Verkehr Die meisten Senioren können sicher Auto fahren

Trier · Ab 75 jedoch wird es kritisch, sagen Experten. Ab diesem Alter kommt es häufiger zu Unfällen. Fahrlehrer raten dazu, regelmäßig selbst zu testen, ob man noch für den Straßenverkehr geeignet ist.  

Die Seniorin wollte wissen, ob sie noch gut Auto fahrern kann. Zusammen mit Fahrlehrer Joachim Einig aus Polch (Kreis Mayen-Koblenz) fuhr sie durch die Gegend. Was Einig jedoch dann erlebte, hat ihn etwas geschockt. Drei Kilometer vor ihrem Wohnort, so schildert der Fahrlehrer, habe die Frau nicht mehr gewusst, wo sie unterwegs sei. „Sie sagte, dass sie hier noch nie in ihrem Leben gewesen sei“, erinnert sich Einig.

Daraufhin habe er ihr empfohlen, ihren Führerschein freiwillig abzugeben. „Die Dame rief mich noch Monate später an, um mir zu sagen, dass dies die beste Entscheidung gewesen sei und sie sich nun von ihren Kindern zum Einkaufen oder zum Arzt fahren lässt.“

Viele Senioren wollten nicht wahrhaben, dass sie alt werden, sagt Einig. Die Sehkraft, das Gehör oder die Beweglichkeit nehmen im Alter ab. In der Regel geschieht dies schleichend, doch besonders im Straßenverkehr kann das zu Problemen führen. Wenn man deswegen oder pauschal ab einem gewissen Alter die Fahrtauglichkeit einfach infrage stelle, sei das so, als ob man ihnen die Selbstständigkeit entziehen würde, sagt Einig. Er schätzt, dass 80 Prozent der 65- bis 70-Jährigen durchaus in der Lage seien, ihr Auto sicher zu steuern.

Allerdings sollten sich Senioren regelmäßig freiwillig ihre Fahrtauglichkeit etwa in einer Fahrschule testen lassen. Bei Auffälligkeiten, etwa bei ärztlichen Untersuchungen oder bei Polizeikontrollen, sollten, so Einig, solche Tests angeordnet werden. Auch die Deutsche Verkehrswacht, fordert, dass Ärzte bei Senioren verstärkt eine Verkehrssicherheitsberatung anbieten sollten. Dabei sollte Seh-, Hör- und Reaktionsfähigkeit überprüft werden und auch kontrolliert werden, ob sich die eingenommenen Medikamente auf die Verkehrstüchtigkeit auswirken.

Ein verpflichtender Fahreignungstest für Senioren kann allerdings nur vom Bund eingeführt werden. Bislang gibt es dafür allerdings keine Bestrebungen. Auch verliert der Führerschein nicht ab einem gewissen Alter seine Gültigkeit.

Laut dem Trierer Verkehrspsychologen Richard Tank können sich Frauen zumeist selbstkritischer einschätzen, was ihre Fahrtauglichkeit angehe. Allerdings seien viele Senioren trotz Selbstzweifel oft gezwungen, selbst mit dem Auto zu fahren, wenn etwa ihr Ehemann gestorben sei, sie nicht in der Stadt lebten und keine Kinder in der Nähe wohnten.

„Der starke Anstieg der über 75-Jährigen an der Zahl der Unfallverursacher lässt sich nicht übersehen, sagt Andreas Opfermann-Hauch. Er ist Landesgeschäftsführer der Verkehrswacht in Rheinland-Pfalz.

Ein Blick in die Verkehrsunfallstatistik des Polizeipräsidiums Trier bestätigt seine Aussage. An fast der Hälfte der rund 4000 sogenannten Seniorenunfälle in der Region waren Autofahrer über 75 beteiligt. Opfermann-Hauch ist dafür, dass Autofahrer in dieser Altersgruppe regelmäßig und verpflichtend auf einer Testfahrt mit einem Fahrlehrer ihre Tauglichkeit für den Straßenverkehr überprüfen lassen.

Der Tüv empfiehlt Fahrtrainings. Diesen seien unabhängig vom Alter sinnvoll, „um sein eigenes Verhalten und seine Fähigkeiten am Steuer zu verbessern“, sagt Steffen Mißbach, Auto-Fachmann bei Tüv Rheinland. „Manche Menschen scheuen sich jedoch, an Trainings teilzunehmen. Sie fürchten, dass ihnen bei möglichen Beeinträchtigungen der Führerschein abgenommen werden könnte.“, sagt Steffen Mißbach, KFZ-Fachmann bei Tüv Rheinland. Diese Angst sei jedoch vollkommen unbegründet. Es handele sich bei den Fahrtrainings um reine Beratungsangebote, bei denen Experten und Trainer Hinweise geben würden, wie sich solche Extremsituationen besser meistern ließen.

Die Verkehrswacht sieht genau wie der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Volker Wissing in sogenannten Fahrassistenten wie etwa Notbrems- oder Spurhaltessystemen eine Entlastung und Unterstützung für ältere Autofahrer. Auch Rückfahrkameras oder Tote-Winkel-Assistenten könnten hilfreich sein, sagt Tüv-Experte Mißbach. Autofahrer sollten den Umgang mit diesen Systemen allerdings ebenfalls trainieren. Außerdem gelte: „Keinesfalls ausschließlich auf diese Systeme verlassen, da sie die eigene Wahrnehmung nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen.“ Von großer Bedeutung sei schließlich auch die Wahl eines geeigneten Fahrzeugs. „Eine erhöhte Sitzposition und eine gute Übersicht sind hier definitiv von Vorteil“, so Mißbach.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort