Jeder vierte könnte fehlen

GEROLSTEIN. Der Rückgang der Bevölkerungsdichte beeinflusst immer mehr die Entscheidungen der Kommunen. Kleinste Kindertagesstätten (Kita) wie im Stadtteil Büscheich könnten schon nächstes Jahr vor dem Aus stehen. Die Grundschule (GS) Neroth muss eventuell über die Zusammenlegung von Klassen nachdenken. Dagegen muss für immer mehr Senioren gesorgt werden.

"Es ist bitter, aber es wird so kommen. Man muss auch den Mut haben, eine Kita zu schließen, wenn es nicht mehr geht", sagt Bürgermeister Matthias Pauly (CDU). Schon im nächsten Jahr könnten nur noch sieben Kinder die Kita Büscheich besuchen. Grund: Im Kita-Jahr 2002/03 wurde nur ein Kind im Einzugsbereich geboren und im Jahr 2003/04 gar keines.Mehrere Jahrgänge in einer Klasse

Nach Prognosen wird die Altersgruppe der Sechs- bis Zehnjährigen in der Verbandsgemeinde Gerolstein bis 2013 um sechs Prozent, die der Zehn- bis 16-Jährigen um 21 Prozent sinken. Das macht sich auch in den Schulen bemerkbar. Pauly erklärt: "Der Trend kommt bei den Schulen etwas versetzt an. Die Zahlen an den zwei Grundschulen in Gerolstein gehen zurück. Es ist allerdings schwer abschätzbar, wie sich das Anmeldeverhalten für die Ganztagsschule entwickelt." Für die Grundschule Neroth kann Pauly sich vorstellen, dass in einigen Jahren "altersübergreifende Klassen gebildet werden". Er verspricht: "Wir werden alles tun, um den Standort zu erhalten." Nach Prognosen des statistischen Landesamts wird bis 2050 die Einwohnerzahl im Kreis Daun um bis zu 15 Prozent sinken. Die Projektgruppe Bildung und Region, die den Schulentwicklungsplan für den Kreis Daun erstellt hat, prognostiziert dem Gerolsteiner Land einen Rückgang der Einwohnerzahl bis 2032 um 23 Prozent (von derzeit 15 864 auf 12 219 Einwohner). Viele Zahlen, viele Vermutungen und viele Gremien, die sich in diesem Monat mit der demografischen Entwicklung beschäftigen. Der Jugendhilfeausschuss berät am 7. März über dem Kita-Bedarfsplan, der VG-Rat Gerolstein am 8. März über den Schulentwicklungsplan und der Kreistag am 14. März über die demografische Entwicklung auf Kreisebene. Im Kreis Daun starben seit 2000 jährlich etwa 200 Menschen mehr, als geboren wurden. In den 15 Jahren zuvor hält sich die Statistik die Waage. Interessant ist die Wanderungsstatistik der Fort- und Zuzüge über die Kreisgrenze. Zogen 2003 noch 223 mehr Menschen ins Kreisgebiet, als weggingen, so zeigt sich 2004 schon ein Defizit von 102 Einwohnern. Ist die Region nicht mehr attraktiv genug? Für etliche Orte im Gerolsteiner Land sieht Pauly trotz der düsteren Prognosen gute Chancen auf eine positive Entwicklung. Er sagt: "Wir bilden von Trier nach Köln eine wichtige Achse. Die Bahnanbindung wird eine ähnliche Rolle wie die Autobahn spielen." Orte mit Bahnanschluss würden es leichter haben. Für Dörfer, die direkt an der Autobahn liegen, sieht der Bürgermeister nicht automatisch größere Vorteile: "Das ist auch eine Frage der Lebensqualität. 15 Minuten zur Autobahn hin statt den Lärm und die hohe Frequenz unmittelbar vor der Tür können den Ausschlag für ein entfernter gelegenes Baugrundstück geben." Noch stehe die Verbandsgemeinde Gerolstein der Ausweisung von Neubaugebieten positiv gegenüber. Allerdings sollten die Ortskerne davon nicht beeinträchtigt werden. Allerdings sieht Pauly die Verbandsgemeinde nicht in der Lage, für Firmenansiedlungen geldwerte Anreize zu schaffen. Die Positionierung müsse über Werte wie die verlässliche Arbeitskraft des Eifelers und dessen innovatives Leistungsbewusstsein erfolgen. Momentan würde es bundesweit eine Verzerrung durch unterschiedliche Subventionssätze in Ost- und Westdeutschland geben. Beim Wirtschaftsfaktor Tourismus setzt Pauly auf Senioren-Freundlichkeit. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass es immer mehr Senioren und immer mehr Pflegebedürftige geben wird", erklärt der Bürgermeister. Darauf müssten die baulichen Einrichtungen etwa an Sehenswürdigkeiten ausgerichtet werden. Die Verwaltung könne auch dem Einzelhandel einige Anstöße geben, beispielsweise für ein größeres Hol- oder Bring-Service-Angebot.

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