Auf gute Nachbarschaft!

Gerolstein · Der Reginenhof in Gerolstein mit 600 Stück Vieh halbiert seinen Bestand und stellt bis Mitte 2019 auf ökologische Landwirtschaft um. Der Gerolsteiner Brunnen als direkter Nachbar unterstützt das Vorhaben - auch finanziell.

 Der Reginenhof in Gerolstein mit 600 Stück Vieh, der in Nachbarschaft zum Gerolsteiner Brunnen liegt, stellt auf ökologische Bewirtschaftung um und halbiert seinen Viehbestand. Das bedeutet auch: weniger Gülle. TV-Foto: Mario Hübner

Der Reginenhof in Gerolstein mit 600 Stück Vieh, der in Nachbarschaft zum Gerolsteiner Brunnen liegt, stellt auf ökologische Bewirtschaftung um und halbiert seinen Viehbestand. Das bedeutet auch: weniger Gülle. TV-Foto: Mario Hübner

Foto: Mario Hübner (mh) ("TV-Upload H?bner"

Gerolstein Der niederländische Landwirt Rien Romme (33) hat vor sieben Jahren den Reginenhof am Stadtrand von Gerolstein gekauft und zu einem der größten konventionell arbeitenden Milchviehbetriebe in der Region umgebaut. Knapp 600 Stück Vieh hält er dort. Das sorgte vor allem in der Nachbarschaft für reichlich Verdruss, denn viel Vieh macht nicht nur viel Mist, sondern braucht auch viel Futter. Und da beides, Gülle und Silage, nicht besonders gut riecht, hat das den Bewohnern des Baugebiets Gerolstein-Nord im wahrsten Wortsinn gestunken (der TV berichtete mehrmals). Sie gingen auf die Barrikaden - und nach einigem Hin und Her traf Romme Vorkehrungen, damit die Geruchsbelastung etwas geringer wird. Weg ist sie beileibe nicht. Und auch bei den Wasserwerken des Gerolsteiner Landes und dem Gerolsteiner Brunnen beäugte man äußerst kritisch die Entwicklung in der Nachbarschaft. Schließlich bedeutet viel Gülle immer auch die Gefahr, dass dadurch das Wasser verunreinigt wird. So sagt Joachim Schwarz, kaufmännischer Geschäftsführer beim Gerolsteiner Brunnen: "Es dauert zwar sehr lange, bis sich ein Regentropfen Gerolsteiner nennen darf. Aber je früher und besser wir darauf achten, was oben passiert, desto besser." Ulrich Rust, Geschäftsführer Technik und Logistik und verantwortlich für Nachhaltigkeit beim Mineralbrunnen, bringt das so auf den Punkt: "Für uns als Mineralbrunnen hat der Schutz von Grund- und Tiefenwasser im Gerolsteiner Land oberste Priorität."Man habe "von Anfang an ein hohes Konfliktpotenzial gesehen und direkt den Dialog angeregt", so Schwarz. Und zwar nicht nur mit dem Landwirt, sondern auch der Kommune und den Ministerien in Mainz. Nun sei dieser "lange Prozess zu einem guten Ende geführt" worden. Rust kommentiert das so: "Wir sind sehr froh, dass Herr Romme nun diesen Weg zur Ökolandwirtschaft einschlägt. Das ist ein Leuchtturmprojekt." Mögen weitere Landwirte in der Region dem Beispiel folgen, so der Wunsch der Gerolsteiner-Geschäftsführung. In der Vereinbarung ist festgelegt, dass Romme erstens seinen Betrieb auf ökologische Landwirtschaft umstellt. Das beinhaltet, dass künftig weder mineralischer Dünger benutzt noch die Wiesen und Felder gespritzt werden. Zudem sollen die Kühe und Kälber von April/Mai bis September/Oktober auf der Weide sein. Zudem wird Romme seinen Viehbestand auf unter 300 Stück halbieren - was auch nur noch halb so viel Gülle bedeutet. Darüber hinaus will er künftig vermehrt Pflanzen wie Klee und Luzerne anbauen, die viel Stickstoff aufnehmen - und so die Nitratkonzentration reduzieren. Bis zum 30. Juni 2019 soll die Umstellung, die bereits eingeleitet wurde, vollzogen sein. Rien Romme sagt: "Die ersten beiden Kühe haben wir schon verkauft." Angesichts des gestiegenen Milchpreises befürchtet er speziell dadurch keine Verluste. Dennoch wird ihn die Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung nach einer Einschätzung "viel Geld kosten". Wie viel genau, wollte er nicht sagen.Dafür äußerte er sich zu den geplanten Investitionen: Um die Geruchsemission zu verringern, werde künftig von Silage auf Heu umgestellt. Romme will zudem ein Dach über die Güllesilos und eine große Heutrocknungsanlage bauen - also eine große Halle mit Gitterboden zur Belüftung. Dafür gibt es nicht nur Geld vom Staat, sondern auch vom Gerolsteiner Brunnen. So sagt Geschäftsführer Schwarz: "Die Umstellung kostet Geld, wir beteiligen uns daran." Genau Zahlen nannte er - auch auf Nachfrage - nicht."Unser Ziel ist es, beste Heu-Milch in Bio-Qualität zu erzeugen", sagt Romme. Außerdem erhofft sich der verheiratete Familienvater, der eine Tochter von zweieinhalb Jahren und einen Sohn von zwei Monaten hat, "weniger Arbeit". Und von der Umstellung auf einen Biobetrieb mit weniger Vieh, weniger Gülle und viel Heu, "das super duftet", auch eine Klimaverbesserung - in vielerlei Hinsicht. Die wird es geben, da ist sich Gerolsteins Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU) sicher. Er sagt: "Diese Nachricht wird viele Bürger, aber vor allem die Anwohner sehr freuen." Die Vereinbarung sei zwar "ein hartes Stück Arbeit" gewesen, stellt aber einen tollen Erfolg" dar. Eine Idee, wie die künftige Bio-Heumilch vom Betrieb Romme genannt werden könnte, gibt es auch schon. So schlägt Technik-Geschäftsführer Rust analog des Werbeslogans vom Gerolsteiner Brunnen vor: "Milch mit Stern." KommentarMeinung

Erfolg dank Geld und guter WorteDer Schutz seiner Quellen ist für den Gerolsteiner Brunnen oberstes Gebot allen Handelns. Denn qualitativ hochwertiges und vor allem gesundheitlich einwandfreies Mineralwasser ist die Basis von allem: dem wirtschaftlichen Erfolg, den Jobs, dem gesamten Unternehmen, dem Wohlergehen von Stadt und Gerolsteiner Land. Daher ist gut zu verstehen, dass der Brunnen (und mit ihm die Kommune) überall dort, wo das infrage gestellt werden könnte, massiv entgegenwirkt. Das ist erstens bei der neuen Bebauung und Nutzung des alten Werksgeländes in der Innenstadt so, wo alle Vorhaben, die den Quellen im wahrsten Wortsinn zu nahe kommen, abgelehnt werden. Das ist zweitens - wenn bislang auch nur von minimalem Erfolg gekrönt - beim Versuch der Eindämmung des überdimensionierten Gesteinsabbaus so. Und das ist drittens beim Verhindern von negativen Einflüssen auf den Wasserhaushalt durch intensive Landwirtschaft (sprich zu viel Gülle) im Bereich des Wassereinzuggebiets des Unternehmens so. Dass der Brunnen nun den größten Bauern in seiner Nachbarschaft mit Geld und guten Worten zum Umschwenken auf ökologische Landwirtschaft und vor allem zur Halbierung des Viehbestands gebracht hat, ist ein großer Erfolg. Ein Erfolg, von dem alle profitieren: der Brunnen, (hoffentlich auch) der Landwirt, die geruchsgeplagten Anwohner, die Stadt. Auch wenn der Brunnen nicht verrät, was er sich das kosten lassen wird, ist es gut angelegtes Geld. m.huebner@volksfreund.deExtra: DAS SAGT DIE BÜRGERINITIATIVE

Der TV hat sich bei der Bürgerinitiative aus dem Baugebiet Gerolstein-Nord umgehört, die sich wegen des Gestanks vom Reginenhof gebildet hatte. So sagt Reinhard Gröppe auf die ihm bislang unbekannte Nachricht, dass der Hof auf Ökobewirtschaftung umsteigen und seinen Viehbestand halbieren will: "Das hört sich gut an!" Auch der Umstand, dass die Umstellung "ja relativ zeitnah" vonstattengehen soll, kam gut an. Dennoch zeigt sich Gröppe noch zurückhaltend: "Man muss jetzt mal abwarten, was wirklich passiert. Schließlich laufen da ja auch noch ein paar Dinge." Damit spielt er auf den Umstand an, dass die BI bereits vor geraumer Zeit einen Fachanwalt eingeschaltet hat, um Verbesserungen zu erzielen.

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