Verbandsgemeinde bleibt auf Flächen sitzen

Die Verbandsgemeinde Hillesheim muss neue Interessenten für bereits reservierte Grundstücke in Wiesbaum suchen. Denn die WKV Direktvertriebsservice GmbH, die sich für den Kauf der Flächen interessiert hatte, hat sich nun doch gegen eine Erweiterung im Gewerbegebiet entschieden. Stattdessen hat sie die Vorausfabrik in Darscheid gekauft.

 Nach dem Absprung der WKV, die sich in Darscheid ansiedelt, wird im Industrie- und Gewerbepark in Wiesbaum ein neuer Käufer für die Erweiterungsfläche (gelb markiert) gesucht. Foto: Higis GmbH

Nach dem Absprung der WKV, die sich in Darscheid ansiedelt, wird im Industrie- und Gewerbepark in Wiesbaum ein neuer Käufer für die Erweiterungsfläche (gelb markiert) gesucht. Foto: Higis GmbH

Daun/Darscheid/Wiesbaum. Die Vorausfabrik (siehe Extra) in Darscheid, die unter Beteiligung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) Vulkaneifel des Kreises 2004 gebaut wurde, hat einen neuen Besitzer. Allerdings ist es nicht die Firma Bimatec Frästechnologie GmbH mit Hauptsitz in Limburg (Hessen), die seit Ende 2009 Mieterin der Gewerbeimmobilie ist.

"Die Vorausfabrik in Darscheid ist verkauft worden", bestätigt die Kreisverwaltung, ohne aber den Namen des Käufers oder den Kaufpreis zu nennen. Käuferin sei ein "kreisangehöriges Unternehmen, das Erweiterungsabsichten hat". Dabei handelt es sich um den im Industrie- und Gewerbepark (IGP) der Verbandsgemeinde Hillesheim in Wiesbaum ansässigen Buchvertriebsservice WKV (Werbung, Kommunikation, Vertrieb). Dessen Chef Volker Wolf begründet die Entscheidung: "In Wiesbaum können wir den personellen und räumlichen Ressourcen wegen des stark wachsenden Umsatzes nicht mehr gerecht werden." Daher sei die Immobilie in Darscheid gekauft worden, wo ein Produktionslager errichtet werden soll. Den Kaufpreis will auch Wolf nicht nennen.

Der IGP hat in Richtung Mirbach für gut eine Million Euro zusätzliche Flächen von 40 000 Quadratmetern erschlossen, von denen die Hälfte eigens für den Bedarf der WKV vorgesehen war. Als Grund für das überraschende Nein zu Wiesbaum sagt Wolf: "Ein Neubau dort hätte uns rund 1,8 Millionen Euro gekostet, die Lösung in Darscheid ist aus ökonomischer Sicht günstiger."

Ende 2009 hatte er noch gesagt: "Die geplanten 22 000 Quadratmeter Fläche werden wir auf jeden Fall noch in diesem Jahr kaufen. Im Frühjahr 2010 fangen wir dann mit dem Bau des Lagers an." Der Bau eines Verwaltungsgebäudes sowie der Umzug in die neuen Räume sollte bis 2012 erfolgen. Noch vor geraumer Zeit hatte Wolf gesagt, dass der Vertragsabschluss "unmittelbar bevorstehe".

Stefan Mertes, Geschäftsführer der für den Wiesbaumer Unternehmerpark zuständigen HIGIS GmbH, macht keinen Hehl aus "einer gewissen Enttäuschung", schließlich sei die Planung nicht zuletzt auf die Bedürfnisse von WKV zugeschnitten worden. Dennoch gibt er sich zweckoptimistisch: "Nun ist das Filetstück des gesamten Gewerbeparks wieder frei." Das werde nun eben verstärkt beworben.

Wann der Schulbuch-Direktvertriebsservice in Darscheid einzieht, ist noch offen. Bis Ende Mai läuft der Mietvertrag von Bimatec. Geschäftsführer Fred Bisgwa hofft aber, "dass wir bis Ende des Jahres bleiben können". Fest steht, dass alle in Darscheid tätigen Mitarbeiter am Stammsitz in Limburg übernommen werden.

Die Entscheidung, die Vorausfabrik nicht selbst zu kaufen, sei aus strategischen Gründen und wegen eines für Bimatec zu hohen Kaufpreises gefallen. Wie hoch, wollte Bisgwa nicht sagen.

Meinung

Abzug auf Raten

Die überraschende Wende von WKV-Chef Wolf in Richtung Darscheid mag kaufmännisch nachvollziehbar sein. Enttäuschend ist sie trotzdem. Sie bestätigt einmal mehr: Wenn's um Geld geht, zählen weder hehre Worte noch Versprechungen, sondern einzig und allein der unterzeichnete und notariell beglaubigte Vertrag. Das Beispiel zeigt auch: Für Kommunen scheint es immer schwieriger zu werden, verlässliche Planungen umzusetzen. Wirtschaftsförderung bedeutet immer auch ein Stück Risiko. Denn ein gewisses Kontingent an erschlossenen Gewerbeflächen muss eine Region vorhalten. Schließlich wollen Interessenten in der Regel sofort loslegen - und nicht erst auf eine einjährige Erschließung warten. Angesichts der guten Lage der nun frei werdenden Gewerbefläche im IGP kann aber davon ausgegangen werden, dass das Areal in absehbarer Zeit verkauft wird. Da Wolf aber auch in anderen Regionen Deutschlands Callcenter aufbaut und betreibt, ist zu befürchten, dass dies erst der Anfang vom WKV-Abzug aus Wiesbaum ist. Und nicht zuletzt wird deutlich, dass das Existenzgründermodell unvollendet und ein Zuschussmodell bleibt. Bislang ist nämlich keine Firma von dort, denen allesamt der Start mit Steuergeld versüßt wurde, weggezogen und hat im benachbarten IGP ein - ebenfalls mit Steuergeldern erschlossenes - Gewerbegrundstück gekauft. Wolf wäre der Erste gewesen. m.huebner@volksfreund.deExtra Bei einer Vorausfabrik handelt es sich um ein Wirtschaftsförderungsmodell des Landes Rheinland-Pfalz. Die Gewerbeimmobilien sind auf junge Firmen zugeschnitten, die das Gebäude einige Jahre anmieten und später kaufen können. Die Baukosten für die Darscheider Vorausfabrik betrugen 2004 rund 700 000 Euro. Je 350 000 trugen die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) des Kreises und das Land. Genutzt wurde sie vom Maschinenbau- und Technologie-Unternehmen DSM Technology GmbH mit zeitweise mehr als 20 Mitarbeitern. Die Firma meldete 2009 Insolvenz an. Die verbliebenen Mitarbeiter und die Maschinen übernahm ein Kunde von DSM, die Bimatec Soraluce Frästechnologie GmbH. Die Firma hatte zwar Interesse am Kauf des Gebäudes für 350 000 Euro signalisiert, aber es nicht gekauft. Der Kaufpreis, den WKV nun zahlt, fließt laut Kreisverwaltung an die WFG.

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