Stiller Protest und harte Worte

Nürburg · Rund 600 Menschen haben am Sonntag im Rahmen eines Familientags ihre Solidarität mit den von Entlassung bedrohten Arbeitnehmern am Nürburgring bekundet. Weil die private Betreibergesellschaft den Ring-Boulevard sperren ließ, fand die Kundgebung in der Nürburger Graf-Ulrich-Halle statt.

Nürburg. In der Graf-Ulrich-Halle herrscht eine bedrückende Stille während der Reden. Viele Ring-Angestellte trauen sich nicht zur Kundgebung. Es sei von Einschüchterungsversuchen die Rede, berichtet der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Licht, Mitglied des Untersuchungsausschusses in Sachen Nürburgring. "Da stellt sich die Frage, was für Menschen diese Pächter sind", sagt Licht.
Innenminister Roger Lewentz wirft er "politischen Offenbarungseid" vor, weil dieser zugibt, dass die Landesregierung nicht den Einblick in die Geschäfte der NAG habe, den sie sich wünschte. "Ich traue weder den Zahlen der NAG noch den Zahlen der Regierung", sagt Licht.
"Wir kämpfen darum, ein langfristiges Konzept für die Arbeitnehmer am Nürburgring zu erreichen", sagt Jürgen Rinke-Oster von der Gewerkschaft Verdi. "Das jetzige Konstrukt stellen wir in Frage, denn es ist kopf- und konzeptionslos. Es kann nicht sein, dass hier Leute entlassen werden, um die eigene Brieftasche zu schonen", sagt der Gewerkschaftssekretär.

Am heutigen Montag findet ein Gespräch zwischen der NAG und Vertretern der Landesregierung statt. "Wir werden als Vertragspartner sehr genau darauf achten, dass die Gegenseite ihre Pflichten wahrnimmt", sagt Innenminister Lewentz. "Mit dem Nürburgring wird Geld verdient, also ist auch ein Zukunftskonzept möglich." Lewentz schlägt allen Beteiligten Gespräche am runden Tisch vor. "Wir werden ganz eng mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft zusammenarbeiten", verspricht der Innenminister.
Oliver Schmitt, stellvertretender Betriebsrat der Ring-Beschäftigten, freut sich über die große Resonanz in der Bevölkerung: "Dass heute so viele Menschen ihre Solidarität mit uns bekunden, stärkt uns ganz klar den Rücken", sagt er. Die Lage am Ring beschreibt er als sehr angespannt. "Uns wurden nicht alle benötigten Unterlagen bereitgestellt um die wirtschaftlichen Kennzahlen zu ermitteln."
Der Nürburger Gemeindepfarrer Klaus Kohnz appelliert an alle Verantwortlichen, glaubwürdig zu bleiben. Er hatte den neuen Nürburgring gesegnet und eingeweiht. "Ich zweifele jetzt an der Wirkung des Segens", ruft er in den Saal. "Ganze Existenzen hängen vom Nürburgring ab. Stellen Sie endlich die Menschen in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen!"
Die nächste Verhandlungsrunde zwischen Betriebsrat und Firmenspitze ist am Mittwoch.Extra

"Das ist eine verzwickte Situation, die dem Ruf des Nürburgrings und der gesamten Region nicht dienlich ist." "Es ist in unserer Region schwer, Arbeit zu finden. Das Beispiel Nürburgring zeigt, wie schwer es ist, Arbeit zu behalten." "Den Betreibern des Rings ist die Würde der Menschen egal. Es freut mich, dass so viele Menschen zur Veranstaltung heute gekommen sind." nowExtra

Die Nürburgring Automotive GmbH (NAG) stellt wieder einmal neue Zahlen in den Raum: Statt 141 sollen nur noch 92 der insgesamt 338 Stellen abgebaut werden. Zurzeit sind 35 Arbeitnehmer aus dem Landkreis Vulkaneifel am Ring beschäftigt. Wegen Besuchermangels sollen Teile des neu erbauten Freizeitparks geschlossen werden - die NAG führt die Fehlkalkulation der zu erwartenden Einnahmen auf geschönte Besucherzahlen zurück, die sie vom Land erhalten habe. Nun soll es betriebsbedingte Kündigungen geben. Derzeit verhandelt die Firmenspitze mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan. now

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