Kommunalwahlen Bunt wie ein Geburtstagskuchen

Gerolstein/Hillesheim/Jünkerath · Egal, wer Bürgermeister wird: Der künftige Chef der neuen Verbandsgemeinde Gerolstein kriegt es mit einem farbenfrohen Rat zu tun. Alle sieben Parteien und Listen schicken Vertreter ins große Gremium mit 40 Sitzen.

 Der Verbandsgemeinderat der neuen VG Gerolstein ist gewählt, die Entscheidung in der Bürgermeisterfrage fällt in der Stichwahl am 4. November.

Der Verbandsgemeinderat der neuen VG Gerolstein ist gewählt, die Entscheidung in der Bürgermeisterfrage fällt in der Stichwahl am 4. November.

Foto: TV/Mario Hübner

Es hat dann doch ein bisschen länger gedauert: Am Montagmorgen fehlten auf der Internetseite mit den Wahlergebnissen noch zwei große Orte bei der Auszählung für den Rat der fusionierten Verbandsgemeinde (VG) Gerolstein: Hillesheim und Stadtkyll. Die hatten zwar ihre Resultate gegen Mitternacht im Rathaus Gerolstein abgeliefert, aber nach all der Zählerei war dort dann irgendwann auch mal – verständlich – Feierabend. Gegen 10 Uhr war aber dann alles eingestellt.

Das Gesamtergebnis: Es wird ein ziemlich bunter Rat. Stärkste Fraktion mit 35,94 Prozent und 14 von 40 Sitzen ist die CDU, sehr gut auch das Abschneiden der Freien Wähler mit 21,61 Prozent und neun Mandatsträgern. Auf Rang drei: Die SPD mit 16,83 Prozent und sieben Sitzen, dahinter Bündnis 90/Die Grünen mit 13,31 Prozent und fünf Vertretern.

Einstellig bleiben FDP (6,3 Prozent, drei Sitze), Sturm im Wald (3,56) und die Liste Bürgerwille (2,49 Prozent). Dennoch schicken auch die letzten beiden einen Vertreter in den Rat, weil die Fünf-Prozent-Hürde hier nicht gilt: Für Sturm im Wald zieht Martin Kleppe ein, für die Liste Bürgerwille Hans-Jürgen Breuer.

Von 25 813 wahlberechtigten Bürgern haben 12 351 votiert – weniger als die Hälfte, 47,85 Prozent. Alles in allem gaben sie dabei 405 080 Stimmen ab.

Die Sitzverteilung nach Regionen: Von den 40 Fraktionären kommen 16 aus der ehemaligen VG Gerolstein, 14 aus dem Hillesheimer Land und zehn von der Oberen Kyll, davon als stärkste Gruppe fünf in der CDU-Fraktion.

... und nach Geschlechtern: Alles andere als ausgewogen – nur neun Frauen ziehen in den Rat ein. Die beste Quote hat die FDP: Zwei Frauen. Und Marco Weber.

Die Reaktion der Bürgermeisterkandidaten: „Mit dem Ergebnis kann ich als Bürgermeister sehr gut arbeiten“, sagt Gerald Schmitz (CDU), der am Sonntag, 4. Noveber, mit dem unabhängigen Hans Peter Böffgen in die Stichwahl geht. Weil seine Partei stärkste Fraktion sei – und weil darin ein ausgewogenes Verhältnis aus den ehemaligen drei Verbandsgemeinden herrsche. Und „wenn ich mein Wahlergebnis im Bereich Hillesheim sehe (Schmitz lag dort mit 51,7 Prozent klar vorn, Anm.), würde ich da schon eine Nähe zu meinen Themen sehen. Und auch meine Person damit verknüpfen“, sagt der Neu-Hillesheimer.

Allerdings hofft er, dass bei der Stichwahl mehr Bürger mitmachen als die knapp 50 Prozent am Sontag. Denn es gehe darum, ob sich die Wähler „für die Zukunft entscheiden oder für ein ,Weiter so’“. Weil Böffgen – Chef der Tourist-Information – ja für die bisherige VG-Verwaltung in Gerolstein stehe. Und immerhin fast 60 Prozent hätten sich „für Kandidaten von außerhalb der Verwaltung“ entschieden.

Hans Peter Böffgen, mit mehr als 42 Prozent Erstplatzierter am Sonntag, gratuliert zunächst allen, die es in den Rat geschafft haben – und freut sich, dass sämtliche sieben Listen dabei seien. Und darüber, „dass alle drei Regionen im neuen Rat fast gleich stark vertreten sind.“ Die Zeit bis zur Stichwahl will er „genauso mutig und engagiert als CDU-Herausforderer angehen wie den bisherigen Wahlkampf“. Vom 1. Januar an gelte es, „eine konstruktive Sacharbeit für eine positive Entwicklung unserer neuen VG gemeinsam auf den Weg zu bringen. Dafür bin ich als unabhängiger Bürgermeister aus meiner Sicht besonders geeignet.“ Er stehe nicht für eine Partei, könne im VG-Rat Brücken bauen und zwischen unterschiedlichen Standpunkten „ausschließlich sachorientiert vermitteln“, sagt Böffgen. Und mit dem besten Ergebnis aus dem ersten Wahlgang und „meiner Verwaltungs- und kommunalpolitischen Erfahrung“ sehe er sich „sehr gut gerüstet für diesen Neuanfang im Rat der neuen VG“.

Gewinner und Verlierer: Auch wenn man es normalerweise nicht gut vergleichen kann, da meist ganz andere Beweggründe und Themen eine Rolle spielen: Bei dieser Wahl des VG-Rats Gerolstein setzt sich der Trend der vergangenen Bundestags- und einiger Landtagswahlen fort, dass die (ehemals) großen Volksparteien zum Teil massive Einbußen erzielen, während die kleineren Gruppen deutlich zulegen. Klare Wahlgewinner sind die Grünen: Sie erzielen mit 13,31 Prozent eines ihrer stärksten Ergebnisse auf kommunaler Ebene in der Vulkaneifel überhaupt und ziehen mit fünf Vertretern in den neuen Rat ein. Bislang waren sie nur im Gerolsteiner VG-Rat vertreten, mit drei Mitgliedern. Ebenfalls gewonnen hat die FDP, die mit drei Leuten in den VG-Rat einzieht und damit gar Fraktionsstatus bekommt. Bislang spielten die Freien Demokraten im Hillesheimer Land und an der Oberen Kyll gar keine Rolle, in Gerolstein hatten sie lediglich einen Einzelkämpfer mit an Bord.

Das Ergebnis der FWG (21,61 Prozent, 9 Sitze) ist ebenfalls als Erfolg zu verbuchen. Zwar verlieren die Freien Wähler im Hillesheimer Land (minus 7,8 Prozent) und an der Oberen Kyll (minus 8,6 Prozent), legen dafür aber in der bisherigen VG Gerolstein um gut 8 Prozent zu. Sie stellen mit neun Mitgliedern die zweitstärkste Fraktion im neuen VG-Rat und werden daher künftig maßgeblich an allen Entscheidungen beteiligt sein.

Die SPD (16,83 Prozent, sieben Sitze) schmiert zwar nicht wie im Bund oder in Bayern massiv ab, verliert aber weiter an Boden: Zwar legt sie im Hillesheimer Land von niedrigem Niveau aus um fast drei Prozent zu, verliert an der Oberen Kyll dafür aber rund vier und im Gerolsteiner Land satte zehn Prozent. Sie muss sich mit der Rolle der drittstärksten Kraft begnügen.

Die beiden Wählergruppen sind mit jeweils einem Abgeordneten vertreten und spielen daher kaum mehr eine Rolle. Besonders für Sturm im Wald, im Hillesheimer Rat noch zu viert, eine Schlappe.

Das Rätsel der fehlenden Liste „3“: Hatten die sich verzählt? Im Kopf des Wahlzettels folgte nach Vorschlag „1“ (SPD) an zweiter Stelle die CDU und an dritter – niemand: Es ging mit der FDP und Nummer 4 weiter. Grund ist der Landtag, wie Arno Fasen, Beauftragter an der Oberen Kyll, aufklärt: Bei Kommunalwahlen werden die Vorschläge auf den Stimmzetteln nach den im Parlament vertretenen Parteien durchnummeriert. Und da wäre an dritter Stelle die AfD gewesen – die aber bei der VG-Wahl nicht antrat. Alles korrekt also.

 Huch, da fehlt doch was? Stimmzettel an der Oberen Kyll: Liste drei ist nicht dabei.

Huch, da fehlt doch was? Stimmzettel an der Oberen Kyll: Liste drei ist nicht dabei.

Foto: Fritz-Peter Linden
 Die Hauptaufgabe für die neue VG: Wahlplakat von Bündnis 90/Die Grünen.

Die Hauptaufgabe für die neue VG: Wahlplakat von Bündnis 90/Die Grünen.

Foto: Fritz-Peter Linden
 Darauf können sich wohl alle einigen: Motto von "Sturm im Wald".

Darauf können sich wohl alle einigen: Motto von "Sturm im Wald".

Foto: Fritz-Peter Linden
 Der Verbandsgemeinderat der neuen VG Gerolstein ist gewählt, die Entscheidung in der Bürgermeisterfrage fällt in der Stichwahl am 4. November.

Der Verbandsgemeinderat der neuen VG Gerolstein ist gewählt, die Entscheidung in der Bürgermeisterfrage fällt in der Stichwahl am 4. November.

Foto: TV/Mario Hübner
 Einer von ihnen wird dem Rat vorsitzen: Gerald Schmitz (oben) und Hans Peter Böffgen.

Einer von ihnen wird dem Rat vorsitzen: Gerald Schmitz (oben) und Hans Peter Böffgen.

Foto: Fritz-Peter Linden

Ausreißer: Wie bei jeder Wahl gibt es auch diesmal kuriose Ergebnisse. Hier ein paar besondere Hingucker: Kalenborn-Scheuern ist (ob es an der Windkraft liegt?)  grün, in Wiesbaum und Nohn hingegen bläst Windkraft-Befürwortern starker Gegenwind ins Gesicht, die CDU sollte überlegen, ihre Kreisgeschäftsstelle nach Heyroth zu verlegen, und Hans-Josef Breuer hat Hallschlag fest im Griff. Und es gibt weitere interessante Beobachtungen zur Wahl. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass die SPD gleich zweimal unter 5 Prozent fällt (in Nohn und Heyroth), die CDU lediglich in fünf Gemeinden die absolute Mehrheit erzielt und eben nur noch in Heyroth (68,12 Prozent) an die Standardergebnisse von früher erinnert wird? Oder dass die FWG gleich in sieben Orten stärkste Kraft wird – darunter in der Stadt Hillesheim und der langjährigen SPD-Hochburg Neroth; und die vielerorts unbedeutende Wählergruppe Sturm im Wald in Wiesbaum und Nohn über 20 Prozent erzielt und in zwei weiteren Gemeinden ein zweistelliges Ergebnis einfährt?

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