Katholische Kirche Die Knackpunkte der Bistumsreform

Trier · Kirchenrechtler Gero Weishaupt sagt, was Rom an den Umstrukturierungsplänen des Trierer Bischofs missfallen könnte.

 Gläubige protestieren im Herbst 2018 vor dem Trierer Dom gegen die Reformpläne des Bistums.

Gläubige protestieren im Herbst 2018 vor dem Trierer Dom gegen die Reformpläne des Bistums.

Foto: dpa/Harald Tittel

Gut Ding will Weile haben. Das gilt auch für die Strukturreform des Trierer Bistums, die mittlerweile zumindest teilweise schon umgesetzt sein sollte. Doch im November vergangenen Jahres machte Rom dem von Bischof Stephan Ackermann auf den Weg gebrachten ehrgeizigen Reformprojekt einen Strich durch die Rechnung.

Aber warum eigentlich? Kann es Rom nicht eigentlich gleichgültig sein, ob es im fernen Bistum Trier viele kleine Kirchengemeinden gibt oder ein paar Dutzend große? Vermutlich hätten sich die Gremien im Vatikan in die Causa Trier nie eingeschaltet, hätten nicht die bis ato allenfalls Insidern Priestergemeinschaft Unio Apostolica und die bistumskritische Initiative Kirchengemeinde vor Ort im Vatikan Beschwerde eingelegt. Und zwar „gegen die vom Bischof auf der Grundlage des neuesten Diözesangsetzes erlassenen Dekrete“, wie der Kirchenrechtler Gero P. Weishaupt im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert.

Der Päpstliche Rat für die Gesetzestexte prüfe nun, ob das Trierer Partikulargesetz, das der Bischof nach der Trierer Diözesansynode erlassen habe, mit den Vorgaben des Kirchlichen Gesetzbuches übereinstimmt. Partikulargesetze – oder wie im Trierer Fall Diözesangesetze – dürfen nach Angaben des Kirchenrechtlers und Theologen Weishaupt nämlich nicht mit dem Universalgesetz im Widerspruch stehen. Die Überprüfung beim Päpstlichen Rat sei insofern mit einer Normenkontrolle eines staatlichen Gerichts vergleichbar.

Die Überprüfung selbst wurde von der Kleruskongregation beantragt, die aktiv wurde, nachdem de Priestervereinigung und Gläubigen  Beschwerde eingereicht hatten.  „Offensichtlich hielt es die Kongregation für erforderlich, dass vor einer Entscheidung das Diözesangesetz erst einmal überprüft werden sollte“, sagt Gero Weishaupt.

Aber was sind nach Meinung des Kirchenrechtlers die wesentlichsten Knackpunkte? Zum einen geht es laut Weishaupt um das Seelenheil der Gläubigen. Die entscheidende Frage dabei: Können Mega-Pfarreien den Anspruch der Gläubigen auf Hirtensorge gewährleisten?

Die im Bistum Trier geplanten 35 XXL-Pfarreien mögen zwar für viele Gläubige ein Ärgernis sein. Doch ob sie die mächtigen Herren in Rom besonders stören, wird von Kurienkennern eher bezweifelt – zumal immer mehr unter schrumpfenden Gläubigen- und Priesterzahlen leidende Bistümer mit größeren Einheiten sympathisieren.

Nicht die Größe der Pfarreien seien das Problem, schreibt denn auch die in Kirchendingen gewöhnlich gut informierte Herder Korrespondenz, sondern ihre rechtliche Struktur, genauer gesagt: die veränderte Position des Pfarrers.

Das Trierer Umsetzungsgesetz sehe nämlich vor, dass die Pfarreien in Deutschlands ältestem Bistum künftig deutlich kollegialer geführt werden sollen als in der Vergangenheit – mit weniger Macht für den Pfarrer und mehr Macht für die Laien.

Das sieht auch Kirchenrechtler Weishaupt als möglichen Hauptknackpunkt, der Rom übel aufstoßen könnte. Die spannende Frage: Unterlaufen die neuen Strukturen mit ihren überpfarrlichen Gremien und Räten die Stellung des Pfarrers als „pastor proprius“, also als eigenen Hirte der Gemeinde?

Ein Einspruchsrecht des Geistlichen, also das ihm immer noch zugesicherte Vetorecht bei  Entscheidungen berücksichtigt laut Kirchenrechtler Weishaupt nicht die Leitungsfunktion des Pfarrers. Diese bestehe eben nicht nur im Koordinieren und Moderieren, sondern in Entscheidungen. Diese treffe er letztlich alleine, die Gremien hätten ihm nur zuzuarbeiten und ihn zu beraten.

Die im Bistum Trier geplanten neuen Strukturen und Gremien schwächten und unterminierten damit die Amtsvollmacht des Pfarrers.

Genau das ist auch die Argumentationslinie von  Unio Apostolica. Die Priestergemeinschaft kritisiert vor allem die geplante Leitungsstruktur und die Position der Priester in den geplanten Großpfarreien. Weil diese von einem Team aus einem Pfarrer und zwei Laien geleitet werden sollen, werde die kirchenrechtlich vorgesehene Leitungsvollmacht der Pfarrer eingeschränkt. Die meisten Priester übernähmen künftig keine Leitungsaufgaben und hätten lediglich einen Status als untergeordnete Mitarbeiter des Leitungsteams, heißt es in der nach Rom gesandten Beschwerde der Priestergemeinschaft.

Ob und inwiefern sie damit Erfolg haben könnte, ist schwer zu sagen. Immerhin haben die römischen Gremien die Trierer Strukturreform daraufhin vor einem halben Jahr zunächst einmal ausgesetzt. Dass die Reform am Ende eins zu eins wie geplant umgesetzt werden wird, halten Kenner der Materie allerdings für so gut wie ausgeschlossen.

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