"Ich würde es jederzeit wieder machen"

Daun · Heinz-Peter Thiel (parteilos) steht schon in den Startlöchern, aber für etwas mehr als eine Woche steht Heinz Onnertz (parteilos) noch an der Spitze des Kreises Vulkaneifel. Für die Zeit danach macht er sich keine Sorgen: Besonders freut er sich darauf, mehr Zeit für die Familie zu haben.

Daun. Ostern ist für Heinz Onnertz in diesem Jahr ein besonderes Datum: Ostersonntag, 31. März, ist sein letzter Tag als Landrat des Kreises Vulkaneifel. Nach fast 14 Jahren verlässt er die Kreisverwaltung und geht in den Ruhestand. Im Interview mit dem Trierischen Volksfreund bilanziert er seine Amtszeit.

Ab Ostermontag ist der Landrat Heinz Onnertz Geschichte. Was plant denn der Privatier Heinz Onnertz für den Ruhestand?

Heinz Onnertz: Der Privatmann Heinz Onnertz wird viel über der Vulkaneifel fliegen, Fahrrad fahren, vor allem mit dem Tandem unterwegs sein, das meine Frau und ich uns gekauft haben. Die Familie grundsätzlich, vor allem aber meine drei Enkel werden mehr von mir haben. Das ist in den vergangenen Jahren definitiv zu kurz gekommen.

Wie geht es Ihnen momentan? Sie haben ja im vergangenen Jahr bei der Ankündigung, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen, auch gesundheitliche Gründe angeführt.
Onnertz: Mit geht es wirklich prima. Ich hatte vor zwei, drei Jahren eine verschleppte Herzmuskelentzündung, die mich einige Zeit außer Gefecht gesetzt hat. Ich spiele heute wieder Fußball und Tennis ohne Bedenken. In der zweiten Jahreshälfte 2011 und der ersten Hälfte 2012, als ich massiv unter Beschuss genommen wurde, und es nur noch darum ging, mich als Landrat abzusägen, ging es mir wirklich dreckig, physisch und körperlich. Da habe ich extrem unter Schlafmangel gelitten und einfach so, ohne meine Essgewohnheiten zu ändern, zehn Kilo abgenommen. Ich bin froh, mich für den vorzeitigen Ruhestand entschieden zu haben, vor allem auch mit Blick auf meine Familie, an der die Geschehnisse ja auch nicht spurlos vorübergegangen sind.

Es gab aber doch auch schöne zwischenmenschliche Erfahrungen in fast 14 Jahren, oder?
Onnertz: Unzählige, aber besonders in Erinnerung habe ich die, wenn mich Leute spontan angesprochen und mich für etwas gelobt haben. Bürger, die ich oft gar nicht gekannt habe.

Haben Sie überhaupt schon ein Gefühl dafür, in Kürze Pensionär zu sein?
Onnertz: Das Gefühl habe ich eigentlich seit dem Tag, an dem ich beschlossen habe, aufzuhören. Ich komme gut zurecht damit und habe auch keine Bedenken, künftig Langweile zu haben. Wobei: Ich scheide aus dem Amt zu einem Zeitpunkt, an dem es spannend wird.

Wie meinen Sie das?
Onnertz: Wir stehen bezüglich der Kommunal- und Verwaltungsreform vor ganz großen Herausforderungen, und das nicht nur für die Verbandsgemeinden Obere Kyll und Hillesheim, sondern auch für den gesamten Kreis. Klar ist: 2014 wird sich das Land der Kreise annehmen.

Seit Jahren favorisieren Sie das Modell, dass sich die Verbandsgemeinden auflösen und dem Kreis anschließen. Im Kreistag fand sich dafür keine Mehrheit, und auch in Mainz haben Sie nicht so viele Fürsprecher wie gehofft gefunden, oder?
Onnertz: Weit gefehlt. Aber schauen Sie sich die Konstellation an: Die Riege der Verbandsgemeinde-Bürgermeister ist im Gemeinde- und Städtebund organisiert, eine mächtige Lobby, mit der die Landesregierung derzeit keinen Streit vom Zaun brechen will. Aber das heißt nicht, dass es in Mainz keine Befürworter für mein Modell gibt. Ich habe bereits 2005 erklärt, dass wir eine Verwaltungsebene zu viel haben, und es gibt immer mehr, die meine Auffassung teilen.

Was versprechen Sie sich denn von der Auflösung der Verbandsgemeinden?
Onnertz: Ich persönlich sehe keinen Nachteil darin, wenn die Verbandsgemeinden von ihren derzeitigen Aufgaben, die aus meiner Sicht überschaubar sind, entbunden würden. Das würde große personelle Ressourcen freisetzen, ohne dass den Bürgern dadurch ein Nachteil entstehen würde. Und es würde viel Geld gespart.

Erwarten Sie ernsthaft, dass sich dafür nach Ihrer Amtszeit eine Mehrheit findet?
Onnertz: Ja, wenn die Bürger die Chance bekommen, alle Varianten präsentiert zu bekommen. Das Land hat ja nun erklärt, mit Entscheidungen zu warten, bis die Bürgerforen zur Kommunal- und Verwaltungsreform in den Verbandsgemeinden im Kreis vorbei sind - mit besonderem Blick auf das an der Oberen Kyll. Und die Ortsbürgermeister sollten sich meiner Meinung nach ernsthaft überlegen, ob sie wirklich auf Dauer und wie bisher zwei Ebenen unterhalten wollen, in dem sie Umlage an den Kreis und die jeweilige VG zahlen. Wer fährt als Privatmann schon zwei Autos, wenn er sich nur eines leisten kann?

Würden Sie Genugtuung empfinden, wenn Ihr Modell Realität würde?
Onnertz: Genugtuung wäre das falsche Wort. Ich wäre froh, weil ich es für sinnvoll halte. Und es wäre sicher nicht schlecht, wenn der Kreis Vulkaneifel als Modellprojekt für Rheinland-Pfalz von der Landesregierung auserkoren würde. Schließlich waren wir das in Sachen Jobcenter schon einmal. Für den Fortbestand des Kreises wäre das sicher auch nicht von Nachteil.

Haben Sie schon Bilanz gezogen oder kommt das erst ab dem 1. April?
Onnertz: Ich habe schon vor geraumer Zeit angefangen, aufzuräumen, und dabei vieles gefunden, was ich nicht einfach entsorgen wollte. Deshalb habe ich meine Gedanken dazu aufgeschrieben, und siehe da, zwischenzeitlich sind schon fast 200 Seiten an Notizen dabei rausgekommen.

Sie veröffentlichen Ihre Memoiren?
Onnertz: Memoiren nicht, aber vielleicht Notizen zur Landratszeit. Darüber wird in der Familie noch diskutiert. Frau und Kinder sind der Auffassung: Es ist schön, dass ich es aufgeschrieben habe, aber ich sollte es möglichst für mich behalten.

Werden Sie diesem Rat folgen?
Onnertz: Ich kann mir eine Veröffentlichung durchaus vorstellen.

Eine Idee für einen Titel?
Onnertz: Das ist nicht schwer: 13 /.

Wie viel Raum würde denn die CDU in den Erinnerungen von Heinz Onnertz einnehmen?
Onnertz: Das weiß ich nicht, aber sie hat meine Amtszeit natürlich stark beeinflusst. Schon vor meiner ersten Kreistagssitzung habe ich ein Schreiben der VG-Bürgermeister, damals noch allesamt von der CDU, bekommen. Ich solle mich entschuldigen für bestimmte Äußerungen, sonst sei eine Zusammenarbeit nicht möglich. In der Tendenz ist es so weitergegangen. Ganz ehrlich: Eine echte Chance auf eine vernünftige Zusammenarbeit haben mir die CDU und die CDU-Bürgermeister während der ganzen Zeit nicht gegeben.

Haben Sie jemals bereut, sich entschlossen zu haben, den Richterstuhl gegen den des Landrats getauscht zu haben?
Onnertz: Ich sage aus voller Überzeugung und trotz schwieriger Phasen: Ich würde es jederzeit wieder machen. Ich gehe erhobenen Hauptes, es ist ja nicht so, als sei ich aus dem Amt ,geprügelt‘ worden. Unter dem Strich steht für mich fest: Es war eine schöne Zeit.

Da müssen wir nachhaken: Wie viel hat denn der Landrat Heinz Onnertz dazu beigetragen, dass die politische Atmosphäre im Kreistag teilweise völlig vergiftet war? Attestieren Sie sich selber ein Stück Sturheit, wenn nicht sogar Überheblichkeit?
Onnertz: Schwierig zu beantworten. Ich räume aber ein: Es gab Gelegenheiten, bei denen in meinen Äußerungen eine gewisse Überheblichkeit mitgeschwungen hat, den Vorwurf habe ich nicht nur von Ihnen gehört. Es waren aber auch immer Situationen, in denen Demut zu zeigen echt schwer gewesen wäre.

Ihre größte Errungenschaft in knapp 14 Jahren?
Onnertz: Wahrscheinlich erwarten Sie, dass ich jetzt die Umbenennung des Kreises, die Sanierung der Schulen oder Ähnliches nenne, aber ich habe etwas anderes, was mich besonders freut. Meiner Einschätzung hat nach ist die Denke der Menschen in der Vulkaneifel modifiziert worden. Es gibt nicht mehr nur eine Meinung, die gilt, nicht mehr nur eine Partei, die den Ton angibt, es ist nicht mehr selbstverständlich, dass relevante Posten von CDU-Leuten besetzt sind. Ich erlebe, dass es heute eine größere Pluralität der politischen Meinungen gibt.

Blick voraus: Bekommt Ihr Nachfolger Heinz-Peter Thiel eine Chance von der CDU?
Onnertz: Davon gehe ich aus. Es gibt einen Neuanfang, viele der Animositäten werden weg sein, da sie nur gegen meine Person gerichtet waren. Und schließlich mussten CDU und BUV auch spüren, dass ihnen die permanenten Attacken gegen mich auch selbst geschadet haben. Denn viele Bürger haben das missbilligt.

Zum Schluss noch ein besonderes Thema: Ihr Verhältnis zu Ihrem ehemaligen Förderer und früheren Freund Peter Lepper. Es gab doch eine Freundschaft, oder?
Onnertz: Ich kannte ihn schon vor 1999, und es gab in der Tat eine aus meiner Sicht persönliche Freundschaft. Wir haben viele schöne Dinge miteinander erlebt. Umso bedauerlicher ist es, dass diese Freundschaft im Zuge der politischen Auseinandersetzungen kaputt gegangen ist. Warum es so gekommen ist, kann ich mir immer noch nicht so recht erklären. Ob wir nicht genug miteinander gesprochen haben, keine Ahnung. Schade, aber es ist sicher ein Beispiel für die dunklen Seiten der Politik.

Haben Sie noch ein paar gute Tipps für Ihren Nachfolger?
Onnertz: Ich wünsche ihm Gelassenheit und Dankbarkeit, in diesem Haus arbeiten zu dürfen. Mit den Leuten in dieser Verwaltung arbeiten zu dürfen ist eine Gnade. Mir hat es jedenfalls einfach Spaß gemacht!
Extra

 1999: Heinz Onnertz (parteilos, rechts) tritt die Nachfolge von Landrat Albert Nell (CDU) an. Foto: Archiv/Hans Jürgen Sittig

1999: Heinz Onnertz (parteilos, rechts) tritt die Nachfolge von Landrat Albert Nell (CDU) an. Foto: Archiv/Hans Jürgen Sittig

Heinz Onnertz ist 63 Jahre alt und stammt aus Neuss. Er wohnt in Daun-Neunkirchen, ist verheiratet, hat vier Kinder und drei Enkel. Der Jurist arbeitete von 1983 an als Richter am Amtsgericht Daun, dessen Leitung er 1994 übernahm. 1999 wurde er von SPD, FWG und Grünen als Landratskandidat nominiert und setzte sich bei der Wahl gegen den CDU-Bewerber Herbert Schneiders durch. 2007 wurde er im Amt bestätigt und siegte gegen den CDU-Kandidaten Gordon Schnieder. Mitte vergangenen Jahres hatte er bekanntgegeben, zum 31. März 2013 vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. Seine Amtszeit hätte noch bis 2015 gedauert. Sein Nachfolger wird Heinz-Peter Thiel. Der 50 Jahre alte Mürlenbacher setzte sich bei der Landratswahl im Dezember 2012 deutlich gegen den CDU-Bewerber Frank Bender durch. Am Freitag, 22. März, bekommt er von Innenminister Roger Lewentz in Daun seine Ernennungsurkunde als neuer Landrat. Amtsantritt ist am 2. April. sts

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