Energie Eine Krise zeigt, wie anfällig das System ist

Trier · Kunden in der Region müssen derzeit so viel für Heizöl bezahlen, wie seit langem nicht, obwohl die internationalen Preise fallen.

   Ein Heizöl-Tankwagenfahrer zieht den Schlauch zum Betanken mit Heizöl zu einem Mehrfamilienhaus.

Ein Heizöl-Tankwagenfahrer zieht den Schlauch zum Betanken mit Heizöl zu einem Mehrfamilienhaus.

Foto: dpa/Angelika Warmuth

Wer derzeit dringend Heizöl braucht, der muss nicht nur mit langen Lieferzeiten rechnen, sondern auch tief in die Tasche greifen. 103 Euro drei kosteten am Freitag in Trier 100 Liter Heizöl (bei einer Bestellung von 1000 Litern). Vor einem Jahr waren es noch rund 63 Euro gewesen.

Obwohl die Rohölpreise auf den internationalen Märkten fallen, bekommen das die Verbraucher vor allem in Rheinland-Pfalz und im Saarland nicht zu spüren. „Die Rohölpreise fallen und fallen, und hierzulande bekommt es keiner mit. Das ist die traurige Tatsache, die Folge der nach wie vor extremen Versorgungsproblematik in weiten Teilen Deutschlands ist“, heißt es etwa bei dem Heizölvergleichsportal fastenergy.de.

Die extrem niedrigen Pegelstände und der Ausfall einer Raffinerie in der Nähe des bayerischen Ingolstadt sorgten dafür, dass nicht genügend Öl in den regionalen Tanklagern ankomme und „die Händler teilweise extreme Strecken überwinden müssen, um überhaupt an Ware zu kommen“, heißt es bei fastenergy.de. Zwar hat die Entscheidung des Bundes, dass auch die für Krisenzeiten vorgesehene strategische Notfallreserve an Öl, Benzin und Diesel angezapft werden darf, um damit Tankstellen und Heizölhändler zu versorgen (siehe weiteren Bericht unten), laut Mineralölwirtschaftsverband zur Entspannung der Situation beigetragen. Eine Normalisierung der Versorgung sei allerdings erst mit steigendem Flusspegel möglich, heißt es. Und damit ist aufgrund der Wetterlage nicht zu rechnen. Der erwartete Regen in den kommenden Tagen sei für den Rhein allenfalls ein „kleiner Schluckauf“, sagt TV-Wetterexperte Dominik Jung.

„Die Gemengelage zeigt, wie anfällig das System ist“, sagt Herbert W. Rabl, Sprecher des Tankstellen­interessenverbandes. „Genauso wenig wie Strom aus der Steckdose kommt, kommt Sprit einfach so aus der Zapfsäule an der Tankstelle.“ Oder eben Heizöl aus dem Tankwagen. Dahinter stünden „anfällige Systeme“ die sich aus Produktion und Logistik zusammensetzten. „Mineralölgesellschaften sind keine karitativen Unternehmen. Sie sind getrieben von Quartalsergebnissen und bemüht, ihr Geschäftsfeld zu optimieren.“ Das führe dazu, dass die Abläufe insgesamt „auf Kante genäht“ seien und Krisensituationen nur bedingt aufgefangen werden könnten. Die derzeitige Lage sei eine solche Krise.

Zumal der gesamte Heizölmarkt ohnehin schon von regionalen Faktoren abhängig ist, die den Preis bestimmen, den Kunden bezahlen müssen. Laut fastenergy.de weichen die Heizölpreise in Deutschland unter anderen deswegen voneinander ab, weil es in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Versorgungswege gebe. Während im Nordwesten und in Norddeutschland das Öl überwiegend auf kurzem Weg aus Rotterdam, dem größten Ölhafen Europas komme, beziehe der Osten Deutschlands das Öl größtenteils über eine Pipeline aus Polen. Der Südosten, also etwa Bayern und Teile Baden-Württembergs, würden über die Raffinierien rund um Ingolstadt (von denen eine eben ausgefallen ist) versorgt. Diese wiederum erhielten das Rohöl über eine Pipeline aus dem italienischen Genua. Der Südwesten wird unter anderem über den Umschlagplatz Karlsruhe beliefert. Dort kommt das Öl aus Südfrankreich und eben über den Rhein an. Daher seien die hiesigen Heizölpreise nicht nur von den internationalen Ölmärkten abhängig, sondern eben  nicht „unwesentlich auch von verschiedenen regionalen Begebenheiten“.

Wer jetzt allerdings auf die Idee kommt, sein Heizöl im Ausland, etwa in Luxemburg, zu bestellen und sich liefern zu lassen (im Großherzogtum kostete der Liter gestern 70 Cent), der kann das theoretisch zu tun. Allerdings ist der Preisvorteil schnell weg, da das Öl hier beim Zoll nachversteuert werden muss. Bekanntlich sind die Mehrwert- und die Mineralölsteuer hierzulande höher als etwa in Luxemburg. Beim Spritkauf spielt das keine Rolle, solange der Kraftstoff für den Eigenbedarf ist und von den Reisenden persönlich, also im eigenen Autotank, befördert wird. Dann ist der Sprit innerhalb der EU grundsätzlich befreit von einer weiteren Besteuerung.

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