Pandemie Ein Jahr Merkels Corona-Rede: Seitdem viele neue Begriffe

Berlin · Ein Jahr ist die Brandrede der Kanzlerin zur Pandemie her. Für viele markierte diese Ansprache die neue Corona-Ära. Welche Wörter, Trends und Phänomene seitdem besonders Eindruck hinterließen - von A bis Z; und natürlich mit „Einkaufswagenpflicht“ und „Verweilverbotszone“.

Ein Jahr Merkels Corona-Rede: Seitdem viele neue Begriffe
Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Astrazeneca, Biontech, Covidioten - so könnte ein lexikalisches ABC zur Corona-Zeit beginnen. Aber zu medizinisch oder polemisch soll es hier nicht werden. Spätestens vor einem Jahr, als Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Brandrede im Fernsehen hielt, wurde auch den Letzten in Deutschland die Krise bewusst. „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst“, sagte sie am 18. März 2020. Mit gut 23 Millionen TV-Zuschauern wurde die Kanzlerin die TV-Quotenkönigin des Jahres. „Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt.“

Seit zwölf Monaten ist nun Pandemie-Zeit, wie man sie bisher nur aus Katastrophenfilmen kannte. Zeit für eine Art zusammenfassendes Lexikon von A bis Z über das Corona-Leben:

A wie AEROSOLE: Sie entstehen beim Husten, Niesen, Sprechen. Sie sind ein Gemisch aus festen und flüssigen Schwebeteilchen. Gegen die virenhaltigen Tröpfchen in der Luft soll die Alltagsmaske helfen.

B wie BUND-LÄNDER-RUNDE: Die Ministerpräsidentenkonferenz ist kein offizielles Verfassungsorgan, sondern nur ein Gremium der Selbstkoordination der 16 deutschen Bundesländer. In der Pandemie wurde die MPK mit der Bundesregierung zur Macht- und Schaltzentrale.

C wie CLICK AND MEET: neumodische Formulierung für Klicken und Treffen, meint das Einkaufen mit Termin, der online oder telefonisch fest gebucht wird vorab.

D wie DESINFEKTION: Zu den „Hygienekonzepten“ vieler öffentlicher Orte gehört das Desinfizieren der Hände und natürlich die Empfehlung, sich regelmäßig gründlich die Hände zu waschen.

E wie EINKAUFSWAGENPFLICHT: Um die Zahl der Kunden in einem Geschäft überschaubar zu halten, gab und gibt es Zutritt nur mit Einkaufskorb oder -wagen.

F wie FLATTEN THE CURVE: Die „Abflachung der Kurve“ war vor allem anfangs eine Parole und Strategie für die öffentliche Gesundheit, um die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus wenigstens zu verlangsamen.

G wie GLÜHWEINPULK: Menschenansammlungen sollen auf jeden Fall vermieden werden; in der Weihnachtszeit machte das Wort für Leute an Glühweinständen die Runde, die mancherorts gesehen wurden.

H wie HOTSPOT: „Heißer Punkt“, also Ort, an dem das Virus besonders stark verbreitet ist.

I wie IMPFVORDRÄNGLER: Wenn sich Privilegierte den Weg zur Spritze abkürzen und danach womöglich noch als Retter von wertvollen Impfdosen inszenieren, die ja sonst weggeworfen worden wären. Auch unschön: das Phänomen Impfdosenrückstau.

J wie JUGEND: Studien zeigen, dass sich auch junge Menschen einsam fühlen, mit Sorge auf die Zukunft blicken und den Eindruck haben, die Politik interessiere sich nicht für ihre Nöte.

K wie KERNFAMILIE: altmodischer Begriff bei den Kontaktbeschränkungen. Kanzleramtschef Helge Braun sagte im März 2020, Verabredungen „abseits der Kernfamilie“ gingen jetzt nun mal nicht. Lebensmodelle jenseits engster Blutsverwandter wurden da übersehen. In Belgien etwa dachte man moderner und sprach von „Knuffelkontakten“, also selbstbestimmten Leuten zum Nahekommen.

L wie LOCKDOWN: Begriff, der verwendet wird, wenn das öffentliche Leben im Kampf gegen das Coronavirus heruntergefahren wird. Genau genommen steht das englische „Lockdown“ für eine Situation, in der Gebäude oder Gegenden nicht betreten oder verlassen werden dürfen. Auch das Wort „Shutdown“ wird genutzt. In anderen Ländern war es teils viel strenger als in Deutschland.

M wie MUTANTE: Kein Horrorfilm-Monster und auch keine Damen, also Tanten: Mutanten sind womöglich ansteckendere Varianten eines Virus.

N wie NACHVERFOLGUNG: Spurensuche, wer zu wem Kontakt hatte, um sogenannte Infektionsketten festzustellen. Denn besonders gefährlich ist das exponentielle Wachstum: Wenn sich die Zahl der Neuinfizierten täglich verdoppelt, dann werden aus einem Infizierten am ersten Tag zwei, am zweiten Tag dann vier, dann acht - die Zahl explodiert also.

O wie ÖFFNUNGSDISKUSSIONSORGIEN: Diese Kanzlerin-Wortschöpfung vom 20. April 2020 während einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums zu weitergehenden Lockerungen der Bundesländer löste Debatten aus. Angela Merkel machte sich Sorgen über das Risiko eines Rückfalls.

P wie PANDEMIE: Eine Epidemie bezeichnet in der Regel eine Erkrankungswelle. Bestimmte Erkrankungsfälle mit der gleichen Ursache treten vermehrt auf, heißt es vom Robert Koch-Institut. Eine Epidemie ist zeitlich und räumlich begrenzt. Für eine Pandemie gibt es keine eindeutige Definition, oft ist damit aber die Ausbreitung einer Krankheit über mehrere Kontinente oder sogar weltweit gemeint.

Q wie QUARANTÄNE: Seit Jahrhunderten gängige Schutzmaßnahme gegen die Verbreitung von Krankheiten. Infizierte oder Personen, bei denen der Verdacht darauf besteht, isolieren sich vorübergehend.

R wie RELEVANZ: Die sogenannte Systemrelevanz ist in der Pandemie ein großer Streitpunkt; vor allem Künstlerinnen und Künstler sehen ihre Arbeit bedroht; sind Banken und Baumärkte wirklich wichtiger?

S wie SUPERSPREADER: Menschen, die infiziert sind und besonders viele anstecken. Meist liegt es nicht an den Personen selbst, dass sie viele andere anstecken, sondern an den Umständen.

T wie TOILETTENPAPIERKNAPPHEIT: Neben Pasta und Desinfektionsmitteln gehörte Klopapier zu den po-pulärsten Artikeln beim Hamsterkauf. Über Wochen waren Regale in Supermärkten leer. Rational war das kaum.

U wie UNTERRICHT: Ob digitale Schulstunden oder Wechselunterricht (weniger Kinder auf einmal im Raum); Bildung ist in der Pandemie ein Riesenthema.

V wie VERWEILVERBOTSZONE: Für viel Aufsehen sorgten Schilder am Rhein in Düsseldorf: „Verweilverbotszone: Bitte gehen Sie weiter.“ Das galt vielen als Krönung der Mindestabstandmissachtungsbekämpfung.

W wie WELLE: Infektionen in der Bevölkerung erinnern bildlich an eine Achterbahnfahrt oder Welle. Der Anstieg beginnt leicht und schnellt dann in die Höhe. Die erste Corona-Welle gab es im Frühjahr, die zweite im Herbst, die dritte zurzeit.

X wie XENOPHOBIE: Auch diesmal war vielerorts die typisch abwehrende, rassistische Haltung zu beobachten, die sich im Gedanke „Die Seuche haben die anderen“ (etwa „die Chinesen“) zusammenfassen lässt. Am Anfang steht meist die Annahme, die Infizierten seien anders als man selbst und die Seuche keine Gefahr. Erst später - und vielleicht zu spät - wird bemerkt, dass die Infektionskrankheit näher rückt.

Y wie YOGAMATTE: Geschlossene Fitnessstudios und psychische Anspannung trieben viele auf die Matte daheim für kleine Trainingseinheiten oder auch Entspannungsübungen.

Z wie ZOOM: Populäre Video-App, die viele nun vom Arbeiten zu Hause (Homeoffice) oder digitalen Treffen mit Freunden und Familie kennen. Dabei kommt es zu Einblicken ins Private und neuen Umgangsformen.

(dpa)
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