Anziehungspunkte schaffen, Schandflecke beseitigen

Gerolstein · Wie soll Gerolstein in 15, 20 Jahren aussehen? Wie kann die Stadt trotz demografischen Wandels weiterhin eine attraktive Wohn- und Einkaufskommune sowie ein touristischer Magnet bleiben - oder gar noch stärker werden? Dies sind die zentralen Fragen einer Bürgerversammlung zum Thema Stadtentwicklung am heutigen Dienstag im Rondell, bei der die Gerolsteiner explizit aufgerufen sind, eigene Ideen vorzustellen.

 Wichtiger Bestandteil der künftigen Stadtentwicklung Gerolsteins: das freiwerdende Innenstadtgelände des Gerolsteiner Brunnens. TV-Foto: Mario Hübner

Wichtiger Bestandteil der künftigen Stadtentwicklung Gerolsteins: das freiwerdende Innenstadtgelände des Gerolsteiner Brunnens. TV-Foto: Mario Hübner

Foto: (e_gero )

Gerolstein. Schon früh im neuen Jahr, am heutigen Dienstag, 17. Januar, ab 18 Uhr in der Stadthalle Rondell, lädt Gerolsteins Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU) zur ersten Bürgerversammlung 2017 ein. Und das nicht ohne Grund: "Wir haben eine Riesenaufgabe vor uns, die wir jetzt schrittweise angehen. Es ist wohl das größte Gesamtprojekt, das jemals in Gerolstein aufgelegt wurde", sagt er in Anspielung auf das Thema der Zusammenkunft: "Integriertes Stadtentwicklungskonzept - Neue Perspektiven für die Zukunft der Stadt". Dafür stellen Bund und Land der Stadt Gerolstein für die nächsten zehn Jahre 4,6 Millionen Euro zur Verfügung.
Ein riesiges Areal


So hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) im März vergangenen Jahres die Förderzusage überreicht und gesagt: "Das Mittelzentrum Gerolstein bietet sich für eine Städtebauförderung sehr gut an. Denn auf fast 20 Hektar Innenstadtgelände hat sie gleich mehrere vielversprechende Vorhaben vor, durch die sich die Stadt enorm weiterentwickeln kann. Das unterstützen wir gerne." Hinter der anonym-abstrakten Formulierung "Integriertes Stadtentwickungskonzept" verbergen sich ganz konkret ein riesiges Areal und mannigfaltige Herausforderungen. Der Bereich, der in den nächsten Jahren auf Vordermann gebracht werden soll, erstreckt sich von der Innenstadt (Hauptstraße, Bahnhofstraße, Brunnenplatz) über den Bahnhof bis zum Altstadtparkplatz/Museum und das Gelände des Gerolsteiner Brunnens. Dessen Gestaltung kommt eine zentrale Bedeutung zu.
Bereits Ende 2013 hatte der Gerolsteiner Brunnen den Betrieb auf dem Innenstadtgelände aufgegeben und angekündigt, das Areal für eine andere Nutzung zur Verfügung zu stellen. Derzeit sind die letzten Abbrucharbeiten zu Gange. Parallel wurde das Büro Faco aus Bitburg vom Brunnen beauftragt, für das 32 000 Quadratmeter großen Areal ein Nutzungskonzept aufzustellen. Das tat das Büro bereits 2014. Es sieht die Ansiedelung eines großen Supermarkts, Fachmärkten zwischen 500 und 800 Quadratmeter sowie Wohnen auf hohem Niveau vor. Der Vorschlag stieß im Gerolsteiner Stadtrat und Bauausschuss allerdings bislang nicht auf große Gegenliebe. So sagt Bongartz: "Das, was Faco bisher vorgestellt hat, ist nicht das, was sich die Stadt vorstellt. Darüber ist mit Sicherheit noch zu diskutieren. Und ich denke auch nicht, dass das dem Bürgerwillen entspricht."
Damit spricht er ein zentrales Stichwort an: Denn die hohe Bezuschussung durch Bund und Land sieht explizit eine starke Form der Bürgerbeteiligung vor. "Wir müssen und wollen die Bürger einbeziehen. Für mich ist das nicht nur Pflicht, sondern zentrales Credo. Die Bürger sollen nicht den Kopf schütteln und abwinken, sondern konkrete Ideen einbringen. Jetzt gilt es", betont der Stadtbürgermeister, weiß aber auch, dass das Thema bislang verschlafen wurde. "Wenn das vor vier, fünf Jahren bereits konkret angegangen worden wäre, hätten wir es jetzt leichter", sagt Bongartz und verweist auf die anderen Großprojekte, die in der Stadt bereits angestoßen oder in den nächsten Jahren anpackt werden: Renaturierung Kyll und Peschenbach, Abriss Drahtfabrik, Umgestaltung Bahnhof, Neubau der Hochbrücke.
Bongartz gibt sich ambitioniert: "Ich hätte gerne in diesem Jahr die Planung fertiggestellt und auch bereits das erste Bauprojekt angepackt. Das könnte beispielsweise Kauf und Abriss des Kaiserhofs sein." Die ehemalige Gaststätte, die seit Jahren leersteht, verfällt immer mehr. Es gibt schon lange Überlegungen, dort einen attraktiven Eingang zur Hauptstraße zu schaffen.
Meinung

Erneut aufraffen, Ideen einbringen!
Vor sechs Jahren hat der Gerolsteiner Brunnen angekündigt, sein Areal in der Brunnenstraße aufzugeben und für interessante Ansiedlungen zu öffnen. Seit jeher haben die politisch Verantwortlichen in der Stadt immer wieder betont, wie sehr sie das freut, wie wichtig das "Filetstück" für die künftige Entwicklung Gerolsteins sein werde und dass die Bürger in die Planungen einbezogen würden. Viel weiter ist man bis jetzt noch immer nicht. Leider. Das vom Brunnen beauftragte Planungsbüro hat weitgehend im stillen Kämmerlein geplant, ein Konzept (Supermarkt, Fachmärkte und Wohnungen) aufgestellt, das niemanden vom Hocker riss - und bis dato dennoch daran festgehalten. Die Stadt hat brav zugesehen und darauf verwiesen, dass sie nicht "Herrin" des Verfahrens sei und ab und an Kritik geäußert. Aber sie hat nie den Eindruck vermittelt, dass sie selbst das Thema anpacken will. Und in Sachen Bürgerbeteiligung ist es bisher bei großmundigen Ankündigungen der Stadt geblieben. Die zaghaften Versuche, bei denen Ideen eingefordert wurden, sind allesamt im Sande verlaufen. Leider sind dadurch Chancen vertan worden. Denn der Gerolsteiner Brunnen hat inzwischen alle Hallen abreißen lassen. Diese hätten ja unter Umständen als Sport- und Freizeitarenen mit dringend benötigten Schlecht-Wetter-Angeboten (Kartfahren, Kletter-, Mountainbike- oder Trampolin-Halle etc.) dienen können. Nun ist die Stadt verpflichtet, Bürgers Stimme einzuholen, da es ansonsten keine Millionen von Bund und Land gibt. Auch wenn es bislang alles andere als gut lief: Jeder Bürger sollte sich jetzt noch einmal aufraffen und die Mühe machen, eigene Vorschläge für ein attraktives Gerolstein zu präsentieren. Es ist die Anstrengung wert. m.huebner@volksfreund.de

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