Umwelt Ein Eifeler und die Weltwasserkrise

Trier/Berlin · Der Wissenschaftler Dieter Gerten analysiert in seinem neuen Buch „Wasser“, wie der Mensch mit dramatischen Folgen über seine Verhältnisse lebt.

 Der Berlinder Professor Dieter Gerten beschäftigt sich seit seiner Studienzeit in Trier intensiv mit dem Thema Wasser. Foto: Iona Dutz

Der Berlinder Professor Dieter Gerten beschäftigt sich seit seiner Studienzeit in Trier intensiv mit dem Thema Wasser. Foto: Iona Dutz

Foto: TV/Iona Dutz

Selbst durch die Klospülung rauscht sauberstes Trinkwasser, ehe es in den Tiefen der Kanalisation verschwindet. Niemand denkt darüber nach, wo es herkam oder wo es hingeht. So selbstverständlich ist das klare Nass in unseren Breiten. So allgegenwärtig. Und doch so kostbar.

Längst leben mehr als sieben Milliarden Menschen auf dem Planeten. Für 2050 rechnen die vereinten Nationen mit knapp zehn Milliarden Erdenbürgern.  „Aber es wird in Zukunft keinen Tropfen Wasser mehr geben als heute“, sagt der aus der Eifel stammende Dieter Gerten, der in seinem vor wenigen Wochen erschienenen Buch „Wasser – Knappheit, Klimawandel, Welternährung“ auf die globale Krise hinweist, in die die Menschheit steuert.

Mehr als zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Und fast genauso viele leben in Regionen, die regelmäßig von Dürren heimgesucht werden. Darunter Kalifornien, wo Pools gut gefüllt bleiben und Südfrüchte bewässert werden, während Talsperren leer laufen und Flüsse austrocknen, ehe sie ihre Mündung erreichen. „Der Mensch hat vergessen, dass er über seine Verhältnisse lebt“, sagt Gerten, der am renommierten Potsdam-Institut für Klimawandelforschung arbeitet und an der Berliner Humboldt-Universität lehrt.

Dabei ließe sich mit einfachen Methoden extrem viel erreichen: Statt in trockenen Ländern Staudämme zu errichten, um Felder zu bewässern, wäre es sinnvoller, Regen in unterirdischen Zisternen zu sammeln. Durch Mulchen der Felder ließe sich die Verdunstung verringern. Und da, wo kaum ein Tröpfchen fällt,  könne man mit Netzen Tau und Nebel auffangen. „Wenn solche Maßnahmen auf allen Feldern der Welt zum Einsatz kämen, ließe sich die Produktion um 40 Prozent hochfahren, ohne einen Tropfen mehr zu verbrauchen“, sagt der Wissenschaftler.

Sein Buch ist auch ein Appell. An jeden Einzelnen. Denn jeder Einzelne könne mit seinem Verhalten Einfluss nehmen. Und damit meint Gerten gar nicht mal die längst allgegenwärtige Stopp-Taste für die Toilettenspülung, wassersparende Duschköpfe oder Öko-Geschirrspülprogramme.

„Wir verbrauchen wahnsinnig viel Wasser durch Nahrungsmittel“, sagt der 47-Jährige. Um ein Kilogramm Rindfleisch zu produzieren, würden 15 000 Liter Wasser benötigt. Fleischkonsum sei im Hinblick auf Wasser nicht sehr effizient. Auch wer Tomaten aus Südspanien kaufe, sollte sich bewusst machen, dass er die dort herrschende Wasserknappheit noch verschärfe.

Allerdings braucht man gar nicht in die Ferne schweifen, um auf Probleme zu stoßen. Nicht nur im fernen Asien oder in Afrika – auch in Gertens grüner Heimat wird es sie zunehmend geben. Bringt der Klimawandel doch mehr Extreme mit sich. Mal zu viel Wasser.  Mal zu wenig, sagt der Forscher. Dürren machen auch der grünen Region Trier immer mal wieder zu schaffen. Zuletzt im außergewöhnlich trockenen Frühsommer 2017, in dem viele Landwirte um ihre Ernte bangten. „Da muss man nun jedes Jahr aufs Neue mit rechnen“, sagt der Wissenschaftler.

Die Hitzewelle des Jahres 2003 sei die bisher größte humanitäre Katastrophe in der EU gewesen: 70 000 Menschen starben damals.

Ein anderes Problem, das in Teilen der Eifel sogar viel drängender ist als andernorts, ist die Verunreinigung des Wassers. Von den Militärstützpunkten Spangdahlem und Bitburg sind jahrzehntelang gefährliche Schadstoffe in Bäche, Flüsse und ins Grundwasser gesickert, das vielerorts zudem stark mit Nitrat belastet ist. „Was das angeht, stehen wir in Deutschland wirklich nicht gut da“. In Sachen Grundwasserqualität belege die Bundesrepublik EU-weit den vorletzten Platz.

„Wasser ist so elementar für die Menschheit, dass sie seit ihrem Bestehen versucht hat, damit zu haushalten. Aber jetzt wird es weltweit wirklich eng“, mahnt Gerten. Der Weltwassertag sei ein guter Anlass, darüber nachzudenken.

Zwar sei Mitteleuropa gut bedient. So gut, dass sauberes Trinkwasser in scheinbar unerschöpflicher Fülle zur  Verfügung steht. Dennoch fordert der Professor, sorgfältiger mit dem wichtigen Rohstoff umzugehen.

 Das neue Buch von Dieter Gerten.

Das neue Buch von Dieter Gerten.

Foto: TV/Dieter Gerten/CHBeck
 Dass sauberes Wasser aus einem Wasserhahn tropft, ist in vielen Teilen der Welt keine Selbstverständlichkeit.

Dass sauberes Wasser aus einem Wasserhahn tropft, ist in vielen Teilen der Welt keine Selbstverständlichkeit.

Foto: dpa/Yui Mok

Dieter Gerten, Wasser: Knappheit, Klimawandel, Welternährung, 2018, 207 Seiten, C.H.Beck, 14,95 Euro.

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