kilometer von Trier entfernt – offiziell registriert. Der bis dahin letzte hat sich nach Angaben des Kraftwerkbetreibers, dem französischen Energiekonzern EDF, am 30. Oktober ereignet. Aus einer defekten Pumpe ist Öl geflossen. Es habe verhindert werden können, das dieses in die Mosel gelangt, heißt es auf der Internetseite von EDF. Dieser, wie auch die neun anderen Zwischenfälle, wurden von der französischen Atomaufsicht als ungefährlich für Umwelt und Menschen eingestuft.

Nach Ansicht des Atom-Experten Mycle Schneider könnte sich die Zahl der Zwischenfälle im Atomkraftwerk Cattenom, das nur wenige Kilometer hinter der deutschen Grenze in der Nähe der Stadt Thionville liegt, in den nächsten Jahren deutlich erhöhen und die Gefahr für die Umwelt steigen. Hintergrund sind die Pläne des Kraftwerksbetreibers neue Brennstoffe einzusetzen (der TV berichtete). Diese HTC-Brennstoffe enthielten ein Vielfaches an radioaktivem Uran und radioaktivem Plutonium, als die derzeit noch verwendeten, sagt der aus dem Hunsrück stammende Schneider. „Beim Betrieb mit den neuen Brennstoffen werden mehr radioaktive Stoffe freigesetzt.“ Die EDF beantragte aus diesem Grund bereits 2003 die Erhöhung der Grenzwerte für Tritium in der Mosel.

Der Vorteil der neuen Brennstoffe sei aus Sicht der Kraftwerksbetreiber, dass sie leistungsstärker seien. „Man holt mehr aus dem Brennstoff raus“, sagt der Atom-Experte. Eine weitere Gefahr bestehe darin, dass die Brennstäbe länger als die bisherigen verwendet würden. Das bedeute, die Anlage müsse weniger häufig gewartet werden. In einem über 20 Jahre alten Kraftwerk wie dem in Cattenom sei das aber eine nicht hinzunehmende Gefährdung. Mit zunehmendem Alter der Anlagen steige auch das Risiko von Zwischenfällen.

Das belegt auch der jüngste Mängelbericht der französischen Atomaufsicht: Im Sommer 2009 hatte die Behörde in einem vierseitigen Kontrollbericht verschiedene Mängel bei Sicherheitsvorkehrungen im Kernkraftwerk aufgelistet. Laut Schneider gab es in Cattenom seit der Inbetriebnahme 1986 über 700 Störfälle. Im rheinland-pfälzischen Umweltminsterium sieht man wegen der neuen Brennstoffe kein höheres Umweltrisiko.

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