Von Weißrussland bis Thailand

GEROLSTEIN. Dem neuen Zuwanderungsgesetz gemäß, können die Ausländerbehörde und die Sozialabteilung der Kreisverwaltung Zuwanderer und Migranten verpflichten, einen so genannten Integrationskurs zu besuchen. Das galt bisher für 14 Ausländer und 40 Aussiedler. Insgesamt 47 Teilnehmer besuchen solche Kurse bei der Dekra-Akademie in Gerolstein, dem einzigen Anbieter im Kreis Daun und dem Altkreis Prüm.

"Ich konnte in einem Geschäft nur ,guten Tag', ,danke' und ,tschüss' sagen. Das ist nicht genug", sagt Nelly Junussova. Die 26-jährige Kasachin lebt seit fast einem Jahr in Deutschland. Sie hat aus ihrem Heimatland ein "Diplom als Frisörin", aber wegen ihrer fehlenden Deutschkenntnisse bisher in Deutschland keine Arbeit gefunden.Deutsch nur am Arbeitsplatz

Seit dem 17. Mai besucht sie deshalb einen Integrationskurs bei der Dekra-Akademie. Der Sprachkurs sei "sehr interessant", aber mit den Artikeln habe sie nach wie vor große Schwierigkeiten. Junussova: "Warum heißt es ,das Mädchen‘? Es ist doch weiblich, und es heißt ja auch ,die Frau‘." Die Frisörin spricht in ihrer Freizeit fast nie Deutsch. Sie hat einen russischen Ehemann und russische Freunde. Auch sieht sie sich ausschließlich russische Fernsehsendungen an. Andre Löffler, Leiter der Dekra-Akademie, sagt: "Viele sprechen nur am Arbeitsplatz Deutsch." Das ist bei Ali Özlen nach fünf Monaten Integrationskurs anders. Der 26-jährige türkische Kurde sagt: "Ich verstehe jetzt 60 Prozent, kann jetzt deutsches Fernsehen gucken, habe eine deutsche Freundin und gehöre zu einer deutschen Clique." Seit zweieinhalb Jahren lebt er in Deutschland und hat in Köln kurze Zeit als Lagerist gearbeitet. In der Türkei war er neun Jahre lang in einer Textilfabrik beschäftigt. Özlen hat schon Pläne für die Zeit nach dem Integrationskurs: "Ich will im Handwerk oder in der Industrie arbeiten, aber zuerst muss ich den Führerschein machen." Ob er weiterhin in der Eifel bleibt, weiß er nicht. "Das hängt von der Arbeit ab. Wo ich mein Geld verdiene, da werde ich auch wohnen", sagt er. Mitte Mai und Anfang September begannen bei der Dekra-Akademie die Integrationskurse. Die insgesamt 47 Teilnehmer stammen aus elf Nationen. Von Aserbaidschan, Bulgarien, Russland, dem Kosovo bis Thailand. In den Kursen sitzt der iranische Asylant neben der thailändische Ehefrau eines Deutschen oder dem Aussiedler aus Weißrussland. Anfang Dezember wird der dritte Kurs starten. Den ersten Kurs besuchen auch zwei Russlanddeutsche. Löffler: "Das sind klassische Spätaussiedler. Nach der Novellierung des Zuwanderungsgesetzes können auch Angehörige von Spätaussiedlern die Kurse besuchen." Bis Ende 2004 habe es für sie keinen Rechtsanspruch auf einen Sprachkurs gegeben.Jeder zweite Schein "verpflichtend"

Seit Jahresbeginn bekommen die Teilnehmer einen Berechtigungsschein, den entweder die Ausländerbehörde bei der Kreisverwaltung oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Trier ausstellt. Zeitgleich wird eine Liste mit den Kursanbietern im Bundesgebiet ausgehändigt. Innerhalb von zwei Jahren muss der Integrationskurs belegt werden. In der Dauner Kreisverwaltung wurden bisher 28 Scheine von der Ausländerbehörde ausgestellt. Die Hälfte davon mit "verpflichtendem Zusatz". Weitere 40 Aussiedler wurden von der Sozialabteilung zum Integrationskurs mit abschließendem Sprachzertifikat verpflichtet. Heinz-Peter Hoffmann, Pressesprecher der Kreises, erklärt: "Mit dem Kurs werden unsere Bemühungen zur Integration deutlich unterstützt." Knapp 2000 der insgesamt 65 000 Menschen, die im Landkreis Daun leben, sind Ausländer. Wie viele Aussiedler im Kreis leben, ist statistisch nicht erfasst. Die Dekra-Akademie arbeitet eng mit dem Caritas-Migrationsdienst zusammen. Weil die Akademie derzeit der einzige Anbieter von Sprachkursen in der Umgebung ist, besuchen auch Teilnehmer aus dem Altkreis Prüm den Unterricht in Gerolstein. Der Bund bezahlt den Anbietern 2,05 Euro je Teilnehmer und Stunde. Löffler: "Bei maximal 25 Kurs-Teilnehmern sind das gut 50 Euro die Stunde. Davon müssen der Lehrer, die Miete samt Nebenkosten und die Ausstattung wie Computer bezahlt werden."

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