Serie „Landmarken“, Teil 18 Zwischen Straßenverkehr, Gewerbe, Wohnhäusern und Moselstadion Kraft schöpfen aus der Ruhe
Trier · Serie „Landmarken“: Der Trierer Hauptfriedhof regt zum Nachdenken abseits des Trubels der Stadt an.
Zum Leben gehören bekanntlich nicht nur Trubel und Feiern, auch Momente der Ruhe und des Nachdenkens über die schwierigen Dinge sind wichtig. Manche Orte begünstigen durch ihre Atmosphäre solche Gedanken, einer davon ist der Hauptfriedhof in Trier. Wie eine Insel liegt er zwischen Straßenverkehr, Gewerbe, Wohnhäusern und Moselstadion. Doch tritt man erst einmal durch eines der Eingangstore, scheint diese Welt auf einen Schlag wie verschwunden.
Hochgewachsene Bäume säumen die Alleen, und zwischen den Gräberreihen wächst überall das Grün. Wer durch das Hauptportal von der Herzogenbuscher Straße her eintritt, wird aber sogleich von einem weiteren eindrucksvollen Bau empfangen. Hinter einem meterhohen Metall-Kruzifix steht die neugotische, alte Friedhofskapelle. Wobei die Bezeichnung alte Kapelle nicht ganz korrekt ist, denn es handelt sich hier um einen Bau, der 1870 an die Stelle eines ersten aus dem Jahr 1850 getreten ist. Doch der Wirkung des Bauwerks tut das keinen Abbruch. Nicht nur Trauer und Abschied sind hier spürbar, sondern auch Besinnung, Trost und Gedenken. Wie wichtig die Kapelle vielen Trierern ist, hat sich an der Spendenbereitschaft für ihre Sanierung gezeigt. Auch wenn zuvor lange Jahre nichts geschehen war, ganz in Vergessenheit geriet das Gebäude nie, wurde immer wieder für Trauerfeiern genutzt. Für diesen Zweck ist aber schon lange die neue Friedhofskapelle an der Straße An der Hospitalsmühle vorgesehen. Mit dem Abschluss der Arbeiten im April 2017 aus ihrem maroden Zustand befreit, erstrahlt die alte Kapelle inzwischen wieder in gelb-rotem Sandsteinglanz und verleiht der Umgebung Würde.
Auch der Blick ins Innere überzeugt nun wieder: Ausgefallener Schmuck findet sich hier zwar nicht, aber die Maßwerkfenster mit Buntglasscheiben tauchen den Raum in angenehm farbiges Licht. Der Trierer Künstler Jakob Schwarzkopf hat sie entworfen. Viele Fenster wurden bei den Instandsetzungsarbeiten erneuert – sie waren zerstört oder zugemauert. Rund 600 000 Euro haben die Stadt Trier, die Trier-Gesellschaft, die Landesdenkmalpflege, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, der Ortsbeirat Trier-Nord und private Spender für die Sanierung aufgebracht.
Der Hauptfriedhof wurde in Trier vor 213 Jahren angelegt, die erste schriftliche Nennung stammt vom 10. Oktober 1808. Jedoch wurde bereits am 12. Juni 1804 das napoleonische „Décret imperiale sur les sepultures“ verabschiedet. Es regelte im gesamten Bonaparte-Kaiserreich das Anlegen neuer Friedhöfe. Damit kam der Wechsel von dezentralen, innerstädtischen Gräberfeldern hin zu einem zentralen außerhalb der Stadt.
Mehrere Erweiterungen kamen im Lauf der Zeit hinzu, das heutige Friedhofsareal hat eine Fläche von ungefähr 15 Hektar. Unzählige Gräber prominenter Künstler wie auf berühmten Friedhöfen in Paris oder Rom findet man hier nicht. Sehr wohl steckt aber hinter einigen Namen auf den Steinen viel Geschichte. Zu nennen wäre etwa das Grab des Oberbürgermeisters Georg Nikolaus Wilhelm von Haw, der in der Trierer Stadtgeschichte ab 1842 und später als Mitglied im Preußischen Abgeordnetenhaus prägend wirkte.
1920 wurde auch ein neuer jüdischer Friedhof auf dem Hauptfriedhof angelegt, weil der alte an der Weidegasse voll belegt und nicht mehr zu erweitern war. Da nach jüdischem Glauben eine Grabstelle nicht nach einer bestimmten Ruhefrist aufgehoben werden darf, stellt sich die Flächenfrage in verschärfter Form. Im Gegensatz zur Situation in vielen anderen Städten überstanden in Trier beide jüdischen Friedhöfe die Zeit des Nationalsozialismus.