"Kaum unter einen Hut zu bringen"

DENSBORN. Ein Prozess vor dem Trierer Landgericht sorgt für bundesweites Interesse. Gewässerschützer Peter Neu hat behauptet, das Kleinwasserkraftwerk in Densborn sei eine "Fischhäckselanlage". Der Betreiber der Anlage, Richard Kail, will ihm diese Aussage verbieten lassen. Morgen soll es zum Urteilsspruch kommen.

Die Brisanz liegt schon in den Parteien vor Gericht und deren "Hintermänner" begründet. Obwohl sich bei dem Zivilprozess – mit Kail als Kläger und Neu als Beklagtem – zwei Privatpersonen gegenüber stehen, sind es quasi zwei Bundesorganisationen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Kail ist Vorsitzender der Arbeitskreise Wasserkraftwerke Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland und gehört so zum Vorstand des Bundesverbands Deutscher Wasserkraftwerke. Für Neu hat der Verband Deutscher Sportfischer den Rechtsschutz übernommen. Außerdem ist der 50-Jährige Kommissar beim Umweltdezernat der Kripo Wittlich. Weit liegen die beiden Parteien im Thema und beim Umgang mit den Medien auseinander. Neu gibt bereitwillig Auskunft, während Kail die TV-Anfrage unbeantwortet lässt. Obwohl es ein öffentliches Verfahren ist, meint Kail: "Das geht die Öffentlichkeit nichts an, und vor dem Urteil will ich darüber nichts in der Zeitung lesen." Skandalbeispiele aus der Region angeprangert

Neu hatte im Dezember 1997 gemeinsam mit Herbert Schneider, Fischereibeauftragter des Kreises Bitburg-Prüm, für die damalige Bezirksregierung Trier ein Wehrkataster von der Kyll angefertigt. Neu: "Der damalige Betreiber, die RWE Power AG, hatte am Rechen (Gitter vor den Turbinen), unterhalb des Wasserspiegels, jeden zweiten Stab entfernt, so dass ein Abstand von 8,5 Zentimeter entstand." So sei mehr Wasser in die Turbinen gekommen, aber auch "unzählige Tonnen Fische gehäckselt worden". Mit Fotos dokumentierte er die Beobachtungen. 2003 stellte das Trio Neu, Schneider und Arnold Mai aus Irrel die Seite "gewaesserschutz-eifel.de" ins Internet. Mai: "Ich bin der Inhaber der Domain und wir haben mehrere Skandalbeispiele aus der Region angeprangert. Aber nicht anonym, jeder von uns steht dahinter." "Lukrative und risikofreie Geldanlage"

Weil Neu für Densborn zuständig war, trifft ihn nun die Unterlassungsklage. Schneider sagt: "Kail und sein Verband wollen speziell Kritiker von Kleinwasserkraftwerken mit horrenden Ordnungsgeldern mundtot machen. Für ihn ist Densborn eine lukrative und risikofreie Geldanlage." Kail, der seit März 2003 Eigentümer der Anlage in Densborn ist und den Rechen ausgetauscht hat, fordert von Neu, wenn er weiter die Behauptungen kundtut, 250 000 Euro Ordnungsgeld. Doch davon ließ sich der Gewässerschützer nicht abschrecken. Es kam zum Zivilprozess vor dem Landgericht Trier. Nach etlichen Verhandlungstagen soll morgen, Dienstag, das Urteil gefällt werden. Während des Prozesses behauptete Kail zunächst, die Fotos seien manipuliert, später argumentiert er, sie seien während eines Fischsterbens an der Kyll entstanden. Neu hielt mit Schreiben von mehreren Behörden, dagegen, dass es in diesem Zeitraum garantiert kein Fischsterben gegeben habe. Kail behauptet im Klageantrag: "Keinesfalls sind die Fische durch die Turbinen verletzt oder getötet worden." Diethelm Schumacher, Fischereibeauftragter des Kreises Daun und am Prozess nicht beteiligt, sagt auf TV-Anfrage: "Ich schließe mich der Meinung meines Kollegen aus dem Nachbarkreis an. Energienutzung und Fischerei lassen sich an der Kyll kaum unter einen Hut bringen." Heinz Günster, Vorsitzender des Landesfischereiverbands, geht noch weiter: "Alles, was passiert ist, ist bekannt und somit vorsätzlich gewesen. Wenn für solche Undinge noch Subventionen gewährt werden, ist das aus unserer Sicht bedenklich." Die toten oder angeschlagenen Fische hinter den Turbinen würden die Leute meist nicht sehen und deshalb würde das Thema kaum öffentlich. Vor der Densborner Anlage haben die Fische, sagt Neu, keine Chance, dem Sog in die Turbinen zu entkommen. Die Fischtreppe im Kylllauf sei nicht funktionsfähig. Außerdem sei vor dem Wehr ein großes Areal im Flussbett betoniert – ein weiteres Hemmnis für wandernde Fische. Sobald der Prozess beendet ist, soll die Seite www.gewaesserschutz-eifel.de wieder freigeschaltet werden.

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