Knöpfe, Knochen, Kronen

ÜXHEIM. 40 Jahre lang war Peter Heintz Totengräber und Friedhofswärter der Großgemeinde Üxheim. Der 71-Jährige kann viele traurige, kuriose und auch lustige Anekdoten aus dieser Zeit erzählen.

Gräber, Leichen, Särge als Routine? Ganz zu schweigen vom makabren Image eines Totengräbers. Peter Heintz gibt sich auch nach vier Jahrzehnten keineswegs abgebrüht, lediglich gelassen. Der ehemalige Forstwirt sagt: "Meine Einstellung zum Tod hat sich schon geändert, in realistischer Weise, und meine Arbeit als Totengräber hat meinem Ruf nicht geschadet." Vielmehr hätten die trauernden Angehörigen oft um Rat gefragt. Mal ging es um die Zeremonie, mal ums Grab, mal um die Sargauswahl.Mit heißem Salzwasser gefrorene Erde aufgetaut

487 Tote wurden in den vergangenen 40 Jahren auf dem Üxheimer Friedhof beerdigt. "Und davon habe ich 480 Gräber von Hand ausgehoben", rechnet Heintz vor. Bei Wind und Wetter. Der 71-Jährige erinnert sich: "Wenn es sehr stark gefroren hatte, habe ich die Erde mit Unmengen heißem Salzwasser aufgetaut, damit ich graben konnte." Wegen des schweren lehmigen Bodens habe man mit einem Spaten nichts erreichen können. Kraftvolle Handarbeit mit einer neunzinkigen Kiesschaufel und einer Spitzhacke war gefragt. Im Laufe der Zeit wurden Grabstellen zum zweiten Mal belegt. "Anfangs war es unangenehm, wenn ich einen Schädel oder Knochen fand", schaut Heintz zurück. Die Skelettteile wurden im neuen Grab unter der Bodensohle wieder eingebettet. Während der Grabung habe er auch schon mal einen Metallgriff eines Sarges gefunden, weil das Holz schon lange verrottet war. Und wie sah es mit Juwelen aus? Für die Toten ist ja bekanntlich nur das Beste gut genug. Heintz schüttelt grinsend den Kopf: "In der Eifel gibt es keine Verhältnisse wie im alten Ägypten, aber ein Gebiss mit Goldzähnen war schon mal drin." Darüber wurde auch schon mal in der Karnevalsbütt gefrotzelt. Heintz sagt: "Die wussten, dass ich das vertragen kann." Auch in der Kneipe habe er auf Anspielungen immer humorvoll reagiert. Einmal habe ein Gast, der zu Hause Ärger hatte, sein Grab im Suff anzahlen wollen. Einem anderem, der Zank mit seiner Ehefrau hatte, versprach Heintz scherzhaft: "Frauen vergrab ich eh tiefer als Männer." Zu den regelmäßigen Fundstücken gehörten auch die Knöpfe der Totenhemden. "Und die hab ich dir dann als Ersatz an dein Hemd genäht", neckt ihn Ehefrau Marianne. Das Ehepaar Heintz hat im Laufe der Zeit die richtige Mischung im Umgang mit dem Tod gefunden. Marianne Heintz hat ihren Ehemann während der 40 Jahre stets unterstützt und sich oft um die Reinigung der Leichenhalle gekümmert. Heintz hat als Friedhofswärter das gesamte Areal in Schuss gehalten: 170 Meter Hecke geschnitten, Wege und Bürgersteig gefegt. Das Vorbeten des Rosenkranzes will der passionierte Sänger im Kirchenchor und Gesangsverein weiterhin bestreiten. Als besonders bewegend beschreibt er die Beerdigungen von Kindern oder jungen Unfallopfern. Heintz erklärt: "Ich habe ja alle gekannt, für die ich ein Grab ausgehoben habe." Auch wusste er um die Bedeutung der Beerdigung für die Angehörigen. Während die Trauergemeinde beim Beerdigungskaffee war, hat Heintz die Gräber geschlossen und geschmückt. Er sagt: "Dabei habe ich immer auf die Rangordnung der Kränze und Schalen geachtet." Urnengräber sind auf dem Üxheimer Friedhof noch eine Seltenheit. Für Heintz, der wie kein anderer über Beerdigungen Bescheid weiß, kommt kein Urnengrab in Betracht. Der 71-Jährige meint mit Blick auf sein eigenes Begräbnis: "Ich will ganz traditionell beerdigt werden."

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