Evakuierungsflüge aus Afghanistan Aus der Hölle von Kabul gerettet: 200 Afghanen kommen in Bitburg an

Gerolstein/Bitburg/Kabul · Aus Kabul gerettete Ortskräfte der Bundeswehr und ihre Familien wohnen vorläufig in Eifeler Flüchtlingsunterkunft. Bundeswehrsoldaten aus Gerolstein zweifeln am Sinn ihres Einsatzes gegen die Taliban.

 Ein US-Marine versorgt ein Kind mit Wasser während einer Evakuierung am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Die Lage dort ist weiterhin kritisch. Viele Menschen versuchen verzweifelt, per Flugzeug außer Landes zu kommen.

Ein US-Marine versorgt ein Kind mit Wasser während einer Evakuierung am Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Die Lage dort ist weiterhin kritisch. Viele Menschen versuchen verzweifelt, per Flugzeug außer Landes zu kommen.

Foto: dpa/Sgt. Samuel Ruiz

(dpa/woc/wie) Den Menschen in Kabul geht das Bargeld aus, Kinder gehen im Gedränge am Flughafen verloren: Die Lage in Afghanistan bleibt eine Woche nach der Machtübernahme der Taliban dramatisch und chaotisch. Im Gedränge Tausender verzweifelter Menschen am Flughafen sind sieben Menschen ums Leben gekommen. Die Opfer sollen Zivilisten gewesen sein. Die Bundeswehr konnte bis zum Sonntag mehr als 2300 Menschen aus Kabul ausfliegen.

200 afghanische Ortskräfte – ehemalige Helfer beim Bundeswehr-Einsatz und deren Angehörige – sind am Wochenende bereits in der Aufnahmeeinrichtung des Landes in Bitburg angekommen. Rheinland-Pfalz sei bereit, seine Verpflichtungen gegenüber den Menschen zu erfüllen, die durch ihre jahrelange Arbeit für deutsche Dienststellen in Afghanistan nun Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt seien, teilte die Mainzer Integrationsministerin Katharina Binz am Sonntag mit. Viele befänden sich noch in Gefahr, sagte Binz. „Wir hoffen, dass hier Lösungen gefunden werden und die Evakuierungen erfolgreich sind.“

Insgesamt haben laut Bundesregierung 1800 Ortskräfte und deren Familien Anspruch, in Deutschland aufgenommen zu werden. Laut einem Bericht des Magazins Der Spiegel hat die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), deren Hauptauftraggeber die Bundesregierung ist, ihren Ortskräften allerdings eine Prämie in Höhe eines Jahresgehalts zugesagt, wenn sie vor Ort bleiben.

Auch Luxemburg beteiligt sich an Evakuierungsflügen: Die einzige Militärmaschine des Großherzogtums brachte Menschen aus Afghanistan, die in Pakistan zwischengelandet waren, nach Brüssel, darunter sechs Luxemburger und weitere Europäer.

Angesichts des Chaos in Afghanistan fragen sich Bundeswehrsoldaten vom Informationstechnikbattaillon in Gerolstein, die jahrelang am Hindukusch im Einsatz waren, ob ihre Mission vor Ort umsonst war. „Was habe ich die letzten Jahre da überhaupt gemacht? Ich glaube, jeder, der dort unten war, stellt sich diese Frage“, sagt der Gerolsteiner Kommandeur Lars Thorsten Decker.

Die Frage, warum der Westen versagt hat, wird weiterhin heiß diskutiert. Grünen-Chef Robert Habeck hatte beim Wahlkampfauftritt am Freitag in Trier der Bundesregierung beim gescheiterten Afghanistan-Einsatz „organisierte Verantwortungslosigkeit“ vorgeworfen. Die zuständigen Politiker müssten Fehler zugeben und Konsequenzen ziehen.

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