Medien Ein Dauner auf Erfolgskurs in der Fernsehbranche

Von Stephan Sartoris · Ein Funkspruch und seine Folgen: Die Serie „Deutschland 83“, in der ein DDR-Soldat in die Bundeswehr eingeschleust wird, hat dem Fernsehproduzenten Jörg Winger, der in der Kreisstadt Abitur gemacht hat, großes internationales Renommee eingebracht. In der Fortsetzung „Deutschland 86“ haben die DAU-Kennzeichen aber ausgedient.

 Beruflich und privat ein Gespann: Anna und Jörg Winger bei der Premiere von Deutschland 86 in Berlin.

Beruflich und privat ein Gespann: Anna und Jörg Winger bei der Premiere von Deutschland 86 in Berlin.

Foto: Agency People Image/API (c) Michael Tinnefeld

Hektische Tage, die Jörg Winger gerade hinter sich hat: Interview-Marathon, Premierenfeier in Berlin, da bleibt keine Zeit, die Erkältung auszukurieren, die ihn geplagt hat. Der 49 Jahre alte „Dauner Jung“ ist in der Fernsehbranche eine bekannte Größe, der breiten Öffentlichkeit ist sein Gesicht aber kaum bekannt. Was daran liegt, dass er als Produzent und Drehbuchautor hinter und nicht vor den Kameras arbeitet. Allein mehr als 300 Folgen der ZDF-Krimiserie SOKO Leipzig hat er produziert.

Auch wenn sein Lebensmittelpunkt längst Berlin ist, erinnert er sich noch gern und gut an seine Eifeler Vergangenheit, und abgerissen sind die Kontakte ohnehin nicht, leben doch seine Eltern noch in der Kreisstadt.  Winger hat am Thomas-Morus-Gymnasium Abitur gemacht, war von 1988 bis 1990 freier Mitarbeiter des Trierischen Volksfreunds: „Eine wichtige Zeit für mich“, war es doch ein erster Schritt, den Berufswunsch Journalist zu realisieren.

Aber es kommt anders: Während seines Volkswirtschaftslehre-Studiums in Köln, wo er geboren ist, macht er ein Praktikum bei der Film- und Fernsehproduktionsfirma Ufa. Das Unternehmen bietet ihm noch während der Studiums einen Job an: Winger nimmt an – und macht Karriere. Er ist bis in die Geschäftsführung aufgestiegen, und gerade in Verhandlungen zur Gründung einer Firma mit der UFA.

In Daun ist er nicht nur zur Schule gegangen, sondern war zu Zeiten des Kalten Krieges Wehrdienstleistender in der Heinrich-Hertz-Kaserne. Als Fernmelder fängt er im Dezember 1988 einen sowjetischen Funkspruch ab, und der ist für seine Seite gedacht: Die Russen wünschen den Daunern frohe Weihnachten. Für ihn kann das nur eins bedeuten: „Da muss es doch irgendwie einen Maulwurf geben.“

Dieses Erlebnis ist quasi die Keimzelle einer Produktion, die Winger als deren Schöpfer und Produzent, gemeinsam mit seiner Frau Anna Winger, großes internationales Renommee eingebracht hat: die Spionageserie „Deutschland 83“. Im Mittelpunkt steht ein Soldat der Nationalen Volksarmee der DDR, der mitten im Kalten Krieg als Spion in den Westen geschleust wird.

In seiner Identität als „Moritz Stamm“ dient er einem General in Daun. Und auch sonst ist Daun in der Serie präsent: So sind in den acht Folgen ständig Autos mit „DAU“-Kennzeichen zu sehen. Die Serie gewinnt nationale wie internationale Preise, begeistert die Kritiker weltweit und verzeichnet im Ausland Rekordquoten. Allerdings nicht in Deutschland, wo die Produktion 2015 bei RTL gelaufen ist.

Der große internationale Erfolg hat sicher dazu beigetragen, dass es nun „Deutschland 86“ gibt. Partner ist Amazon, längst nicht mehr nur Internet-Warenhaus, sondern auch auf dem Fernsehmarkt aktiv. Auch wenn Winger nicht verrät, wie viel Geld für die Fortsetzung zur Verfügung stand, es wird aber sicher mehr gewesen sein als bei Deutschland 83. Denn für die zweite Staffel der Serie, die zehn Episoden mit je 45 Minuten Länge umfasst, haben die DAU-Kennzeichen ausgedient, es gibt internationale Schauplätze, so wurde unter anderem in Südafrika gedreht. Der Inhalt: Die DDR ist im Jahr 1986 fast pleite, die SED-Führung benötigt dringend Devisen, um das Land vor dem finanziellen Untergang zu retten. Die sozialistischen Agenten sollen bei gewagten Transaktionen Geld auftreiben. „Den Kommunismus mit Kapitalismus retten“, nennt das Jörg Winger. Die Drehbücher hat er zusammen mit seiner Frau Anna geschrieben, und offenbar hat die enge Zusammenarbeit der Partnerschaft nicht geschadet: „Wir lieben uns nach wie vor.“

Seit Freitag sind die neuen Folgen auf dem Streamingdienst Amazon Prime Video zu sehen. Für Jörg Winger kein Problem, dass Deutschland 86 im vermeintlich „richtigen“ Fernsehen erst im nächsten Jahr (dann wieder bei RTL) zu sehen sein wird. Er verweist darauf, dass Amazon mittlerweile ein großer Player in der Branche ist, „eine tolle Adresse, bei der wir uns gut aufgehoben fühlen.“ Zudem haben die sogenannten Streaming-Dienste, zu denen auch beispielsweise Netflix gehört, bei den 14- bis 29-Jährigen mittlerweile die Nase vorn, was den Fernsehkonsum angeht. Und nicht zu vergessen: Quotendruck gibt es diesmal nicht, denn Amazon wie Netflix veröffentlichen keine Zuschauerzahlen. Winger: „Auch mal nicht schlecht, sich darum keinen Kopf machen zu müssen.“

 Auf Deutschland 83 folgt Deutschland 86: Die Fortsetzung hat acht Teile und ist bei Amazon Prime zu sehen. Foto: Ufa GmbH

Auf Deutschland 83 folgt Deutschland 86: Die Fortsetzung hat acht Teile und ist bei Amazon Prime zu sehen. Foto: Ufa GmbH

Foto: TV/Ufa GmbH

Und auch nicht um die nächste Staffel: Deutschland 89 ist längst in trockenen Tüchern.

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