Infrastruktur Schweres Gerät statt schnittiger Boliden

Nürburgring · Die derzeit laufenden Bauarbeiten auf der Nordschleife des Nürburgrings sind die umfangreichsten seit mehr als 40 Jahren.

 Auch auf dem Streckenteil Ex-Mühle der traditionsreichen Nordschleife rollen die Bagger. 

Auch auf dem Streckenteil Ex-Mühle der traditionsreichen Nordschleife rollen die Bagger. 

Foto: TV/Sofia Grillo

An schnelle Rennen ist auf der Nordschleife des Nürburgrings zurzeit gar nicht zu denken. Schweres Gerät, Bagger, Walzen und Lkw haben sich stattdessen auf der Strecke breit gemacht. Die ursprüngliche Fahrbahn ist nicht wiederzuerkennen.

In fünf Streckenabschnitten – Flugplatz/Schwedenkreuz, Kallenhard, Wehrseifen, Ex-Mühle und Hohe Acht – ist sie aufgerissen bis auf die darunterliegende tonige Erde. Auf insgesamt 2,5 Kilometern werden der Asphalt sowie alle darunterliegenden Schichten erneuert. Das Bauprojekt kostet rund vier Millionen Euro und ist das umfangreichste an der Grünen Hölle seit mehr als 40 Jahren.

Das Bild, das die Nordschleife momentan abgibt, wird sicher dem ein oder anderen Super-Fan der legendären Rennstrecke Herzschmerz bereiten, so aufgerissen wie sie sich derzeit präsentiert. „Diese Bauarbeiten sind notwendig, um die Strecke in einem guten Zustand zu halten. Wir packen hier natürlich eine Strecke an, die vielen Menschen heilig ist. Deshalb achten wir auch darauf, dass die Charakteristik der Strecke erhalten bleibt“, sagt Alexander Gerhard, Pressesprecher der Nürburgring 1927 GmbH. Die Besonderheiten der Strecke, also die Kurven, Höhenunterschiede Neigungen und Gefälle werden bei der Sanierung wieder nachgebaut. „Wir ändern nichts, wir erneuern“, verspricht Gerhard.

Am 22. Februar soll alles geschafft sein – ein echtes Mammutprojekt. Um das in der Kürze der Zeit zu stemmen, haben sich die Baufirmen Schnorpfeil (Treis-Karden) und Wurzel (Jülich) zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengetan. Die verschiedenen Streckenabschnitte befinden sich in unterschiedlichen Stadien der Bauschritte. Während beispielsweise an einem Ende des Streckenteils Flugplatz schon die tonige, hellbraune Erde unter der ehemaligen Fahrbahndecke zum Vorschein gekommen ist, wird am anderen Ende der Strecke noch die sogenannte Packlage mit schwerem Gerät aufgebrochen.

Die Packlage wurde beim Bau der Nordschleife von 1925 bis 1927 als unterste Befestigungsschicht im Straßenaufbau verwendet und besteht aus großen, scharfkantigen Basaltsteinen, die sich ineinander verzahnen und die Tragschicht der Rennstrecke bilden.

Die aufgebrochene Packlage wird bei den Bauarbeiten aber keineswegs von der Nordschleife verschwinden. Sie wird in einem sogenannten Kaltrecyclingverfahren aufbereitet. Das heißt sie wird zu einem Granulat verarbeitet. Dieses wird mit Bindemitteln zu einer neuen Tragschicht recycelt und kommt wieder auf die Rennstrecke. „Damit haben wir keine Bauabfälle und müssen keine neuen Materialien in Steinbrüchen abbauen und auf langen Wegen zum Nürburgring transportieren“, sagt ein Bauarbeiter. Sieht man auf der Baustelle den lehmigen Boden, dann sind die Arbeiten schon etwas weiter vorangeschritten als beim Aufbrechen der Packlage. Hier muss der Boden planiert werden, schließlich ist er der Unterbau der gesamten anderen Straßenschichten. Später wird die Erde mit einer Zementschicht stabilisiert.

Fast jedes Jahr werden auf der Nordschleife Streckenabschnitte erneuert. Vergangenes Jahr waren es beispielsweise rund 1,1 Kilometer. „Die Strecke wird regelmäßig begutachtet. Dabei wird festgestellt, was wann gemacht werden muss“, erklärt Gerhard.

Bei den Erneuerungen muss einiges beachtet werden. Der Übergang von altem zu neuem Asphalt liegt beispielsweise nie direkt in einer der zahlreichen Kurven der Nordschleife, sondern nur an geraden Stellen der Strecke. Ein Übergang in Kurven könnten im Rennen durch die Gripunterschiede den Rennfahrern Probleme bereiten, sagt der Pressesprecher. Für den Asphalt gibt es eine besondere Mischung, die bei jeder Erneuerung der Fahrbahn eingesetzt wird. „Die neue Asphaltdecke muss den Rennfahrern einen Grip bieten, der sich in die übrigen Streckenabschnitte gut fahrbar einfügt“, erklärt Gerhard weiter. Sonst wäre die Strecke bald ein Puzzle aus Streckenabschnitten mit verschiedener Griffigkeit, was ein Rennen und auch die zahlreichen Testfahrten der Automobilindustrie ebenfalls erschweren würde.

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