"Es gibt auch ein Leben nach Dieter Wilhelm"

Daun · Nach zwölf Jahren an der Spitze des Gewerbe- und Verkehrsvereins (GVV) hat Dieter Wilhelm sein Amt zur Verfügung gestellt. Nicht Knall auf Fall, schon im Frühjahr 2016 hatte er seinen Abschied für den Herbst angekündigt, auch nicht im Unfrieden mit seinen Vorstandskollegen, nein, "ich wollte mich einfach nicht mehr auf Zwischenlösungen einlassen, sondern das, was ich im März verkündet habe, konsequent umsetzen", sagt der 69-Jährige.

 Gemeinsam haben sie viel ins Rollen gebracht: Dieter Wilhelm (rechts) und sein Nachfolger als Gewerbevereinsvorsitzender, Wolfgang von Wendt. TV-Foto/Archiv: Stephan Sartoris

Gemeinsam haben sie viel ins Rollen gebracht: Dieter Wilhelm (rechts) und sein Nachfolger als Gewerbevereinsvorsitzender, Wolfgang von Wendt. TV-Foto/Archiv: Stephan Sartoris

Foto: (e_daun )

Daun. Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund zieht der gebürtige Saarländer Dieter Wilhelm Bilanz, blickt aber auch in die Zukunft der Einkaufsstadt Daun. Herr Wilhelm, Hand auf Herz, waren Sie seit Ihrem Abschied vom Amt wirklich nicht auf der Geschäftsstelle oder haben hinter den Kulissen weiter nach einem Nachfolger gesucht? Dieter Wilhelm: Entweder richtig oder gar nicht: Diesem Prinzip folgend habe ich mich wirklich komplett rausgezogen und alles, was den GVV angeht, beendet. Sonst hätte womöglich meine Glaubwürdigkeit Schaden genommen, nach dem Motto ,Sagt, er hört auf, mengt sich aber noch in vieles rein‘. Mir tut Geschäftsführer Wolfgang von Wendt allerdings etwas leid, denn auf seinen Schultern lastet ja nun noch mehr Verantwortung und Arbeit als zu der Zeit, als wir vieles gemeinsam vorangebracht und entschieden haben. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, es habe Krach im GVV-Vorstand gegeben, was Sie dazu veranlasst habe, etwas früher als anders geplant von Bord zu gehen. Wilhelm: Das stimmt nicht. Natürlich gab es über die Jahre unterschiedliche Auffassungen, und es ist ja schon seit Jahren bekannt, dass ich in Sachen Verkehrssituation am Arensberg eine andere Meinung habe als einige meiner Vorstandskollegen. Aber das wäre nie ein Grund gewesen, den Vorsitz niederzulegen. Ich habe meinen Worten Taten folgen lassen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es hätte doch auch nichts gebracht, wenn ich mich noch mal für ein halbes Jahr hätte breitschlagen lassen. Mein Entschluss stand fest, und den habe ich umgesetzt. Es gibt also ein Leben nach dem GVV? Wilhelm: Was viel wichtiger ist: Es gibt ein Leben für den GVV nach Dieter Wilhelm. Auch wenn das Amt des Vorsitzenden vakant ist, geht es ja trotzdem weiter, auch dank des großen Einsatzes von Wolfgang von Wendt. Die Liste der Dinge, die Sie als Vorsitzender nicht erreicht haben, ist ja nicht allzu lang, aber ganz oben steht: Die einheitlichen Öffnungszeiten am Samstag waren nicht durchzusetzen. Wilhelm: In der Tat, das habe ich nicht hingekriegt, obwohl ich wirklich viel Überzeugungsarbeit geleistet habe. Aber letztlich konnte und wollte ich die Kollegen nicht dazu zwingen, da muss jeder für sich selbst entscheiden. Wie fällt Ihre Bilanz grundsätzlich aus? Wilhelm: Ich denke, es waren zwölf gute Jahre, wir haben viel umgesetzt, was aber ohne langen Atem nicht möglich gewesen wäre. Wir haben dadurch auch große Wertschätzung für unsere Arbeit weit über Daun hinaus erfahren. Wie viele Städte in der Größe Dauns gibt es mit einem Weihnachtsgewinnspiel, bei dem ein Auto für 13 000 Euro der Hauptpreis ist? Die verkaufsoffenen Sonntage laufen seit vielen Jahren super, unsere Aktionen werden gut angenommen, im Gegensatz zu anderen Städten gibt es keine größeren Leerstände. Ich denke, das kann sich sehen lassen. Und wenn Sie Ihren persönlichen Favoriten nennen müssten? Wilhelm: Da brauche ich nicht lange nachdenken. Ich bin froh und stolz, dass es in meinem letzten Jahr als Vorsitzender gelungen ist, das große Fest "Daun spielt" zu veranstalten. Dafür habe ich mich über lange Zeit eingesetzt, und was war die Premiere für ein toller Tag für Daun. Lassen Sie uns in die Zukunft schauen. Der Online-Handel boomt, was zulasten des klassischen Einzelhandels geht. Was überwiegt bei Ihnen: Zuversicht oder Sorgenfalten? Wilhelm: Bei allem, was wir angepackt haben, ging es darum, die Innenstadt attraktiv zu halten, als Ort, wo es Spaß macht, einzukaufen. Ich denke, das ist gelungen, aber wir dürfen uns nicht eine Sekunde darauf ausruhen, dafür ist die Konkurrenz vor allem durch das Internet längst viel zu groß. Wir haben Ansiedlungen auch außerhalb der Innenstadt befürwortet, aber auch darauf geachtet, dass es keine Auswüchse annimmt wie in vergleichbar großen Städten. Sicher hätten wir lieber einen großen Filialisten wie dm in der Stadt gesehen, aber sie wollten dort partout nicht hin. Dann lieber den Drogeriemarkt in der Mehrener Straße und wir behalten Einkaufskraft hier vor Ort, als dass die Leute nach Wittlich oder Gerolstein fahren und dort noch andere Sachen kaufen. Stimmt denn die Mischung im Einzelhandel in Daun? Wilhelm: Meiner Meinung nach ja. Ich sehe nicht, dass etwas fehlt. Von der Versorgung her sind wir gut aufgestellt. Was wir noch forcieren sollten, ist, mehr Gäste, Touristen, nach Daun zu bringen. Aber wer sorgt denn künftig dafür, dass die verkaufsoffenen Sonntage bei bestem Wetter stattfinden? Dafür hat "Lurchi" Dieter Wilhelm bekanntermaßen ja persönlich für garantiert. Wilhelm (schmunzelt): Dazu muss ich ja nicht GVV-Vorsitzender sein. Ich werde weiterhin wie bisher bei Petrus ein gutes Wort einlegen. Extra

Zwar ist er nicht mehr Vorsitzender des Gewerbe- und Verkehrsvereins, aber damit nicht völlig von der Bühne verschwunden. Dieter Wilhelm ist Beigeordneter der Stadt, Marktmeister, Vorsitzender der Kolpingfamilie und macht - obwohl er ein "Zugereister" ist - Stadtführungen. "Langeweile ist glücklicherweise ein Fremdwort für mich", sagt Wilhelm. Dazu trägt auch bei, dass er seinem Hobby Motorsport als Sportwart am Nürburgring nachgehen kann. sts

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