Mut zur Lücke

Gerolstein/Prüm · Nägel mit Köpfen: Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Gerolstein lässt dieses Jahr die marode Eisenbahnbrücke über die B 410 kurz vor Lissingen abreißen und den unübersichtlichen Einmündungsbereich der L 24 nach Müllenborn neu gestalten. Eine neue Brücke, über die die stillgelegte Bahnstrecke Gerolstein-Prüm führt, soll erst gebaut werden, wenn ein Eisenbahnunternehmen die Wertsteigerung bezahlt.

 Die Bahnbrücke der Strecke Gerolstein-Prüm über die Bundesstraße 410 an der Abfahrt nach Müllenborn ist sanierungsbedürftig. Wie sehr, soll noch ein Tüv-Gutachten ergeben. TV-Fotos(2): Mario Hübner

Die Bahnbrücke der Strecke Gerolstein-Prüm über die Bundesstraße 410 an der Abfahrt nach Müllenborn ist sanierungsbedürftig. Wie sehr, soll noch ein Tüv-Gutachten ergeben. TV-Fotos(2): Mario Hübner

Foto: Mario Hübner (mh) ("TV-Upload H?bner"

Gerolstein/Prüm. Bereits seit fast einem Vierteljahrhundert gibt es laut Harald Enders, Leiter des Landesbetriebs Mobilität (LBM) in Gerolstein, eine Planung, die marode Eisenbahnbrücke über die B 410 kurz vor Lissingen abreißen und den unübersichtlichen und gefährlichen Einmündungsbereich der L 24 nach Müllenborn neu gestalten zu lassen. Und mit dem seit 1994 gültigen Planfeststellungsbeschluss "auch für alle Zeit das Recht, dieses Problem zu lösen", sagt Enders. Und das hat der LBM für dieses Jahr nun auch endlich vor. Dazu meint Enders: "Wir wollen diesen Unfallhäufungspunkt nicht mehr so lassen, wie er ist."
Drei Problempunkte sollen damit beseitigt werden: Erstens soll der Einmündungsbereich übersichtlicher gestaltet, zweiten soll eine Linksabbiegespur nach Müllenborn geschaffen und drittens der Rad- und Fußweg entlang der Bundesstraße im Bereich der Brücke verbreitert werden. Die Gesamtkosten werden auf gut 1,8 Millionen Euro geschätzt.
Die Kosten für Abriss und Neubau der Brücke alleine beziffert Enders auf rund 600 000 Euro. Zu dem Neubau wird es seiner Aussage nach aber erst kommen, wenn das Eisenbahnunternehmen, das die Bahnstrecke Gerolstein-Prüm nutzen will, vorab die Wertsteigerung bezahlt. Die liegt laut LBM bei 140 000 Euro.
Während die Bahnstrecke seit 2005 der Stadt Gerolstein und der Verbandsgemeinde Prüm gehören, hat die Rhein-Sieg-Eisenbahn (RSE) seit März 2014 eine zehnjährige Betriebsgenehmigung für die Strecke. Züge fahren dort aber nicht. Zum einen bedarf es dafür weiterer Genehmigungen, zum anderen müsste die Strecke umfangreich saniert werden. Und es müsste eine Einigung über die Pacht erzielt werden. (siehe Extra)
Laut Gerolsteins Stadtbürgermeister Friedhelm Bongartz (CDU) haben sich dieVerantwortlichen der RSE bislang noch immer nicht dazu geäußert, ob sie die Strecke sanieren und danach nutzen wollen. Bongartz: "Es herrscht Stillschweigen."
Auch gegenüber dem TV hat sich Lothar Wenzel, Geschäftsführer der RSE, erneut nicht zur aktuellen Entwicklung geäußert. Die Fragen des TV (Ist die RSE willens und finanziell in der Lage, die Strecke Gerolstein-Prüm zu sanieren? Ist die RSE aktuell bereit, ihre Pläne zur Reaktivierung der Bahnstrecke Gerolstein-Prüm aufzugeben?) bleiben, wie schon bei einer Anfrage im Herbst 2016, unbeantwortet.
Beantwortet ist hingegen die Frage, ob die angrenzende Brücke über die Kyll, die noch deutlich älter, ebenfalls marode und im Eigentum der Stadt ist, ebenfalls abgerissen wird: Nein! Zwar hatte die Stadt Gerolstein damit geliebäugelt, da sie sich durch einen gemeinsamen Abriss eine Kostenersparnis erhofft hatte. Doch dagegen gibt es rechtliche Bedenken.
Denn anders als bei dem Bauwerk über die B 410 gibt es eben keinen Planfeststellungsbeschluss, auch diese Brücke abreißen zu dürfen. Gerolsteins Verwaltungschef Matthias Pauly (CDU) fasste dies so zusammen: "Wir können an diese Brücke nicht rangehen. Das rechtliche Moment verhindert ein wirtschaftliches Vorgehen." Die Kosten für eine Sanierung dieser Brücke betragen einschließlich Planung rund 500 000 Euro. Dieses Geld will die Stadt aber vorerst nicht ausgeben.
Vielmehr setzt sie darauf, dass die RSE von ihrem Vorhaben absieht, wieder einen Bahnbetrieb auf die Strecke Gerolstein-Prüm zu bringen, die Bahnstrecke entwidmet wird und damit der Weg für einen Radweg frei würde. Den wollen die Eigentümerkommunen - Stadt Gerolstein und Verbandsgemeinde Prüm - seit Jahren. Auch der LBM steht hinter dieser Planung.
So sagt Harald Enders: "Sobald die Bahnstrecke Gerolstein-Prüm entwidmet ist, kaufe ich ihnen diese Strecke ab, um dort einen Radweg zu bauen. Wir machen uns auch bereits Gedanken über die Finanzierung, an der sich Bund und Land stark beteiligen würden."Extra

Mut zur Lücke
Foto: (e_gero )

Die Stadt Gerolstein und die Verbandsgemeinde Prüm hatten die Bahnstrecke Gerolstein-Prüm 2005 für 430 000 Euro von der Bahn AG gekauft, da sie dort einen Radweg bauen wollen. Entwidmet wurde sie aber nicht. Die Rhein-Sieg-Eisenbahn und die sie unterstützende Interessengemeinschaft Westeifelbahn hatten den beiden Kommunen angeboten, die Strecke für den symbolischen Betrag von einem Euro zu pachten und sie für rund 320 000 Euro instand zu setzen, um vor allem einen touristischen Betrieb zu ermöglichen. Das lehnen die Eigentümerkommunen ab und lassen die RSE nicht auf die Strecke. Seit März 2014 hat die RSE eine Betriebsgenehmigung - bis März 2024. Züge fahren lassen kann sie dort aber vorerst nicht: Zunächst bedarf es dafür weiterer Genehmigungen, für die die Streckensanierung erforderlich ist. Und die Eigentümerkommunen müssen sie auf die Strecke lassen, was wegen erfolgloser Pachtverhandlungen bislang nicht der Fall ist.0mh/now

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort