"Die Arbeit darf nicht einschlafen"

Gerolstein-Müllenborn · Nachwuchssorgen beim Seniorenbeirat der Stadt Gerolstein: Der langjährige Vorsitzende Karl-Heinz Knobloch (87) gibt dieses Jahr aus Altersgründen sein Amt auf. Sein größter Wunsch: "Die Arbeit muss weitergehen."

 Der langjährige Vorsitzende des Seniorenbeirats der Stadt Gerolstein, Karl-Heinz Knobloch (87), stellt sein Amt zur Verfügung – aus Altersgründen. TV-Foto: Mario Hübner

Der langjährige Vorsitzende des Seniorenbeirats der Stadt Gerolstein, Karl-Heinz Knobloch (87), stellt sein Amt zur Verfügung – aus Altersgründen. TV-Foto: Mario Hübner

Gerolstein-Müllenborn. "Ich werde eines Tages eine Versammlung einberufen, bei dem der Seniorenbeirat und der Vorsitzende neu gewählt werden", sagt Karl-Heinz Knobloch dem TV, der ihn vor einigen Tagen besucht hat. Knobloch führt das Gremium seit fast 16 Jahren: Am 11. November 1997 wurde er erstmals zum Vorsitzenden gewählt und danach mehrfach im Amt bestätigt.
Dass dieser Tag schon bald, genauer noch dieses Jahr, sein wird, und er dann definitiv nicht mehr antritt, teilt der 87-Jährige erst auf Nachfrage mit.
Einerseits weiß er, dass das Alter so seine Tücken hat und einen manchmal schon etwas vergessen lässt. Und dass er den Job nicht ewig machen kann. Oder wie er es mit dem ihm eigenen Humor sagt: "Na ja, überall, wo ich hinkomme, bin ich mittlerweile der Älteste."
Andererseits hängt er an der Arbeit. So sagt er auch: "Ich würde sehr traurig, wenn die Arbeit des Seniorenbeirats einschläft." Daher sei es auch sein "größter Wunsch, dass immer genügend Leute da sind, die weitermachen".
Nachwuchssorgen plagen den Seniorenbeirat aber schon seit Jahren. Nur ab und zu stößt jemand Neues dazu und hilft mit, die Belange der älteren Generation in der Stadt zu vertreten, Vorträge und Veranstaltungen zu organisieren (siehe Extra). Woran das liegt? Schwer zu sagen. Eine Erklärung hat Knobloch dennoch: "Man darf nie Seniorenbeirat sagen, denn dann denken sich viele: Was soll ich da mit meinen 65 Jahren? Da sind doch nur alte Leute." Die bisherigen Mitglieder, die mit Ausnahme von "Neuzugang" Gisela Sander (65) alle über 70 sind, wollen zwar vorerst weitermachen.
Den Vorsitz strebt aber keiner an. Außerdem wünschen sich alle, dass sich weitere Mitglieder dem Beirat anschließen. "Wir können frisches Blut gebrauchen", sagt stellvertretend Karl Juntermanns (86).
Die Mitarbeit im Beirat ist ab 60 Jahren möglich. Und die Interessen der über-60-Jährigen stehen exakt im Mittelpunkt der Arbeit. Derzeit gehören 2218 Menschen dieser Altersgruppe in Gerolstein und den Stadtteilen an - bei insgesamt knapp 8000 Bewohnern. Und der prozentuale Anteil wird künftig deutlich zunehmen.
Aber auch an andere Gesellschaftsgruppen denkt der Beirat. So hat er vom Erlös des Kuchenverkaufs im Advent (siehe Extra) bereits einen Defibrillator fürs DRK sowie einen Aufzug fürs Rettungsfahrzeug angeschafft und unlängst 3000 Euro für die neue Kindertagesstätte in Gerolstein gespendet. "Ist ja auch wichtig, dass die gut ausgestattet sind", sagt Knobloch.
Er selbst fährt noch immer mit dem eigenen Auto und ist täglich unterwegs. Mittags gehts ins Seniorenheim Am Auberg, wo ein guter Mittagstisch lockt. Außerdem unterhält er sich dort mit den Bewohnern - um herauszufinden, wo der Schuh drückt und ob er helfen kann. Und um selbst Unterhaltung zu haben. Auch in der Stadt ist er gerne unterwegs. Letztens habe er sich die neue Hauptstraße und den Brunnen, der gebaut wird, angeschaut. Das Urteil des langjährigen Stadtratsmitglieds: "Das wird alles sehr schön."
Spazierengehen im Wald, der direkt an sein Grundstück in Müllenborn anschließt, ist seine Sache eher nicht. Die Begründung ist plausibel: "Das sollte ich zwar tun, aber ich bin viel lieber dort, wo ich Leute treffe. Mit den Bäumen kann man sich so schlecht unterhalten."
Dem Seniorenbeirat der Stadt Gerolstein gehören derzeit an: Vorsitzender Karl-Heinz Knobloch (87), Telefon 06591/4608, Stellvertreter Richard Müller (76), Telefon 06591/4440, Karl Juntermanns (86), Telefon 06591/7966, Elfriede Müller (72), Telefon 06591/4440, Maria Hoffmann (75), Telefon 06558/560, Gisela Sander (65), Telefon 06591/7901, und Günther Theis (73), Telefon 06591/5673. Ansprechpartnerin im Rathaus ist Katrin Weber, Telefon 06591/13-137.
Extra

Der Seniorenbeirat der Stadt Gerolstein hat sieben Mitglieder und besteht seit Ende 1992. Er wird alle drei Jahre in einer öffentlichen Versammlung gewählt. Wahlberechtigt sind alle über-60-Jährigen aus Gerolstein und den Stadtteilen. Die Mitglieder des Beirats wiederum wählen aus ihren Reihen ihren Vorsitzenden und Stellvertreter. Der Beirat vertritt die Belange der älteren Menschen in der Stadt und fungiert als Mittler zum Stadtrat und dem Stadtbürgermeister. Aufgaben: Der Seniorenbeirat veranstaltet regelmäßig mit dem Senioren-Förderverein einen Seniorentreff mit Kaffee und Kuchen in der Raderstube des Mehrgenerationenhauses (jeden zweiten Montag im Monat ab 15 Uhr). Zudem bietet er Vorträge mit Experten zu seniorenrelevanten Themen an. Dabei geht es um Diebstahlschutz in Haus und Wohnung, Ernährung im Alter, das breite Spektrum der Gesundheitsthemen oder Abzocktricks bei Kaffeefahrten. Die beiden bekanntesten Veranstaltungen sind der ´Verkauf des längsten Gewürzkuchens von Gerolstein im Advent sowie seit 1994 der Seniorennachmittag (am letzten Mittwoch vor dem ersten Advent) im Rondell, zu dem zwischen 200 und 400 Senioren kommen und sich bei Schnittchen, Kaffee und Kuchen, Gesang und Vorträgen bestens im Rondell unterhalten. mh

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