Ein Bischof zeigt Kante

Trier · Der Trierer Bischof Stephan Ackermann ist heute seit 100 Tagen im Amt. Pünktlich zum Mini-Jubiläum setzt der 46-Jährige jetzt eine erste Duftmarke. Der Fall des romkritischen Eifeler Priesters Stefan Hippler (49) ist nach TV-Informationen gelöst – auf Ackermann-Art. Dafür dürfte der neue Bischof im Kollegenkreis nicht nur Beifall bekommen.

 Der Trierer Bischof Stephan Ackermann bei seiner Amtseinführung vor dem Trierer Dom im Mai. Foto: Friedemann Vetter

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann bei seiner Amtseinführung vor dem Trierer Dom im Mai. Foto: Friedemann Vetter

Als Dompropst Werner Rössel pünktlich zum Osterfest das Geheimnis lüftet und den Namen des neuen Trierer Bischofs bekannt gibt, brandet im Dom minutenlanger Beifall auf. „Unser Wunschkandidat“, sagen unisono viele Gläubige und Pfarrer, als sie erfahren, wer Deutschlands ältester Diözese demnächst vorsteht: Weihbischof Stephan Ackermann, ein Eigengewächs aus dem Bistum. Und ein außerordentlich beliebter Priester obendrein.

Der 46-Jährige ist noch nicht als Nachfolger des ins Erzbistum München und Freising beförderten Reinhard Marx eingeführt, da ist er schon mit Vorschusslorbeeren überhäuft. Sogar als „Obama des Bistums Trier“ wird Stephan Ackermann bezeichnet.

Was zunächst beflügelt, könnte sich später als Last erweisen. Je größer das Lob, desto höher die Erwartungen, aber auch die Enttäuschung, wenn diese nicht erfüllt werden.

Aber was für ein Karrieresprung?! Bis zu seiner Ernennung ist der gebürtige Eifeler „ein Mann der zweiten Reihe“, allenfalls in seinem Zuständigkeitsbereich Eifel/Mosel/Hunsrück ein Begriff. Jetzt steht Stephan Ackermann im Fokus der Öffentlichkeit – spätestens seit dem Tag seiner Einführung Ende Mai. Sätze, die Ackermann früher womöglich „en passant“ sagte, werden plötzlich auf die Goldwaage gelegt und interpretiert, vermeintliche Kleinigkeiten bekommen eine große Bedeutung.

Eine Kostprobe bekommt der neue Trierer Bischof, als sich konservative Katholiken im Internet über das von Ackermann bei der Einführung getragene bunte Messgewand aufregen. Von „Clownskostüm“ ist die Rede. Kein richtig großes Aufrege-Thema, aber ein Indiz dafür, dass sich ein Rückenwind schnell in einen frontal ins Gesicht blasenden Sturm drehen kann.

Kaum Sehnsucht nach Marx-Zeiten

Ackermann-Vorgänger Marx hat das etwa im Fall des Saarbrücker Professors Gotthold Hasenhüttl, der beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003 auch evangelische Christen zur Kommunion eingeladen hatte, zu spüren bekommen. Nicht zuletzt auf Druck Roms entzog Marx dem Theologen die Lehr-Erlaubnis.

Einen kleinen Fall Hasenhüttl bekommt gleich zu Beginn seiner Amtszeit auch Stephan Ackermann auf den Tisch. Es geht um den seit über einem Jahrzehnt in Südafrika tätigen Bitburger Aids-Prie8ster Stefan Hippler. Mit seiner öffentlich erhobenen Forderung, der Papst solle den Gebrauch von Kondomen endlich zulassen, ist der 49-Jährige in Rom mehrfach angeeckt. Die für Auslandseinsätze von Priestern zuständige Deutsche Bischofskonferenz gibt vor drei Monaten bekannt, Hipplers Ende September auslaufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern.

Damit liegt der Schwarze Peter bei Stefans Hipplers Heimatbistum Trier. Die erste Bewährungsprobe für Bischof Stephan Ackermann, von dem konservative Katholiken nun erwarten, dass er mit dem widerspenstigen Priester ähnlich verfährt wie sein Vorgänger seinerzeit mit Gotthold Hasenhüttl.

Doch der jüngste deutsche Diözesan-Bischof macht das genaue Gegenteil und zeigt damit das erste Mal Kante: Stefan Hippler bleibt für mindestens fünf weitere Jahre in Südafrika und kümmert sich dort im Auftrag mehrerer kirchlicher Institutionen um Auf- und Ausbau von Hilfsprojekten für Aids-Infizierte. Das bestätigte der Bischof gestern dem TV. Eine mutige Entscheidung Ackermanns, für die er bei der nächsten Bischofsvollversammlung von seinen Mitbrüdern nicht nur Lob einheimsen dürfte.

Dafür hat der 46-Jährige sein Profil geschärft. Und der neue Trierer Bischof löst sich rascher als gedacht aus dem Schatten seines Vorgängers Reinhard Marx. Wer sich in diesen Tagen mit Klerikern oder Mitarbeitern des Generalvikariats unterhält, hat Mühe, jemanden zu finden, der sich die Marx-Zeiten zurückwünscht. Der Umgangston sei besser geworden, heißt es, und der neue Bischof pflege einen kollegialeren Führungsstil als der alte.

Klingt gut; aber auch auf Stephan Ackermann werden in Zeiten drastisch zurückgehender Kirchensteuer-Einnahmen Entscheidungen zukommen, bei denen sich der Wind wieder drehen könnte.

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