Finanzkrise: Luxemburg trifft es am härtesten

Luxemburg · Luxemburg steckt in der größten Wirtschaftskrise seit den 70er Jahren. Kein EU-Land sei stärker von der weltweiten Finanzkrise betroffen als das Großherzogtum, sagen Experten.

(wie) Das Wirtschaftswachstum Luxemburgs kannte jahrelang nur eine Richtung: nach oben. Aus der Stahlkrise Mitte der 70er Jahre, die das damals noch einseitig auf Produktion ausgerichtete Nachbarland hart traf, hat man im Großherzogtum seine Konsequenzen gezogen. Innerhalb weniger Jahre gelang ein Strukturwandel. Mit mehr als 150 sich überwiegend in ausländischer Hand befindlichen Banken ist Luxemburg mittlerweile zum Finanzplatz Nummer eins in Europa geworden: Es verfügt über das größte Angebot an Investmentsfonds und ist der zweitgrößte Geldmarkt in Europa.

Kein Wunder also, dass die weltweite Wirtschaftskrise das Nachbarland besonders hart trifft. Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) sehen Luxemburg sogar vor der größten Krise seit der Stahlkrise. Kein EU-Land sei stärker betroffen als das Großherzogtum, heißt es in einem vierseitigen Bericht des IWF über Luxemburg. Die Experten schätzen, dass in diesem Jahr die Wirtschaft um 3,8 Prozent schrumpfen wird – das wäre mehr als doppelt soviel, wie die luxemburgische Statistikbehörde Statec schätzt. Laut IWF ist das Wachstum von heute auf morgen im dritten Quartal 2008 gestoppt worden, seitdem habe sich die Wirtschaft Luxemburgs nicht mehr erholt. Nach Ansicht der Finanzexperten wird es bis nächstes Jahr kein Wachstum mehr in Luxemburg geben, und danach wird sich die Wirtschaft wohl nur langsam erholen. Mit anderen Worten: Die guten Zeiten in Luxemburg sind vorbei, das stetige Wachstum lasse sich nicht wiederholen, heißt es in dem IWF-Bericht.

Die Auswirkungen der Krise sind in Luxemburg spürbar. Die Arbeitslosenquote schnellte im Februar auf 5,2 Prozent hoch, knapp 16.000 in Luxemburg wohnende Beschäftigte waren arbeitslos. Nicht in der Arbeitslosenstatistik aufgeführt sind die Zeitarbeiter und Pendler. Experten gehen davon aus, dass vor allem Zeitarbeiter in den vergangenen Wochen von Entlassungen betroffen waren. Für das kommende Jahr rechnen die luxemburgischen Statistiker mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von sechs Prozent.

Um die Krise zu meistern, raten die IWF-Experten unter anderem, auf die automatische Anpassung der Löhne und Gehälter an die Preissteigerung zu verzichten. Das ruft die Gewerkschaften auf den Plan. Alles Schwarzmalerei, kritisiert der Christliche Gewerkschaftsbund Luxemburgs. Und: Die Abschaffung der Lohnanpassung sei wohl kein Rezept, mit dem Luxemburg aus der Wirtschaftskrise herausfinde. mar/bre

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