Naturpark nur unter Vorbehalt

Lange Reden, großes Interesse: Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Hillesheim hat auf Antrag von SPD und FWG seine Forderungen gegenüber dem Land in Sachen Naturpark Vulkaneifel erneuert. Demnach wird der Naturpark nur dann befürwortet, wenn weder die Land- noch die Forstwirtschaft sowie die Steinbruch-Industrie davon eingeschränkt werden.

 Wenn die Forstwirtschaft und der Lavaabau – wie hier in Dockweiler – nicht eingeschränkt werden, ist die Verbandsgemeinde (VG) Hillesheim mit einem Naturpark Vulkaneifel einverstanden . Foto: Gabi Vogelsberg

Wenn die Forstwirtschaft und der Lavaabau – wie hier in Dockweiler – nicht eingeschränkt werden, ist die Verbandsgemeinde (VG) Hillesheim mit einem Naturpark Vulkaneifel einverstanden . Foto: Gabi Vogelsberg

Oberehe-Stroheich. Volles Haus zur Premiere: Bei der ersten Sitzung des VG-Rats Hillesheim im neu renovierten Gemeindehaus in Stroheich reichten die Sitzplätze nicht aus. Das lag aber nicht daran, dass Ortsbürgermeister Ferdinand Bauer die Gäste anlässlich der Premierensitzung im neuen Schmuckstück von Stroheich zu Freibier eingeladen hatte. Vielmehr war es der von SPD und FWG auf die Tagesordnung gebrachte Antrag zum Naturpark Vulkaneifel, der rund drei Dutzend Beschäftigte der Baustoffindustrie in Üxheim - darunter auch Firmeninhaberin Gisela Carnessali - angelockt hatte. Sie bangen um die Existenz der Firmen und so letztlich um ihre Arbeitsplätze. Denn bei Ausweisung eines Naturparks fürchten vor allem die Abbaubetriebe deutliche Einschränkungen.

Nach mehr als zweieinhalbstündiger Diskussion und mehreren Sitzungsunterbrechungen blieb aber letztlich nicht mehr viel übrig vom Antrag. So ließen SPD und FWG vom ursprünglich verfolgten Vorhaben ab, der Landesregierung primär zu signalisieren, dass der neue Hillesheimer Rat (mit neuen Mehrheitsverhältnissen) auf jeden Fall für den Naturpark ist.

So hieß es zunächst in der Vorlage: "Entgegen der am 10.12. 2007 beschlossenen Einstellung vertritt der neue Rat der Verbandsgemeinde nicht mehr die Auffassung, im Zweifelsfall das Gebiet der Verbandsgemeinde Hillesheim aus der Verordnung eines Naturparks Vulkaneifel herauszulassen." Mit dem "Zweifelsfall" war gemeint, dass die Forderungen aus Hillesheim bei der Naturparkverordnung nicht berücksichtigt werden.

Weil das aber noch nicht klar ist, da die Verordnung noch überarbeitet wird, beantragte Bürgermeisterin Heike Bohn eine Vertagung der Angelegenheit "bis wir konkret wissen, womit wir es zu tun haben". Sie geht davon aus, dass das noch vor Weihnachten der Fall sein wird. Ihr Antrag wurde aber abgewiesen.

So sagte FWG-Fraktionssprecher Johannes Pinn: "Gerade das wollen wir nicht: abwarten und das Heft des Handelns aus der Hand geben." Er sagte aber auch unmissverständlich: "Wir sind für den Naturpark, da er gerade im touristischen Bereich viele Chancen eröffnet und unserer Ansicht nach trotzdem bei den Abbaubetrieben keine Arbeitsplätze gefährdet. Es geht um einen Ausgleich."

Die CDU sah zwar "grundsätzlich keine Notwendigkeit, neu zu beschließen, da unsere Fragen nach wie vor nicht beantwortet sind", so Fraktionssprecher Bernhard Jüngling.

Da das Thema aber wieder auf der Tagesordnung war, nutzte sie die Gelegenheit, die vom VG-Rat im Dezember 2007 beschlossenen Forderungen zu wiederholen: Sicherheit der Abbaubetriebe, keine Einschränkung für Forst- und Landwirtschaft (Stichwort Biomasseanbau), keine Einschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten der Gewerbegebiete und der Ortsgemeinden sowie für den A 1-Weiterbau.

Nach etlichen Redebeiträgen, in denen mitunter auch ein aggressiver Ton angeschlagen wurde (SPD-Fraktionssprecher Fritz Thiel an die Adresse der CDU: "Ich bin erstaunt über die Betonköpfigkeit, Ignoranz und Engstirnigkeit gegenüber allem Neuen"), einigte sich der Rat letztlich doch noch einstimmig auf das weitere Vorgehen: So sollen umgehend die Hillesheimer Forderungen gegenüber der Landesregierung in Sachen Naturpark erneuert und per Schreiben nach Mainz geschickt werden. Zudem soll das Thema im nächsten Bauausschuss nochmals aufgearbeitet und alle Ortsgemeinderäte auf den aktuellen Sachstand gebracht werden. Vor einer nochmaligen Behandlung im VG-Rat soll zudem eine öffentliche Veranstaltung zum Thema mit den betroffenen Branchen Forst- und Landwirtschaft, Abbaubetrieben und Tourismus veranstaltet werden.

Meinung

Zweifelhafte Machtdemonstration

Der aktuelle Vorstoß in Sachen Naturpark verlief nach dem Motto "Der Berg kreißte und gebar eine Maus." Denn herausgekommen ist nur: Das Land soll noch einmal an die Hillesheimer Forderungen erinnert werden. Dafür wurde stundenlang debattiert, gestritten, sich gegenseitig an- und im Ton vergriffen. Auf den ersten Blick sind es nur Nuancen, die den Unterschied ausmachen. Doch es geht ums Grundsätzliche: Während FWG und SPD den Naturpark wollen und die Forderungen gerne umgesetzt wüssten, machen CDU und Bürgermeisterin Bohn die uneingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten für die Abbaubetriebe, die Ortsgemeinden sowie die Forst- und Landwirtschaft zur Bedingung. Ob das realistisch ist, wird sich zeigen, schließlich ist es Sinn eines Naturparks, Natur zu schützen und zu erhalten. Da wird es auf beiden Seiten Zugeständnisse geben müssen. Letztlich handelte es sich bei dem Vorstoß nur um eine Demonstration der Machtverhältnisse im neuen VG-Rat, wo FWG und SPD mit 13 von 24 Sitzen erstmals die Oberhand haben. Die Verantwortung, dem Land in Sachen Naturpark einen Blankoscheck auszustellen und womöglich als Arbeitsplatzvernichter in der Heimat gebrandmarkt zu werden, aber wollten Pinn & Co dann doch nicht übernehmen. m.huebner@volksfreund.deExtra Mitarbeiter der Baustoffindustrie in Üxheim zum Naturpark: Rudolf Feyen, der bei Wotan-Zement beschäftigt ist, vertritt die vorherrschende Meinung unter den rund 100 Beschäftigten. Er sagte: "Aktuell werden wir wegen der bestehenden Abbaurechte wohl nicht betroffen sein. Ich befürchte aber, dass es mit künftigen Erweiterungen schwieriger wird, und dann geht es um Existenzen." Rolf Nitschke: "Ich habe ebenfalls Bedenken, dass künftig Abbaurechte eingeschränkt werden und dann Arbeitsplätze betroffen sein könnten. Ich sehe aber auch, dass wir etwas für unsere Natur tun müssen - wenngleich ich damit nicht die Mehrheitsmeinung unter den Kollegen vertrete." Firmenchefin Gisela Carnessali, selbst langjährige Beigeordnete der Verbandsgemeinde, meinte: "Wenn ich bedenke, dass wir für die Genehmigung unserer jüngsten Erweiterung um gerade einmal acht Hektar bereits sieben Jahre benötigt haben, befürchte ich, dass das künftig noch viel schwieriger wird. Und dass, wo wir gerade 16 Millionen Euro in eine neue Zementmühlanlage investiert haben." (mh)

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