Bildung Lehrer als IT-Manager?! - Wer die Digital-Ausstattung an Schulen betreut

Trier · Die Landesvorsitzende des Philologenverbandes fordert professionelle IT-Experten für die weiterführenden Schulen. Das Land will die Aufgabe den Lehrern übertragen.

 Ein Schüler arbeitet in der Schule in seinem Klassenzimmer am Tablet. 

Ein Schüler arbeitet in der Schule in seinem Klassenzimmer am Tablet. 

Foto: dpa/Carmen Jaspersen

Cornelia Schwartz wollte es genau wissen. Kürzlich habe sie, sagt die Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Philologenverbands, beim Bildungsministerium in Mainz nachgefragt, wie viele dienstliche digitale Endgeräte, also Computer, Tablets oder Smartphones, dort in Betrieb seien und wie viele Mitarbeiter sich um die Betreuung der Geräte kümmern. Die Antwort hat sie, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung sagt, überrascht. Um die 500 Geräte kümmerten sich zwei Vollzeitkräfte, habe es aus dem Ministerium geheißen. Umgelegt auf die weiterführenden Schulen bedeute das, für je 200 Endgeräte müsse mindestens eine Vollzeitstelle eines IT-Koordinators geschaffen werden, der sich ausschließlich um die Wartung der Geräte kümmere. Schwartz rechnet letztlich mit fünf solcher zusätzlichen Stellen für jede größere weiterführende Schule. Es bringe nichts, „schnell einmal digitale Geräte zu kaufen und einer Schule bereitzustellen“. Schwartz: „Dies ist reine Geldverschwendung, wenn nicht gleichzeitig der technische Support mitbedacht wird! Schulen brauchen keine teuren Technikruinen, die nur in der Ecke stehen.“ Digitale Tafeln in den Klassenzimmern brächten nichts, wenn sie nicht funktionierten und niemand in der Lage sei, sie wieder in Gang zu setzen. „Sollen wir dann doch lieber die alten Kreidetafeln hängen lassen?“

Laut Bildungsministerium sollen Schulen künftig Lehrer als digitale Koordinatoren benennen, die im Gegenzug dafür weniger Unterrichtsstunden haben sollen. „Gemeinsam mit der Schulleitung und dem Kollegium werden sie Lehren und Lernen mit und über digitale Medien an ihrer Schule voranbringen“, verkündete Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) Anfang des Monats. Laut Schwartz kümmern sich an vielen Schulen derzeit Lehrer, die sich mit Computer und IT auskennen, um die digitale Ausstattung. Und das zumeist, ohne tatsächlich dafür ausgebildet zu sein, wie Schwartz sagt.

Das hat kürzlich auch der Landesverband der Lehrergewerkschaft VBE kritisiert. „Es kann nicht sein, dass sich 80 Prozent aller Lehrer ihre Kenntnisse privat aneignen und die Betreuung und Verantwortung der IT-Ausstattung in die Hände interessierter Lehrkräfte oder sogar der Schülerschaft gelegt wird“, sagte der stellvertretende VBE-Landesvorsitzende Oliver Pick. Die Lehrer kümmerten sich neben dem eigentlichen Unterricht schon um „so viele weitere Dinge. Und die Digitalisierung soll zusätzlich wieder en passant laufen. Das darf nicht sein.“

Bei einer Umfrage des VBE kam heraus, dass über 70 Prozent der rheinland-pfälzischen Schulen nicht über dienstliche Computer für alle Lehrer verfügen.

Das bestätigt auch Cornelia Schwartz, die mit ihrem Verband in erster Linie die Interessen der Gymnasiallehrer vertritt. Viele ihrer Kollegen brächten ihren privaten Laptop mit in den Unterricht, weil sie dann sicher sein könnten, dass er auch funktioniere. Während sie die ausreichende Ausstattung mit Dienstcomputern für erforderlich hält, sieht sie nicht, dass alle Schüler einer Schule etwa Tablets erhalten sollen. „Computer ersetzen nicht das Denken und den klassischen Unterricht“, sagt Schwartz. In Grundschulen bräuchten die Kinder erst recht keine digitalen Endgeräte im Unterricht, sagt die Verbandschefin. Besser sei es, sagt Schwartz, in weiterführenden Schulen ausreichend und entsprechend ausgestattete Computerräume einzurichten und in allen Klassenräumen Beamer zu installieren, mit denen etwa Präsentationen an die Wand geworfen werden könnten.

Laut Bildungsministerium stellt das Land für digitale Bildung im laufenden Haushalt 34 Millionen Euro zur Verfügung. Allein für die digitalen Koordinatoren und die sogenannte Anwendungsbetreuung stehen laut eines Ministeriumssprechers für dieses und nächstes Jahr 18 Millionen Euro bereit. Auf Antrag der Regierungsfraktionen SPD, FDP und Grüne wird sich der Bildungsausschuss des Landtags am Donnerstag mit der Neuregelung der Anwendungsbetreuung beschäftigen.

Hubig hatte angekündigt, dass sie die Mittel für die Installation und Reparatur der digitalen Geräte von drei auf sechs Millionen Euro erhöhen werde. Mit diesem Geld würden vor allem die Schulträger, überwiegend sind das die Kommunen, unterstützt, deren originäre Aufgabe diese Anwendungsbetreuung sei, sagt ein Ministeriumssprecher. „Personal für die Lehre und Leitung bezahlt das Land. Um die Ausstattung und darum, dass diese auf Stand gehalten wird, kümmert sich der Träger.“ Es sei „beeindruckend, wenn Lehrkräfte hier mit hohem Engagement und zeitlichem Einsatz mithelfen – aber ihre Aufgabe ist es nicht und war es auch nie“.

Schwartz befürchtet, dass viele Kommunen trotz der Unterstützung durch das Land finanziell nicht in der Lage sein werden, die Kosten für die Wartung der Computer und Laptops in den Schulen aufzubringen.

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