Geldstrafe für Rabeneltern

Daun · Zu einer Geldstrafe ist ein Ehepaar aus dem Landkreis Vulkaneifel verurteilt worden, das seine drei kleinen Kinder in der zugemüllten Wohnung sich selbst überlassen und nur unzureichend verpflegt hat. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, das Sorgerecht wurde den Eltern aber entzogen. Ein weiterer Prozess, bei dem einem Paar vorgeworfen wird, seine Kinder bis zu 50 Mal geschlagen zu haben, wurde vertagt.

Ungeschminkte Realität: Die Verhandlungen am Montagvormittag vor dem Amtsgericht Daun sind nicht gerade das, was man sich unter einem unbeschwerten Start in die neue Woche vorstellt. Auch als Zuhörer nicht.

Ein 41-jähriger Mann und seine 35-jährige Frau (die mittlerweile getrennt leben) sind wegen grober Verletzung ihrer Fürsorge- und Erziehungspflicht gegenüber ihren drei kleinen Kindern jeweils zu 50 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt worden. Das entspreche, so Richter Hans Schrot, den finanziellen Verhältnissen der Angeklagten. Beide sind Hartz-IV-Empfänger.

Vor allem bei der Angeklagten dürfte es damit die nächste Zeit finanziell eng werden, da eine bestehende Strafe von 100 Tagessätzen à zehn Euro mit dem jetzigen Urteil auf insgesamt 125 Tagessätze à zehn Euro aufgestockt wurde. Die vorherige Strafe hat sie erst kürzlich aufgebrummt bekommen, weil sie nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Teenagern unter 14 Jahren Pornofilme gezeigt hat.

"Familiäre Situation völlig aus dem Ruder gelaufen"



In seiner Urteilsbegründung führte Richter Hans Schrot aus, dass den Eltern im Sommer 2008 und vermutlich auch schon zuvor ihre "familiäre und häusliche Situation völlig aus dem Ruder gelaufen" sei, und sie auch "heute noch nicht in der Lage sind, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern". Daher sei zu befürworten, dass die heute vier, sechs und zehn Jahre alten Kinder in Heimen und bei Verwandten der Angeklagten untergebracht seien. Das Sorgerecht wurde den Eltern - mit deren Einwilligung - zwischenzeitlich entzogen.

Bei der Beschreibung des Staatsanwalts, wie es in der Wohnung ausgesehen hat, bot sich vor dem geistigen Auge ein erschreckendes Bild, wie man es allerhöchstens aus einschlägigen Fernsehformaten kennt: zu Rumpelkammern verkommene Kinderzimmer, Staub, Dreck und Müll, volle Windeln, benutztes Geschirr mit verschimmelten Essensresten und dazwischen gefährliche Gegenstände auf dem Boden wie Scheren, Messer und Scherben.

Doch nicht nur diese Verhältnisse und der "bestialische Gestank", sondern auch die Tatsache, dass die Kinder Streit und Gewalt zwischen den Eltern mitbekamen, haben laut Staatsanwaltschaft zu "Entwicklungsstörungen" und einer "traumatischen Wirkung" bei den Kindern geführt. Die Angeklagte gestand und sagte: "Ich habe einen riesengroßen Fehler gemacht, den ich äußerst bereue." Während sie das Urteil "wahrscheinlich annehmen" wird, will ihr Noch-Ehemann in Berufung gehen. Er hatte auf einen Pflichtverteidiger gepocht - auch dann noch, als ihm Richter Schrot erklärt hatte, dass er keinen Anspruch darauf habe (siehe Extra).

In dem anderen Prozess, in dem einem arbeitslosen und mittlerweile getrennt lebenden Ehepaar vorgeworfen wurde, seine vier kleinen Jungs im Alter von heute vier bis sieben Jahren von Sommer 2006 bis Anfang März 2009 körperlich misshandelt zu haben, beantragte der Staatsanwalt dagegen ausdrücklich die Einsetzung eines Pflichtverteidigers für den Angeklagten. Dem 35-jährigen Mann wird zur Last gelegt, in 45 Fällen seine Kinder geschlagen zu haben - und zwar mit der Hand und mit einem Stock. Bei einer Verurteilung droht ihm mehr als ein Jahr Freiheitsentzug. Auch die Mutter soll in mindestens drei Fällen auf ihre Kinder eingeschlagen haben.

Richter Hans Schrot vertagte die Verhandlung, weil sich die Angeklagten kaum zur Sache äußerten und noch mindestens eine weitere Zeugin gehört werden soll. Für den Fall, dass auch das keine Aufhellung bringt, schloss er auch nicht aus, dass ein Kind oder zwei Kinder in den Zeugenstand gerufen werden. Sein Appell an die Eltern: "Bislang haben ich keines der Kinder vorgeladen, um ihnen die Belastung zu ersparen. Vielleicht überlegen Sie sich ja noch mal, inwiefern Sie nicht doch zu den Vorwürfen Stellung nehmen wollen."

Extra

Nicht jeder Angeklagte hat das Recht auf einen Pflichtverteidiger. In der Regel wird der erst gewährt, wenn es wegen der Schwierigkeit der Materie geboten erscheint oder wenn dem Angeklagten mindestens ein Jahr Freiheitsentzug droht. Eine Strafe von zehn Tagessätzen à zehn Euro liegt deutlich darunter. Sie entspricht in etwa zwei Monaten Freiheitsentzug. Die exakte Regelung schreibt Paragraf 140 der Strafprozessordnung vor. Keine Rolle in dieser Frage spielen jedoch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten. Der Pflichtverteidiger wird vom Staat bezahlt. Im Falle einer Verurteilung werden dem Angeklagten die Verfahrenskosten auferlegt. Ist der Angeklagte jedoch zahlungsunfähig, muss er keine Gebühren erstatten. (mh)

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