Fall Billen: Sondersitzung nach der Sommerpause

Mainz/Landau · Die Ermittlungen gegen den umstrittenen Eifeler CDU-Landtagsabgeordneten Michael Billen haben doch noch ein juristisches Nachspiel. Die Staatsanwaltschaft Landau will Billens Immunität aufheben lassen, offenbar um Anklage zu erheben. Für den 54-Jährigen kommt die Nachricht zu einem ungünstigen Zeitpunkt.

Noch Anfang dieser Woche sah es so aus, als zögen sich die seit Ende vergangenen Jahres laufenden Ermittlungen gegen Michael Billen weiter in die Länge. Nun, wenige Tage vor Ende der parlamentarischen Sommerpause, kommt plötzlich Bewegung in die Angelegenheit. Für Donnerstagmittag nächster Woche hat der Dauner CDU-Mann Herbert Schneiders die 13 Mitglieder des Landtags-Rechtsausschusses zu einer Sondersitzung eingeladen. Ursprünglich sollte die erste Sitzung nach der Sommerpause erst zwei Wochen später sein. Aber die Sache eilt.

Nach Informationen unserer Zeitung hat die Landauer Staatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität (siehe Stichwort) Billens beantragt. Erst nach der Zustimmung des Ausschusses können die Ermittler einen Strafbefehl beantragen oder Anklage gegen den Landtagsabgeordneten erheben – Voraussetzung für einen möglichen Prozess.

Gegen Michael Billen wird seit neun Monaten wegen möglicher Anstiftung zum Geheimnisverrat und Verstößen gegen das Datenschutzgesetz ermittelt. Der 54-jährige CDU-Politiker hatte eingeräumt, geheime Daten über Geschäftspartner der Nürburgring GmbH aus dem polizeilichen Informationssystem Polis bei seiner Tochter „abgegriffen“ zu haben. Auch gegen Billens Tochter, eine Polizistin, und drei ihrer Kollegen wird ermittelt.

In der Vergangenheit hatte die Landauer Staatsanwaltschaft bereits mehrfach angekündigt, die Ermittlungen im Fall Billen seien beendet, eine Entscheidung stehe unmittelbar bevor, um diese schließlich doch wieder hinauszuschieben. Erst am Dienstag sagte der Leitende Landauer Oberstaatsanwalt Detlef Winter unserer Zeitung: „Es dauert noch ein bis zwei Wochen.“ Wegen „innerdienstlicher Vorgänge“ habe sich die Angelegenheit verzögert.

Inzwischen scheint klar zu sein, was Winter mit „innerdienstlichen Vorgängen“ gemeint haben dürfte: Die Staatsanwaltschaft wollte wohl das Ende der parlamentarischen Sommerpause abwarten, um sicherzugehen, dass der Rechtsausschuss rasch einberufen werden kann.

Eine offizielle Bestätigung gab es am Freitag von keiner Seite. „Ich gebe keine Stellungnahme ab, in 14 Tagen sind wir alle schlauer“, sagte der Landauer Chef-Staatsanwalt Detelf Winter. Ausschuss-Vorsitzender Herbert Schneiders bestätigte lediglich die Sondersitzung. Und Michael Billen sagte: „Solange ich nichts weiß, kann ich nichts kommentieren. Wenn aber stimmt, was die Medien berichten, ist der Umgang mit dem Betroffenen nicht akzeptabel.“

Für den 54-jährigen Christdemokraten kommt die Nachricht zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Erst Ende Juni war Michael Billen von den Bitburg-Prümer CDU-Mitgliedern mehrheitlich erneut zum Direktkandidaten bei der Landtagswahl im März 2011 gewählt worden. Bereits am kommenden Mittwoch berät der CDU-Bezirksvorstand erstmals über die Listenplatzierung der regionalen CDU-Bewerber, über die ein Parteitag Anfang September entscheidet. Michael Billens Chancen auf eine vordere Platzierung dürften nach der jüngsten Entwicklung gegen null gehen. Zumal seine innerparteilichen Gegner bereits im Vorfeld angekündigt hatten, alles daranzusetzen, um eine Listenkandidatur Billens zu verhindern. Ihnen spielt die Entscheidung der Landauer Staatsanwaltschaft nun in die Hände. Wann ein möglicher Prozess gegen Billen terminiert wird, ist völlig offen.

Meinung

Mal oben, mal unten

Von Rolf Seydewitz

Seit ihn die Polizeidaten-Affäre in Misskredit gebracht hat, ist Michael Billen auf Berg- und Talfahrt. Ende Juni stand der Eifeler CDU-Mann noch einmal ganz oben. Da gewann er souverän die Kampfabstimmung um die Direktkandidatur der Bitburg-Prümer CDU. Billen triumphierte. Zum letzten Mal?

Mit Bekanntwerden der von der Staatsanwaltschaft beantragten Immunitätsaufhebung geht es für den Eifeler Landwirt jedenfalls wieder bergab. Und das Gefälle wird sogar noch zunehmen.

Die Anfang des Jahres gescheiterte und nun beflügelte CDU-Landesspitze wird einen neuen Anlauf unternehmen, den ungeliebten Kaschenbacher Abgeordneten loszuwerden. Ihre Wortführer werden hartnäckiger sein und dieses Mal wohl auch ein Fraktionsausschlussverfahren nicht scheuen.

Zwar besagt eine Anklage nicht, dass Michael Billen am Ende auch verurteilt wird. Aber was ist eine Unschuldsvermutung wert, wenn die Partei mitten im Wahlkampf steckt?!

Immunität

Unter politischer Immunität versteht man den Schutz eines Abgeordneten vor Strafverfolgung. Die Immunität wurde im 19. Jahrhundert eingeführt, um Parlamentarier etwa vor willkürlichen Anklagen oder Verhaftungen zu schützen. Heute soll die Immunität vor allem die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sicherstellen. Sie kann daher auch vom Parlament aufgehoben werden. In der Regel ist dies reine Formsache. In Rheinland-Pfalz hat der Landtag diese Aufgabe an den Rechtsausschuss delegiert. (sey)

Extra

Statement der Billen-Anwälte

„Der gegen unseren Mandanten erhobene Vorwurf einer Anstiftungs- oder Beihilfehandlung ist aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen unzutreffend. Falls die Staatsanwaltschaft Landau die Aufhebung der Immunität beantragen sollte, um Anklage zu erheben, dürfte dies politisch motiviert sein. Schon der Immunitätsausschuss kann die Stichhaltigkeit des Vorwurfs überprüfen, und jedenfalls das angerufene Gericht wird die Unbegründetheit der Vorwürfe feststellen.“ (sey)

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