Bauern auch 2006 zum Protest bereit

DAUN. Ungewohnte Töne: Leo Blum, Präsident des Bauern-Winzerverbandes Rheinland-Nassau, sieht in der Energie-Erzeugung eine große Chance für heimische Bauern. Selbst das Verwerten von Getreide zu diesem Zweck ist für ihn ein Thema. Das sagte er beim Fest der Landwirtschaft in Daun.

Gute Stimmung herrschte beim Fest der Landwirtschaft im Forum Daun, das von den Vereinen und Verbänden der Landwirtschaft ausgerichtet wurde. Trotz niedriger Preise für ihre Produkte: Die Bauern lassen sich das Feiern nicht vermiesen. Mit Milchgetränken, alle mit einem Spritzer Rum verfeinert, und Obstbrand stießen die Landwirte und Bauernpräsident Leo Blum zusammen mit Gästen aus der Politik auf ein gutes neues Jahr an. Dennoch gehen sie nicht davon aus, dass ihnen 2006 großen Erleichterung von Seiten der Politik beschert werden. Vielmehr dürfte das Motto lauten: sich weiter mit EU-Richtlinien und niedrigen Preisen für Milch, Fleisch und Getreide herumschlagen. Bauer Karl-Heinz Neis aus Darscheid, der 120 Hektar bewirtschaftet und 30 Kühe hat, sagte: "Die Anforderungen an die Landwirte sind enorm gestiegen, der Druck ist ziemlich hoch. Es ist manchmal ein Wahnsinn, was von uns gefordert wird, und wenn irgendwo etwas nicht genau den Vorschriften entspricht, bekomme ich die Zuschüsse gestrichen." Doch viel lieber als Zuschüsse wären ihm "normale und gerechte Preise" für seine Produkte. Bauernpräsident Leo Blum sieht auch weiterhin die Erzeugung von Lebensmitteln und die Erhaltung der Kulturlandschaft als Hauptaufgabe der Landwirte, "aber ein Schwerpunkt in der Zukunft wird es sein, dass wir einen entscheidenden Beitrag für die Nachhaltigkeit der Energieversorgung leisten können". Als Beispiele nannte er Stromerzeugung und Wärmegewinnung mittels Biogas sowie die Nutzung von Holz als Energieträger. Sogar in der energetischen Verwertung von Getreide sieht Blume eine "Chance und ein zweites Standbein für die Bauern". Sein Appell: "Es gibt so viele Bereiche, wo wir uns zur Verfügung stellen können. Die Politik wäre gut beraten, die Möglichkeiten und Chancen zu nutzen, die die heimische Landwirtschaft bietet - gerade vor dem Hintergrund der Abhängigkeit bei Öl und Gas." In puncto Strukturwandel sieht Blum in der Zukunft eine Besserung. Er sagte: "Die Landwirtschaft ist im ländlichen Raum ein großer stabilisierender Faktor. Der Strukturwandel wird sich abflachen, weil es auch außerhalb der Landwirtschaft wenig Alternativen für die Bauern gibt. Ich bin da optimistisch." Das Problem sei, dass die Bauern zu fleißig seien und zu viel Milch, Getreide und Fleisch produzierten, "denn deshalb sind die Preise nicht in Ordnung". Milchpreisverhandlungen aufmerksam beobachten

Die neuen weltweiten Handelsabschlüsse der EU kommen dem laut Blum nicht entgegen, sondern machten zusätzliche Probleme, "denn die Bauern müssen sich jetzt am Weltmarkt orientieren". Zwar habe die Landwirtschaft im vergangenen Jahr ein Plus erwirtschaftet, aber das rühre überwiegend von gestiegenen Preisen für Schweinefleisch. Blum: "In der Eifel wird aber zumeist Milchwirtschaft betrieben, und die Preise für Milch sind in den letzten Jahren kontinuierlich nach unten gegangen, deshalb ist das gesamtdeutsche Plus in der Eifel ein Minus." Die Protestaktionen der Bauern gegen vereinzelte Großmolkereien und Lebensmitteldiscounter wegen deren Dumpingpreise vor allem für Milch im vergangenen Jahr hat nach Meinung von Blum etwas genutzt. Er kündigte an: "Wir werden die demnächst beginnenden Preisverhandlungen der Molkereien mit dem Lebensmittelhandel sorgsam beobachten. Unsere Warnung, den Bogen nicht zu überspannen, besteht. Notfalls marschieren wir wieder in die Läden, denn die Bauern sind zu vielem bereit."

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