SPD Nahles-Nachrücker bleibt bei „Gesindel“-Vorwurf

Trier · Der umstrittene rheinland-pfälzische SPD-Politiker Joe Weingarten übernimmt das Bundestagsmandat der ehemaligen Parteichefin Andrea Nahles. Das freut längst nicht alle Genossen

 Joe Weingarten sitzt bald für die SPD im Bundestag.

Joe Weingarten sitzt bald für die SPD im Bundestag.

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Seit Mittwoch ist es amtlich: Der aus dem Donnersbergkreis stammende SPD-Politiker Joe Weingarten wird das Mandat der zum Monatsende aus dem Bundestag scheidenden Andrea Nahles übernehmen. „Ich nehme das Mandat an“, sagte der 57-jährige Abteilungsleiter im Mainzer Wirtschaftsministerium unserer Zeitung.

Was für Weingarten selbst nach seinen Worten „eine große Ehre“ ist, dürfte für etliche rheinland-pfälzische Genossen das glatte Gegenteil sein. Seit der promovierte Verwaltungswissenschaftler im vergangenen Jahr Flüchtlinge in drei Gruppen einteilte – Asylsuchende, Arbeitssuchende und „Gesindel“ – ist der 2017 im Wahlkreis Bad Kreuznach an den Start gegangene SPD-Politiker bei nicht wenigen Parteifreunden unten durch. An der Aussage halte er aber weiter fest, sagte Weingarten am Mittwoch unserer Zeitung. „Ich sehe das so.“

Die Bad Kreuznacher Sozialdemokraten veröffentlichten im vergangenen August eine Erklärung, in der  sich Kreisvorstand und Kreistagsfraktion „unmissverständlich“ von Weingarten distanzierten. Wer das Wort „Gesindel“ benutze, bediene sich der Sprache der Rechten und trete sozialdemokratische Einstellungen mit Füßen. Joe Weingarten habe im Wahlkreis Bad Kreuznach „keine politische Zukunft mehr.

 Jan Pauls könnte noch folgen.

Jan Pauls könnte noch folgen.

Foto: picture alliance / dpa/Harald Tittel

Womöglich aber im Nachbar-Wahlkreis Kaiserslautern. Der dortige SPD-Abgeordnete Gustav Herzog hat bereits angekündigt, nicht noch einmal für den Bundestag zu kandidieren. Denkbar, dass Weingarten mit dem Gedanken spielt, dort den nächsten Anlauf als SPD-Direktkandidat zu unternehmen. Er kommentiere solche Spekulationen nicht, sagt Weingarten unserer Zeitung. Ebenso wenig wie die Vorwürfe der Jungsozialisten, die Joe Weingarten am Mittwoch scharf kritisierten. Der SPD-Politiker sei mehrfach durch „menschenverachtende, diskriminierende und rassistische Äußerungen aufgefallen, die mit unserem Verständnis sozialdemokratischer Grundwerte und Politik nicht vereinbar sind“, schimpfte Landesvorsitzender Umut Kurt.

Weingarten verweist darauf, dass er in den zurückliegenden Monaten aus den Reihen der SPD viel Zuspruch erfahren habe, „vor allem von denjenigen, die kein Funktionärsamt innehaben“.

Mit dem Wechsel Weingartens an die Spree hat die neunköpfige rheinland-pfälzische Landesgruppe gleich zwei umstrittene Genossen in ihren Reihen. Der wegen Untreue und Betrugs angeklagte Oppenheimer SPD-Politiker Marcus Held wurde von Parteifreunden schon mehrfach aufgefordert, sein Mandat zurückzugeben – bislang vergeblich.

Sollte nach Katarina Barley und Andrea Nahles ein weiterer rheinland-pfälzischer SPD-Parlamentarier sein Bundestagsmandat vorzeitig zurückgeben, würde der erst 24-jährige Martin Diedenhofen aus dem Kreis Neuwied  nachrücken. Danach folgt auf der SPD-Landesliste der einst per Stellenanzeige gefundene ehemalige Bitburg-Prümer Direktkandidat Jan Pauls.

Der ist nach seiner Niederlage bei der Wahl 2017 inzwischen aber wieder nach Nordrhein-Westfalen zurückgezogen. Für die nächste Bundestagswahl müssen sich daher auch die Eifelkreis-Genossen nach einem neuen Kandidaten umschauen.

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