Kaiserhof-Schandfleck ist vielen Dorn im Auge

Gerolstein · Gut und gut besucht: An der Bürgerversammlung zum Stadtumbau in Gerolstein haben knapp 250 Bürger teilgenommen. Ihre Hauptwünsche: Der Kaiserhof soll einem neuen Zugang zur Hauptstraße weichen, das Brunnengelände zu einem Anziehungspunkt und die Bereiche an der Kyll und um den Bahnhof attraktiv umgestaltet werden. Auch Angebote für junge Menschen wurden mehrfach gefordert.

Gerolstein. Die Stadthalle Rondell ist wegen der anstehenden Karnevalsveranstaltungen närrisch geschmückt, doch im Inneren geht es an diesem Abend ernsthaft und konzentriert zu. Knapp 250 Bürger sind der Einladung der Stadt gefolgt, sich die Vorschläge der beiden von der Stadt beauftragten Planungsbüros zum Stadtumbau anzuhören und eigene Ideen einzubringen.
"Wir haben einen bunten Strauß an Ideen, werden aber relativ abstrakt bleiben. Und das hat seinen guten Grund: Schließlich sollen Sie, liebe Bürger, mitdiskutieren und eigene Vorschläge machen", sagte Oliver Knebel vom Planungsbüro Firu aus Koblenz.
Und das haben sie engagiert getan. Auf große Resonanz fiel sein Vorschlag, den seit Jahren leer stehenden und nach und nach verfallenden Kaiserhof durch die Stadt zu kaufen, abreißen zu lassen und dort einen neuen, attraktiven Eingang für die Hauptstraße zu schaffen - eine Idee, die der damalige Gewerbevereinsvorsitzende Heinz Weber schon vor Jahren vorgetragen hat.
Hauptstraße liegt versteckt


Denn sowohl Planer Knebel als auch etliche Bürger haben als großes Problem erkannt: Wer auf der B 410 durch Gerolstein fährt, bemerkt gar nicht, dass es noch eine weitere, durchaus ansehnliche Innenstadt mit kleinen Geschäften gibt. Denn die Hauptstraße liegt erstens versteckt hinter großen Häuserfassaden, zweitens deutlich höher als die B 410, und drittens "gibt es keine gute Besucherlenkung in die Innenstadt", stellte Knebel als großes Manko und eben auch wichtigen Ansatzpunkt fest.
Seine Idee, vom Bahnhof über die B 410 weiter über den Hutterparkplatz und den angedachten neuen Eingang am Kaiserhof die Auto- und Radfahrer, Wanderer wie Bahnreisende gezielt in die Innenstadt zu lenken, fand großen Anklang.
Abreißen, wenn möglich, würde er am liebsten weitere Gebäude in der Hauptstraße. Um "Stadtbalkone" zu schaffen, die einen doppelten Effekt hätten: "Einerseits hätte man von dort einen schönen Ausblick auf die Kyll und die Munterley, andererseits würde man von der Bundesstraße die Innenstadt besser erkennen." (Siehe Extra).
Und den Hutterparkplatz hält er für zu groß und unansehnlich. Sein Vorschlag, ihn ebenso wie weitere ungenutzte Plätze umzubauen, zum Teil zu bepflanzen und somit deutlich aufzuwerten, kam ebenfalls gut an.
Auch die Planerinnen vom Büro Firu sehen vor allem in der optischen Gestaltung der Bereiche zwischen Bahnhof, Kyll, B 410 und Hauptstraße Nachholbedarf, geben sie dem Aussehen nur Schulnoten zwischen 3 und 5. Da die Stadt Gerolstein das Problem aber bereits erkannt und Maßnahmen wie den Umbau der Kyll, des Bahnhofs sowie des Bahnhofsvorplatzes in die Wege geleitet hat, gilt es, die Projekte aufeinander abzustimmen und sinnvoll miteinander zu verknüpfen.
Wirtschaftlichkeit betont


Zum riesigen Brunnenareal am Stadteingang, wo auf rund 28 000 Quadratmetern neue Ansiedlungen möglich wären, meinte Planer Knebel, dass bislang nur ein Konzept auf dem Tisch liege. Das sieht den Umzug eines großen Lebensmittelgeschäfts aus der Sarresdorfer Straße samt Ansiedlung weiterer Fachmärkte und eine moderne Wohnbebauung vor (der TV berichtete). Konkrete eigene Vorschläge machte der Planer nicht. Er meinte nur, die Ansiedlungen sollten "attraktiv und wirtschaftlich tragfähig" sein: "Was nützen einen gute Ideen, wenn sie keiner bezahlen will?" Dem pflichtete Stefan Kutscheid vom Büro Faco aus Bitburg bei, der im Auftrag des Gerolsteiner Brunnens besagtes Nutzungskonzept erstellt hat.
Angebote für die Jugend


Nichtsdestotrotz schlugen einige Bürger vor, touristische Angebote zu installieren, die auch bei schlechtem Wetter genutzt werden können. Denn daran, das sagen die Touristiker seit Jahren, mangelt es in Gerolstein besonders. Die Ideen reichen von einer Halle zum Spielen und Toben bis hin zum Klettern oder Trampolinspringen. In eine ähnliche Richtung zielten die Vorschläge gleich mehrerer Bürger, deutlich mehr Angebote für junge Menschen zu schaffen. So stellte unter anderem Hardy Schmidt-Ellinger fest: "Jeden Tag besuchen mehrere Tausend Schüler Gerolstein. Das ist ein riesiges Potenzial. Sie langfristig durch Angebote an die Stadt zu binden, muss eine zentrale Aufgabe sein. Dazu gehören Freizeitangebote", sagte er und wartete zudem mit einer ganz neuen Idee auf: "Wie wäre es mit einem Bildungscampus auf dem Brunnengelände, bei dem es um neue Technologien geht?"Meinung

Endlich: So geht Bürgerbeteiligung!
Das war eine gelungene Veranstaltung, so stellt man sich von der Kommune initiierte Bürgerbeteiligung vor! Das rege Interesse an der gut vorbereiteten und gelungen moderierten Bürgerversammlung im Rondell zeigt, dass die Gerolsteiner durchaus ein großes Interesse an der künftigen Entwicklung ihrer Stadt haben - wenn sie denn mitreden dürfen und ernst genommen werden. Und sie haben sich klar für einige Punkte ausgesprochen: Allen voran der baldige Abriss des Kaiserhofs und die dortige Schaffung eines weiteren, gut sichtbaren Eingangs in die Hauptstraße ist ihnen wichtig. Daher sollte die Stadt diesem Vorhaben nun endlich eine hohe Priorität beimessen. Was die Konversion des Brunnengeländes angeht, die für die Stadtentwicklung enorm wichtig sein wird, ist allerdings leider festzuhalten: Dazu gab es nie eine ernsthafte Bürgerbeteiligung! Sechs (!) Jahre nach der Ankündigung des Brunnens, sein Areal in der Brunnenstraße aufzugeben und für interessante Ansiedlungen zu öffnen, gibt es immer nur noch das Konzept von Faco: Supermarkt, Fachmärkte und Wohnungen. Die direkt zu Beginn zaghaft eingeholten Ideen der Bürger wurden nie weiter vertieft und auf Machbarkeit geprüft, letztlich ließ die Stadt die Bürgerbeteiligung im Sande verlaufen. Das müssen sich gleich drei Stadtbürgermeister (Schwartz, May, Bongartz) und ihre Räte vorwerfen lassen. Wenn den Verantwortlichen des Brunnens nun bald die Geduld mit der Stadt auszugehen scheint - und danach sieht es aus - wird das Faco-Konzept realisiert werden. Dann kann die Stadt nur noch dafür kämpfen, eine Teilfläche auf dem Brunnen areal für eigene beziehungsweise von den Bürgern favorisierte Projekte zu reservieren. Das ist zwar nur Kosmetik, aber besser als gar nichts. m.huebner@volksfreund.deExtra

Hierauf legen die Gerolsteiner besonders großen Wert (aufgelistet nach Priorität): Maßnahmen: Abriss Kaiserhof, Schaffung eines Eingangs zur Innenstadt. Bessere Besucherlenkung in die Innenstadt. Konversion Brunnengelände. Abriss von Häusern in der Hauptstraße und Schaffung von Stadtbalkonen. Umbau von Bahnhof samt Umfeld. Ziele: Aktivierung ungenutzter Flächen, allen voran des Brunnengeländes. Umbau der Kyll zum Naherholungsgebiet. Stärkung der Innenstadt durch neue Ansiedlungen und neue Zugänge. mh

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